"Es ist eigentlich traurig, jetzt sieht man sich gar nicht mehr richtig vor den Ferien", sagt Luna aus der 11. Klasse des Augustinus-Gymnasiums. Gemeinsam mit ihrer Freundin Johanna hat sich die 16-Jährige am Freitag um 10 Uhr in der St.-Josef-Kirche eingefunden. Wie jedes Jahr wird dort der gemeinsame Gottesdienst zum Abschluss des Schuljahres gefeiert. Doch diesmal bleiben viele Bänke leer. Von den gegenwärtig 732 Schülern des Gymnasiums kommen nur rund 120.
Hintergrund der geringeren Teilnehmerzahlen ist, dass Schulleiter Ulrich Winter in enger Abstimmung mit dem Schulforum die bisherige Praxis beendete, wonach der Gottesdienst seit Generationen fester Bestandteil des Schullebens war.
Weg zur Kirche als Problem
Nun sind die Schüler freiwillig hier. Obwohl Lehrer als Betreuer anwesend sind, zählt der Kirchenbesuch nicht mehr zum Unterricht. "Ich kann niemanden dazu verpflichten. Es entspricht einfach nicht dem Gedanken eines Gottesdienstes, wenn Schüler dazu gezwungen werden", erklärt Winter die Entscheidung. "Wenn ich vorschreibe, dass es verpflichtend ist, und es passiert auf dem Schulweg etwas, dann haben meine Lehrerkollegen ein Problem." In den vergangenen Jahren hätten sich am letzten Tag vor den Ferien "viele Schüler auf dem Weg in die Kirche verflüchtigt".
Den anwesenden Schülern fällt auf, dass nun deutlich weniger ihrer Klassenkameraden gekommen sind. So sagt Johanna: "Ich fand es immer schön, wenn sich alle zusammen vor den Ferien noch einmal getroffen haben. Jetzt gehen halt die meisten heim." Hinzu komme, dass gestern Schulfest war, sagt Luna: "Da sind viele lang aufgeblieben und kommen halt jetzt nicht." Die Elftklässlerin findet, dass der Gottesdienst auch bisher jugendfreundlich gestaltet gewesen sei. "Streng gebetet haben wir nie, und es dauert auch nicht zu lange."
"Manchmal langweilig"
Ähnliche Ansichten haben Jan und Luca, beide aus der 7c des Augustinus-Gymnasiums. Laut Luca sind viel weniger gekommen: "Wir sind 20 Schüler in der Klasse, und es fehlt mehr als die Hälfte, das merkt man schon." Zwar habe auch seine Mutter gesagt, dass er den Gottesdienst besuchen solle, doch er sei freiwillig hier, sagt der Gymnasiast. Verbesserungsvorschläge von Mitschüler Jan gibt es aber auch: "Manchmal ist es schon langweilig. Ich finde, es könnte ein bisschen mehr vorgespielt werden. So, wie das Krippenspiel an Weihnachten."
Der ökumenische Gottesdienst wurde von Pater Johannes Bosco geleitet, Lehrer Matthias Wellstein predigte. Die Bedrohung der Umwelt durch den Klimawandel stand im Mittelgrund. Zudem lasen einige Schüler Fürbitten. Nach 30 Minuten endete der Kirchbesuch für die Schüler, sie verabschiedeten sich mit lautem Applaus und sogar vereinzelten Jubelpfiffen. Ob dies nun der Begeisterung über den Gottesdienst oder den anstehenden Sommerferien geschuldet war, muss dahingestellt bleiben.
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