Tirschenreuth
25.07.2024 - 19:01 Uhr

Auch Telemedizin soll ärztliche Versorgung im Landkreis Tirschenreuth verbessern

Wie kann man die ärztliche Versorgung im Landkreis Tirschenreuth verbessern? Darüber machten sich am Mittwoch im Landratsamt rund 30 Ärzte, Kommunalpolitiker und andere beim "Gesundheitsgipfel" Gedanken.

Die medizinische Versorgung, das Krankenhauswesen und die Notfallversorgung gehören derzeit zu den am meisten diskutierten Themen im Landkreis Tirschenreuth. Seit man das Leistungsspektrum am Krankenhaus Tirschenreuth eingeschränkt hat, reißt die Diskussion nicht mehr ab. Von vielen Seiten kommen gut gemeinte Vorschläge. Politiker reagieren auf das Thema mittlerweile sehr gereizt.

Entsprechend große Erwartungen setzt der Landkreis in einen "Gesundheitsgipfel", den Landrat Roland Grillmeier am Mittwoch das erste Mal einberufen hat. Grillmeier selbst kündigte diese Runde als "Ideen-Fabrik" an, von der er sich konkrete und vor allem finanzierbare Vorschläge für eine Verbesserung der Versorgung im Landkreis Tirschenreuth erhofft.

Vor einem großen Bild, auf dem rund um das Wort "Ideen-Fabrik" Zahnräder, Ärzte, Versorgungsfahrzeuge, leuchtende Glühbirnen, ein Stetoskop und Worte wie "stationäre Versorgung", "ambulante Versorgung", "Pflegedienst" sowie "Haus- und Fachärzte" zu sehen und zu lesen waren, stimmte Landrat Roland Grillmeier die rund 30 Teilnehmer auf die Arbeit ein.

Vier Arbeitsbereiche

Eine der ersten entwickelten Ideen ist laut einer Pressemitteilung, dass man das Thema in vier Arbeitsbereiche untergliedern möchte. Außerdem will man weitere Fachleute aus dem Gesundheitswesen hinzuziehen. Für die Initiative Klinik Retten, die eine Teilnahme wegen der Ablehnung des angestrebten Bürgerentscheids verweigert hatte, sollen die Türen weiter offen stehen, betont die Kreisbehörde.

Die vier Arbeitskreise werden laut einer Mitteilung von Landratsamt-Pressesprecher Fabian Polster "Stationäre Versorgung und Notfallmedizin", "Haus-, fachärztliche und ambulante Versorgung", "Pflege" und "Gesundheitsdienstleistungen" sein. Zu diesen Unterpunkten seien bereits Ideen gesammelt und gewichtet worden, berichtet Polster. Besondere Aufmerksamkeit habe man dabei der Telemedizin gewidmet, die mit modernen Kommunikationsmitteln Diagnostik, Konsultation, Monitoring und medizinische Notfalldienste aus großer räumlicher Entfernung ermöglicht. Fachleute sehen darin für den ländlichen Raum viele Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel mit Online-Sprechstunden.

Auch die Digitalisierung sowie die Außen- und Innenkommunikation waren laut der Mitteilung wichtige Bereiche, wohl auch wegen der Erfahrungen der vergangenen Monate, in denen die Krankenhausthemen oft in nichtöffentlichen Sitzungen diskutiert worden waren, was vielen Bürgern nach Bekanntgabe der Beschlüsse sauer aufgestoßen war.

Möglichkeiten für eine effizientere Notfallversorgung waren laut Polster ebenfalls ein Thema. "Als positives Beispiel wurde dabei immer wieder die Veränderung in der Notfallambulanz am Krankenhaus Tirschenreuth genannt, die inzwischen wieder zu bestimmten Zeiten vom Rettungsdienst angefahren werden kann", berichtet der Pressesprecher. Dabei ging es auch ums Geld. Kreisentwickler Anton Kunz hat laut der Mitteilung mögliche Förderungen für den Gesundheitsbereich vorgestellt. Die wolle man auf Basis der erarbeiteten Themen nutzen, so Polster.

"Wichtiger Baustein"

Der Sprecher des Landratsamts bezeichnet die neu gegründete Arbeitsgruppe als "einen wichtigen Baustein zur Gesundheitsversorgung". Neben Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik seien bei der ersten Sitzung Hausärzte, Verantwortliche der Kliniken Nordoberpfalz (KNO), Rettungsdienstleiter, Vertreter des Roten Kreuzes und der Johanniter sowie weitere Experten dabei gewesen.

