Vilseck
08.11.2022 - 13:48 Uhr

Gräbergang in verlassenen Ortschaften im Truppenübungsplatz Grafenwöhr

Bei einem Friedhofsbesuch in Haag und Langenbruck haben Gläubige ihrer verstorbenen Angehörigen gedacht. Das Besondere daran: die Gräber liegen im Truppenübungsplatz Grafenwöhr und sind normalerweise nicht zugänglich.

Seit vielen Jahren ermöglicht die US-Armee Garnison Bavaria den Besuch der alten Friedhöfe von Haag und Langenbruck im Sperrgebiet des Truppenübungsplatzes. Das Interesse der Bevölkerung daran ist ungebrochen, viele Besucher nutzten wieder diese Chance. Viel Wissenswertes und Geschichtliches über das Südlager, Haag und Langenbruck erfuhren die Teilnehmer obendrein von Army-Pressesprecher Franz Zeilmann und von Werner Stubenvoll vom Soldaten- und Kriegerverein (SKV) Sorghof, der auch die Busfahrt organisiert hatte.

Sein Urgroßvater, Johann Stubenvoll, hatte einst die Haager Chronik verfasst. Früher gehörte Haag zur Pfarrei Hopfenohe ehe das Pfarrdorf an der alten Handels- und Reichsstraße 85 im Jahr 1876 selbstständige Pfarrei wurde. 1938 war das Schicksalsjahr der Haager: die etwa 500 Einwohner mussten ihre Heimat für immer verlassen. Haag mit seinen 75 Häusern wurde ebenso wie weitere 57 Ortschaften und Weiler mit 3500 Einwohnern, im Zuge der Erweiterung des Truppenübungsplatzes zwangsabgesiedelt. Viele von ihnen fanden in Sorghof und Wolfskofen (Landkreis Regensburg) eine neue Heimat.

Vorbei an Schießbahnen ging es auf die östliche Anhöhe über dem ehemaligen Dorf Haag. Erhalten geblieben sind nur noch der Dorfweiher, zwei Felsenkeller, die heute als Quartier für Fledermäuse dienen, und der Friedhof, der seit 1414 existiert. Pater Jimmy Joseph sprach Gebete sowie Fürbitten und segnete die Gräber. Vor den Grabmälern aus Sandstein und Kreuzen aus Holz wurden Blumen und Kerzen abgestellt.

Auf der Rückfahrt legten die ehemaligen Bewohner und Nachfahren am alten Langenbrucker Friedhof, der innerhalb des Südlagers – den Rose-Barracks – liegt, einen weiteren Halt ein. „Von der langen Brücke über die Frankenohe kommt der Name Langenbruck“ gab Stubenvoll sein Wissen aus den Chroniken weiter. Ein zweigeteilter Granitstein mit einem Kreuz am ehemaligen Standort der Langenbrucker Kirche St. Wolfgang weise neben dem Friedhof noch heute auf die Ortschaft hin. Der Langenbrucker Friedhof wurde in den 60er-Jahren durch den US-Sergeant Abraham weitergepflegt und dadurch vor dem Verfall bewahrt. Darüber informiert die Infoschrift auf einer Tafel am Eingang der Ruhestätte.

Auf der letzten Etappe sammelten die Teilnehmer auch noch Eindrücke aus dem Südlager. An der Fahrstrecke lag das Ehrenmal für gefallene amerikanische Soldaten im Golfkrieg. Hier haben die Stadt Vilseck und der SKV Sorghof die Ruhebänke gestiftet, erzählte Zeilmann. Die amerikanischen Wohnbereiche in der Kaserne tragen die Namen der früheren Ortschaften, wie Altneuhaus, Kittenberg, Grünwald und Langenbruck. Stubenvoll bedankte sich zum Abschluss bei Pater Jimmy Joseph, bei Franz Zeilmann und dem Kommandeur der US-Garnison, Colonel Poole, für die Genehmigung der Besuchsfahrt.

Mit der neuerlichen Teilnahme an den Friedhofs-Besuchen beantworteten die Nachkommen auch die in Gedichtform gefasste Frage des Haager Heimatdichters Erhard Trummer: "Wenn wir ferne sind und weit, wer wird denn am Grabe beten zur Allerseelenzeit?"

 
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