Es sei bitter zu beobachten, dass mancher es heutzutage als lästige Störung des „spaßgesellschaftlichen“ Lebens empfinde, wenn für „stille“ Totengedenktage wie den Volkstrauertag oder auch Allerheiligen Besinnung, Ruhe und „Partyfreiheit“ eingefordert würden, beklagte Pfarrer Edmund Prechtl beim Volkstrauertagsgottesdienst in der Burkhardsreuther Jakobuskirche.
Auch die Kriege der Gegenwart rüttelten nicht mehr nachhaltig auf: Sie seien ja „scheinbar weit weg“, und das vergleichsweise friedliche und wohlgeordnete Leben hierzulande werde „ohne Ende so weitergehen“. Diese weitverbreitete gefährliche Illusion werde allenfalls noch „ins Wanken gebracht“, wenn ein jähes Unglück einen persönlich und unmittelbar ereile: Dann werde manchem sorglosen Zeitgenossen doch noch bewusst, „dass wir modernen Menschen durchaus nicht alles in der Hand haben“ und vieles in der Weltordnung „brüchig, vorläufig und gefährdet“ sei.
Wer sich als Christ der Realität von Kriegen, Katastrophen und Unglücken stelle, müsse und dürfe jedoch nicht resignieren, mahnte Prechtl. Das „pointierte Hoffnungswort“ des Evangeliums gebe die Zuversicht, dass Gott Seine Schöpfung „nicht der Katastrophe überlassen, sondern in Christus vollenden“ wolle. Das Vertrauen, dass die Welt „nicht dem Chaos, sondern Gott entgegengeht“, sei für die Glaubenden Ansporn, sich „bei aller Bedrohtheit und Vergänglichkeit doch mit ganzer Kraft für diese Welt einzusetzen“.
Denn, so der Geistliche, „der Herr will, wenn er wiederkommt, Menschen antreffen, die bis zuletzt standhaft ihren Auftrag erfüllen, sich für eine menschliche und menschenwürdige Welt, für ein friedliches Miteinander einzubringen. Indem wir hierfür das Unsere tun, erweisen wir uns als Jünger des Herrn.“ Mithin sei die Hoffnung auf eine Wiederkunft Jesu kein „Opium für das Volk“ und kein „Himmelreichtraum“, der „uns von unseren Alltagspflichten ablenkt“.
Die Bedeutung der Menschenrechte als Grundpfeiler einer demokratischen und friedlichen Ordnung hob Carmen Pepiuk beim Gedenkakt am Burkhardsreuther Gefallenenehrenmal hervor. „Die Menschenrechte beginnen, wo die Vorurteile enden“, zitierte die Trabitzer Bürgermeisterin den französischen Generals Marie-Joseph Motier. Dieser über 200 Jahre alte, doch als Denkanstoß unvermindert aktuelle Satz „fundiert die Thematik des Volkstrauertags, die Erinnerung an die Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaften“.
„Krieg beginnt, wo Menschenrechte enden“
Seit den 1950er Jahren, erklärte Bürgermeisterin Carmen Pepiuk beim Gedenkakt der Gemeinde Trabitz und der Pfarrgemeinde Burkhardsreuth, diene der Volkstrauertag, der einst vorrangig den deutschen Kriegsopfern gewidmet gewesen sei, dem Gedenken an die Kriegstoten und Gewaltherrschaftsopfer aller Nationen. Damit lenke er zugleich den Blick auf die Menschenrechte, die durch politische Gewalt und Angriffskriege missachtet worden seien. Mit dieser Neuausrichtung habe der vor 100 Jahren gegründete „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ wegweisend zu Völkerverständigung und Überwindung von Vorurteilen beigetragen.
Der Erfolg einer populistischen Demagogie, die „Instabilität, Werteverlust und Hasskultur“ schüre, lasse leider daran zweifeln, „inwieweit sich die Menschen des Glücks, in einem der stabilsten und sichersten Länder zu leben, noch bewusst sind“. Wenn die Menschenrechte aus dem Bewusstsein gedrängt würden, Vorurteile, Neid und Unzufriedenheit von Neuem auf dem Vormarsch seien, dann „geht die Saat des Krieges wieder auf“, warnte Pepiuk zum Schluss: „Die Toten mahnen uns, achtsam zu sein: Krieg beginnt, wo Menschenrechte enden.“ Mit der Kranzniederlegung am Gefallenenehrenmal, dem Lied „Ich hatt‘ einen Kameraden“ und der Bundeshymne endete der Gedenkakt. (bjp)
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