Seit den 1950er Jahren war das ehemalige Luitpold-Theater ein Kino, zuvor befanden sich dort auch Stall und Eiskeller der früheren Brauerei Kühn. Ab der Jahrtausendwende nutzte das Moderne Theater Tirschenreuth (MTT) das markante Gebäude an der Kreuzung Dammstraße, Regensburger Straße und Luitpoldplatz als Spielstätte. Seit 2010 steht das Anwesen jedoch leer. Ende 2019 kaufte es die Stadt mit dem Ziel, es in eine multifunktionale Kultur- und Veranstaltungsstätte umzubauen. Auch eine Schaubrauerei soll es geben. Den Zuschlag erhielt das Architekturbüro Brückner & Brückner, das MTT und die "Braujuwaren" wollen sich an der künftigen Nutzung beteiligen.
Dafür wollen die "Braujuwaren" eine Genossenschaft gründen, teilte Martin Hager Bürgermeister Franz Stahl in einem Gespräch am Montag, 18. November, mit. Aktuell seien fast 100 Interessierte bereit, Anteile zu je 1000 Euro zu erwerben. So könnte der Verein 100.000 Euro zu den vorgesehenen Baukosten von 7,4 Millionen Euro beisteuern. Weiter soll die künftige Brauerei jährlich circa 24.000 Euro Überschuss erwirtschaften, die Hälfte davon soll die Stadt als Umsatzpacht erhalten. In Vorgesprächen habe das MTT angeboten, einmalig 150.000 Euro sowie monatlich 200 Euro als Nutzungs- und Betriebskostenpauschale zu zahlen.
Baubeginn verschoben
Die Maßnahme war schon mehrmals Thema im Stadtrat. Zuletzt im August, wo der eigentlich noch für heuer vorgesehene Baubeginn verschoben worden war. Am Donnerstag, 28. November, musste sich das Gremium erneut damit beschäftigen. Das Stadtbauamt geht davon aus, dass Förderung für städtebauliche Vorhaben stagniere oder rückläufig sein werde. Den Umbau des Luitpold-Theaters zu verschieben, würde den Eigenanteil der Kommune an dem Projekt erhöhen, die Umsetzung unmöglich machen und das Gebäude so dem Verfall preisgeben.
Auch Bierkultur zeigen
Drei Varianten standen zur Abstimmung: Der Umbau als Theater mit Multifunktionsraum und Schaubrauerei für 7,4 Millionen Euro, ohne Brauerei für 6,5 Millionen Euro oder eine Zurückstellung. Letzteres kam für das Gremium nicht infrage, da das Gebäude dann nur notdürftig instand gehalten werde und eine Nutzung damit ausgeschlossen wäre. Das Projekt würde dann "die nächsten 100 Jahre nicht mehr umgesetzt werden", sagte der Bürgermeister. Stattdessen solle es ein Haus der Kultur werden, in dem neben Theater oder anderen Veranstaltungen auch die Tirschenreuther Braukunst und Bierkultur gezeigt werden könne - einschließlich deren "Geschichte und Leidenschaft, die drinsteckt". Für Stahl wäre das Luitpold-Theater dann neben Fischhofpark, Museums-Quartier oder Kletterzentrum "das berühmte Tüpfelchen auf dem i" für den östlichen Teil der Stadt, der in den vergangenen 20 Jahren "eine unglaubliche Qualität bekommen hat".
"Wird das Projekt nicht realisiert, wird dort für lange Zeit eine Brache sein", meinte FW-Fraktionssprecher Manfred Zandt. "Wir leisten uns hier etwas für die Stadtentwicklung." Um für Variante 1 (mit Schaubrauerei) stimmen zu können, bräuchte er ein "verbindliches Zeitfenster" wegen der Finanzierung, sagte er in Richtung Hager, der wie Vertreter des MTT unter den Zuhörern war. Die "Braujuwaren" könnten jedoch erst dann eine Genossenschaft gründen, wenn der entsprechende Beschluss des Stadtrats vorliege. "Das eine bedingt das andere", betonte Hager
1000 Liter Bier im Monat
1000 Liter Bier könnten pro Monat gebraut werden, sagte er auf Anfrage von Mario Franz (Freie Wähler). "Wir müssen auf Vorrat brauen", auch außerhalb von Theateraufführungen. Den Anteilseignern würden die Genussrechte in Form von Bier vergütet, der Rest soll vermarktet und verkauft werden, um Gewinn abzuwerfen.
Harald Siegert (CSU) bezeichnete es als großen Fehler, dass einst das Kommunbrauhaus abgerissen worden war. "Bier gehört zu Tirschenreuth wie der Fisch." Sein Fraktionskollege Alfred Scheidler zog den Vergleich zu einem kleinen ehemaligen Kino in Bärnau, das von privater Seite für eine ähnliche Nutzung revitalisiert worden sei. "Wenn ein Privater das schafft, dann schafft Tirschenreuth das erst recht." Vinzenz Rahn (ebenfalls CSU) verwies auf die 30 Jahre alte Tradition Tirschenreuths als Theaterstadt, die als solche weit über die Grenzen hinaus bekannt sei. Er forderte, Variante 1 so bald wie möglich umzusetzen. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", ergänzte CSU-Stadträtin Angelika Brunner.
"Eigentlich unablehnbar"
Gunar Prauschke, Sprecher der Fraktionsgemeinschaft Bündnis 90/Die Grünen und SPD, sprach von einer schwierigen Entscheidung. "Kultur wird nie auskömmlich zu finanzieren sein", gab er zu bedenken. Doch die Planung von Brückner & Brückner sei "eigentlich unablehnbar". Prauschke forderte außerdem, "sehr transparent nach außen zu tragen, was wir mit dem Projekt erreichen wollen". Nicht dass es heiße: "Dafür ist Geld da und für etwas anderes nicht."
Nach einer rund zweistündigen Debatte stimmt der Stadtrat am Ende geschlossen für Variante 1: Das Luitpold-Theater wird wie geplant umgesetzt, das heißt Theater mit Multifunktionsraum und Schaubrauerei "auf Basis der in der Beschlussvorlage aufgezeigten Finanzierung", wie Stahl noch hervorhob. Bis 15. Januar haben die "Braujuwaren" Zeit, die Genossenschaft zu gründen, danach könnten alle erforderlichen Schritte für den Baubeginn eingeleitet werden. Der Bürgermeister informierte abschließend noch, dass sich die Kreiskämmerei "einen niedrigen sechsstelligen Betrag als Zuschuss vorstellen" könne. Dies sei aktuell aber noch nicht im Finanzierungsplan eingerechnet.
Das kostet der Umbau des Luitpold-Theaters
- Baukosten: 7,4 Millionen Euro für Theater mit Multifunktionsraum und Schaubrauerei
- Finanzierung: circa 3,4 Millionen Euro Städtebauförderung, 200.000 Euro Leader-Förderung für bewegliches Mobiliar und Akustikanlage, 170.000 Euro Leader-Förderung für Brauanlage (beantragt), 100.000 Euro Genossenschaftsanteile "Braujuwaren", 150.000 Euro Zuzahlung Modernes Theater Tirschenreuth
- Eigenanteil der Stadt: zwischen 3,38 und 3,55 Millionen Euro (je nach Leader-Förderung für Brauanlage)
- Weitere Kosten: Stadtkämmerei rechnet im laufenden Betrieb mit einem jährlichen Defizit von 150.000 bis 250.000 Euro
Quelle: Kämmerei Stadt Tirschenreuth







