Ursensollen
30.01.2024 - 17:03 Uhr

Beim heimatkundlichen Stammtisch dreht sich alles um die Kartoffel

Gut besucht war der heimatkundliche Stammtisch in Heimhof. Im Mittelpunkt stand eine "tolle Knolle", die seit 300 Jahren in der Oberpfalz heimisch ist: die Kartoffel

Die Kartoffel gibt es seit 300 Jahren in der Oberpfalz. Diesen Geburtstag feierten viele beim heimatkundlichen Stammtisch in Heimhof nur zu gerne mit „Erdäpfel in der Montur und Butter“ mit. Der Ursensollener Heimatpfleger Josef Schmaußer, Johannes Ehbauer und so manche Beiträge der Gäste rückten bei der 18. Auflage der heimatkundlichen Stammtischreihe die „tolle Knolle“ in den Mittelpunkt. Das Treffen fand in der Heimhofer Burgschänke statt, „auf historischen Boden“ der einstigen St.-Nikolauskirche, die als Bild an der großen Leinwand alle willkommen hieß.

Die Teilnehmer erfuhren, dass schon vor 8000 Jahren die Kartoffel in Peru nachgewiesen wurde und man heute 3840 Sorten kennt. Nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus Ende des 15. Jahrhunderts hatte der Siegeszug der Kartoffel erstmal ganz langsam und stockend über Spanien nach Nordeuropa begonnen. Gefördert wurde sie von Friedrich dem Großen, dem „Alten Fritz“.

Kartoffelbrunnen in Amberg

Propagiert vom römisch-katholischen Stadtpfarrer von St. Martin, Johann Heinrich Werner (22. Januar 1684 bis 28. November 1752), der auch Begründer des Amberger Waisenhauses war und dem der Kartoffelbrunnen im Innenhof des Morawitzky-Palais gewidmet ist, lässt sich der Anbau der Kartoffel in der Amberger Gegend definitiv ab 1724 nachweisen.

Nur zögerlich hatte man sich damals an die unbekannte Frucht gewagt, zuerst die grünen und giftigen oberirdischen Knöllchen und wohl auch das Kraut probiert und sich botanisch primär an den Blüten erfreut. Doch schon 1725 schrieb der Amberger Lokalchronist Johann Kaspar von Wiltmaister über die recht sättigende Zubereitung der Kartoffel in der Amberger Gegend und auch deren Verwendung als effektives Schweinefutter. Auch als „Sterke zur Wäsch oder als Haarpuder“ sei die Kartoffel zu gebrauchen.

Hungersnot verhindert

Der Chronist fuhr aber mahnend fort, dass der zunehmende Kartoffelanbau „ebenso schädlich“ sein könne. Denn es würde dadurch der „Getreidebau dermassen vermindert, daß nach der Hand (also offensichtlich) hieran ein grosser Mangel (an Getreide) zu besorgen seyn möchte“. Bedenken und Begeisterung wechselten sich tatsächlich in der Folgezeit ab. Doch als es 1772 durch einen Vulkanausbruch einen „Sommer ohne Sonne“ gab, war es die Kartoffel, die dank eines Erlasses des bayerischen Herzogs Max Joseph III. eine noch schlimmere Hungersnot durch den forcierten Anbau verhinderte.

Ein Stammtisch-Teilnehmer wusste zudem, dass der Gefahr der Fäulnis der Kartoffelknollen durch zu viel Regen bald damit begegnet wurde, diese erhöht zu kultivieren. Davor hatte man dies ja auch erfolgreich beim Getreide bis zum Jahr 1910 gemacht. Aus seiner Jugend erzählte Josef Schmaußer vom Kartoffelklauben und dem zweimaligen Nachklauben. Weiter erzählte er, dass für die Schweinemast der Dämpfer zum Einsatz kam. Die darin gekochten, noch warmen Erdäpfel schnappten sich im Winter gerne die Kinder als „Leckerbissen“ nach mancher durchnässten Schlittenfahrt.

Schmaußer erinnerte sich zudem zurück an seine Zeit im Seminar. Dort habe man nur zur Zeit der Kartoffelernte in selbst geschnitzten Pfeifen Kartoffelkraut rauchen dürfen. Dies habe allerdings – pädagogisch klug! – den allermeisten jegliche Lust aufs Rauchen verdorben. Stammtisch-Besucher erzählten, dass im Winter nicht selten den Kindern für den Schulweg heiße Kartoffeln in die Jackentaschen gegeben worden seien – diese waren zuerst Handwärmer und dann auch gleich Pausenbrot.

Kartoffelkäfer bekämpft

An das Absammeln der Kartoffelschädlinge konnten sich viele noch gut erinnern. Sogar ganze Schulklassen hatte man dazu eingeteilt, den „Kolorado- oder Kartoffelkäfer“ abzusammeln, um ihm vor der Erfindung chemischer Bekämpfungsmittel Herr zu werden. Zum Besten gegeben wurden so manche Anekdoten wie das Missverständnis von Erdbirn und Erdbeern und auch ein Gedicht von Norbert Neugirg.

Aufgezählt wurden auch insgesamt 17 Kartoffelgerichte. Auf Kartoffelsalat und Kartoffelsuppe folgte ein „Goasbratl“, wie Kartoffeln in Schichten mit Bauchfleisch genannt werden. Auch Kartoffelschnaps und saure Kartoffelrädle ließen so manchem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Gut, dass der Wirt Abhilfe schuf und heiße Kartoffeln mit Bauernbutter servierte.

Angenehm „rausgespielt“ wurden die Besucher mit dem Video eines Kartoffellieds der Seebauer-Moidln. Der nächste heimatkundliche Stammtisch mit Josef Schmaußer findet am Donnerstag, 8. Februar, beim Bartl am Feuerhof in Sulzbach-Rosenberg statt. Ab 19.30 Uhr geht es um Brauchtum und Tradition im Februar.

 
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