Die Suche nach einer geeigneten Trasse für die Höchstspannungs-Gleichstrom-Leitung (HGÜ-Leitung) setzt die Region unter Strom. Kaum eine Stelle, an der die von Tennet angestrebte Linie nicht aneckt. Anregungen der Bürger und aus den politischen Gremien, die sich im Zuge des Planungsverfahrens mit einbringen, haben bislang nur zu minimalen Korrekturen geführt. Und sind erneut ein Stein des Anstoßes. Doch nicht nur das stört den Tirschenreuther Bürgermeister Franz Stahl an der Vorgehensweise von Tennet oder der Bundesnetzagentur als Fachbehörde.
Aktuell sind in den Planungsunterlagen eine Reihe von Alternativen für die Trasse der HGÜ-Leitung aufgetaucht, nicht unbedingt zur Freude der Betroffenen. Bei Brand kritisieren Vertreter der örtlichen Bürgertinitiative, dass der ein Kilometer breite Korridor auch bei den neuen Varianten durch sehr sensible Gebiete führen würde. Der ökologischen Schaden bei der Zerschneidung von Waldgebieten wird als immens eingestuft.
Durch Naturschutzfläche
Wenig Begeisterung hat der Trassenverlauf auch im Bereich der Kreisstadt bislang hervorgerufen. So soll rund um den Ort die Leitung im Nordosten nahe an Kleinklenau vorbeiführen und dann nach Süden zwischen Lohnsitz und Kleinkonreuth einschwenken. Zwei neue Alternativ-Strecken (im Plan als gestrichelte gelbe Linien) schwenken jetzt nach Westen und noch näher an Kleinklenau heran sowie zur Waldnaab hinüber. Franz Stahl kann sich mit diesen neuen Teilstücken nicht anfreunden. Er verweist auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien auf die ablehnende Haltung der Stadt. Schon im Januar hatte der Stadtrat erneut die ablehnende Haltung bekräftigt. Schon seit März 2017 waren immer wieder schriftliche Einwendungen vorgebracht worden. In vier Schreiben, so bestätigt der Bürgermeister, wurde kritisiert, dass die geplante Trasse das Reservat der Trinkwassergewinnung der Stadt berühre, ebenso Bereich mit Bodenschätzen. Auch würde sich die Linie auf die Entwicklung der Wohnbebauung auswirken. Zudem kollidiere die Leitung mit den Plänen für die Ortsumgehung. Und schließlich würden auch eine sehr bedeutsame Naturschutzfläche an der Waldnaab durchschnitten.
Der aktuelle Plan findet sich im Internet:
Kritik an Zusammenarbeit
Mit den beiden neuen Stücken im Trassenkorridor würde sich an dieser Kritik nichts ändern, bestätigt Bürgermeister Franz Stahl mit den Blick in das neue Kartenmaterial, das lediglich online bereitgestellt wird. Und an dieser Stelle findet Stahl ein weiteres mal sehr deutliche Worte über das Zusammenspiel von Tennet/Bundesnetzagentur und den betroffenen Kommunen. „Wir haben auf unsere Schreiben nie eine Reaktion erhalten“, ärgert sich Stahl. Ja, nicht einmal der Eingang sei bestätigt worden. Von den neuen Änderung, die durch die Bundesnetzagentur erfolgt sind, sei er komplett überrascht. „Die haben sich zu keinen Zeitpunt an uns gewendet“, kommentiert Stahl die Vorgänge, wenn auch hier weniger überrascht.
Wir haben auf unsere Schreiben nie eine Reaktion erhalten.
Dabei weiß der Bürgermeister, dass es bei den aktuellen Planungen um ein sehr kompliziertes Verfahren handeln würde. Durch Corona allerdings seien auch die Präsenzveranstaltungen entfallen und die digitale Information allein ist für Stahl eher unbefriedigend. „Tennet braucht sich ja nicht direkt mit den Leuten auseinandersetzen“, blickt Stahl auf die Diskussion. Dass die Planungen weitgehend ohne Beteiligung der Öffentlichkeit vorangetrieben worden sind, ist auch durch das Planungssicherstellungsgesetz ermöglicht worden.
Vor einem konkreten Schritt gegen die Planung braucht Stahl aber Geduld. Erst gegen eine Planfeststellung könnte die Stadt eine Klage einreichen. Und bis dahin werden noch Jahre vergehen.
Aktuelle Karte des Süd-Ost-Links
Vor rund acht Jahren sind erste Pläne für eine Stromtrasse von Sachsen-Anhalt nach Bayern aufgetaucht. Vor fünf Jahren hatte der Bundestag den Erdkabelvorrang gesetzlich festgelegt. Seitdem sorgt die Trassensuche für Diskussionen. Zielpunkt soll das Kraftwerk „Isar“ bei Landshut sein. Für den Bereich im Landkreis Tirschenreuth sind bei der Trasse jetzt kleine Veränderungen (Alternativen) vorgenommen worden. Aktuell würden alle Trassen (im Plan graue Linie) und Alternativen (im Plan gelb-gestrichelt) „gleichwertig untersucht“. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse mit einem noch genaueren und verträglicheren Trassenvorschlag soll voraussichtlich im kommenden Jahr erfolgen. Danach folgt die Öffentlichkeitsbeteiligung durch die Bundesnetzagentur, die dann auch im Planfeststellungsbeschluss die endgültige Trasse festlegt.
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