Der Nachmittag habe dabei mit drei kurzen Impulsvorträgen begonnen. Dr. Josef Kick, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, habe dabei erklärt, dass es nach wie vor keinerlei Schwierigkeiten in der Notfallrettung im Landkreis gebe. Dr. Sándor Mohácsi, Berater aus dem Bereich Healthcare, habe die Herausforderungen für die medizinische Versorgung auf dem Land zusammengefasst. Polster: "Derzeit fehlen in ganz Deutschland ca. 16.000 Ärzte, davon 83 Prozent im ländlichen Raum." Neben dem Fachkräftemangel in allen Bereichen habe man die zunehmende Ambulantisierung, Digitalisierung sowie die anstehende Krankenhausreform als weitere Herausforderungen ausgemacht.

Linda Wunderlich von der eigenen Kreisentwicklungsabteilung stellte laut Mitteilung das Projekt "Hausarztschmiede" vor. Sie habe von ersten Erfolgen für die hausärztliche Versorgung berichten können. Im zweiten Teil der Veranstaltung seien in vier Arbeitsgruppen Ideen für eine bessere Gesundheitsversorgung im Landkreis herausgearbeitet worden, die nun in den vier Schwerpunktbereichen angepackt werden sollen.

Landrat Grillmeier kündigte an, die Runde zu vergrößern. "Wir wollen uns natürlich noch breiter aufstellen und weitere Vertreterinnen und Vertreter aus allen medizinischen Bereichen dazuholen", wird Grillmeier zitiert.

Bei der ersten Besprechung fehlten übrigens nicht nur die Vertreter der Initiative Klinik Retten. Auch die eingeladenen Hebammen, Apotheker und Physiotherapeuten kamen nicht. "Sie konnten aus zeitlichen Gründen nicht teilnehmen", sagt Polster. Der Landrat habe betont, dass er "wirklich alle Akteure aus dem Gesundheitsbereich mitnehmen" wolle. Es gehe bei den Gesprächen dabei nicht nur um das Krankenhaus Tirschenreuth, sondern um Verbesserungen für die medizinische Versorgung im Landkreis. "Es kann kein ,Weiter so' geben", wird Grillmeier in der Pressemitteilung zitiert.

Um die Arbeit so produktiv wie möglich zu gestalten, würden am Landratsamt nun "entsprechende Strukturen" geschaffen, welche die Arbeitsgruppe organisieren und unterstützen sollten.

Die nächste Sitzung kündigt der Landrat für November an. Dann sollten die finalen Untergruppen festgelegt und auch erste Ziele, konkrete Verbesserungsmöglichkeiten und Arbeitsaufträge definiert werden. Unter der Telefonnummer 09631/88-400 und der E-Mail-Adresse gesundheit[at]tirschenreuth[dot]de können Bürger ab sofort Fragen stellen sowie Probleme und Sorgen zum Thema Gesundheit weitergeben.

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Hintergrund:

Telemedizin

  • Verbindet Arzt und Patien über eine größere Entfernung.
  • Von Telemedizin spricht man auch, wenn Ärzte miteinander kommunizieren, obwohl sie räumlich getrennt sind.
  • Wichtig für die Behandlung ist die elektronische Patientenakte, Gesetzliche Krankenkassen müssen diese seit Januar 2021 zur Verfügung stellen.
  • Telemedizin betrifft nicht nur Video-Telefonate, sondern auch das Ablesen von Messgeräten, auf die der Arzt oder die Ärztin aus der Entfernung Zugriff hat.
  • Sie kann nach Einschätzung von Experten gerade in ländlichen Regionen und bei Fachärztemangel eine Chance sein.
  • Fernbehandlungen waren deutschen Ärzten bis vor wenigen Jahren nicht erlaubt, sind seit Juni 2018 durch eine Änderung der Berufsordnung möglich geworden.
  • Wichtig ist eine entsprechende Infrastruktur; für einen Videocall braucht de Patient also in der Regel ein Smartphone, ein Laptop oder Computer mit entsprechender Verbindung.
  • Quelle: www.verbraucherzentrale.de
 
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