Weiden in der Oberpfalz
20.05.2019 - 11:20 Uhr

Chefinnen gesucht

Mehr als die Hälfte der Hochschulabsolventen sind Frauen, doch nur wenige Absolventinnen wollen ein Unternehmen gründen. Mit der Situation von Unternehmerinnen beschäftigte sich ein Themenabend an der OTH in Weiden.

Über die Situation von Unternehmensgründerinnen diskutieren (von links) Professor Christoph Hachmöller, Unternehmerin Laura Berg, Landtagsabgeordnete Annette Karl,
Unternehmerin Verena Fitzgerald und Wissenschaftlerin Anna Meyer. Bild: Bühner
Über die Situation von Unternehmensgründerinnen diskutieren (von links) Professor Christoph Hachmöller, Unternehmerin Laura Berg, Landtagsabgeordnete Annette Karl, Unternehmerin Verena Fitzgerald und Wissenschaftlerin Anna Meyer.

„Knapp 15 Prozent der deutschen Start-ups wurden 2018 von Frauen gegründet“, zitierte Anna Meyer von der OTH Amberg-Weiden aus einer Studie der Initiative „Frauen unternehmen“. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin referierte anlässlich eines Themenabends an der OTH über Unternehmensgründungen von Frauen. Dass es ein Missverhältnis zwischen der Zahl von Studienabsolventinnen und Unternehmensgründerinnen gibt, darauf verwies OTH-Präsidentin Andrea Klug bereits in ihrer Begrüßung.

Um zu zeigen, dass Frauen bei der Unternehmensgründung sehr erfolgreich sein können, präsentierte Laura Berg ihr vor rund fünf Jahren in Regensburg gegründetes Unternehmen KEKSzauber. Der Verkauf von Buchstabenkeksen steht im Mittelpunkt der Geschäftsidee. Zunächst beschrieb die Gründerin, dass sich in den ersten Jahren erfolgreiche und weniger erfolgreiche Phasen abgewechselt hätten. Heute sagt sie über ihren Erfolg: „Jetzt bin ich soweit“. Erfolgsfaktoren sind für Berg das Netzwerken, denn „man braucht immer Verbündete“ und „jeder kämpft mit denselben Problemen“. Auch habe sie sich bei jedem Gründerwettbewerb beworben, „denn da bekommst du immer Feedback“. Geholfen habe auch die Inanspruchnahme von Start-up-Kapital, die Gründerberatung durch die Lindner-Stiftung und die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen.

In der Podiumsdiskussion forderte Berg von der Politik: „Neun Monate Schwangerschaft kann man als Selbstständige nicht durchstehen, da muss etwas getan werden“. Ergänzend kam aus dem Zuhörerkreis die Feststellung, dass sich die Selbstständigkeit auch auf die Rente fatal auswirke. Landtagsabgeordnete Annette Karl schlug bezüglich der Schwangerschaft von selbstständigen Frauen vor, „wir bräuchten so etwas wie die Betriebshelferinnen in der Landwirtschaft“. Diskutieren muss man laut Karl auch darüber, alle Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.

Verena Fitzgerald, Gründerin des Beratungsunternehmens "SESQUI" sagte dazu: „Ich habe von vorne herein Mutterschutzzeiten und Rentenversicherungsbeiträge in meine Stundensätze einkalkuliert“. Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion formulierten dann auch Empfehlungen für Gründerinnen.

Für OTH-Professor Christoph Hachmöller ist wichtig, „man muss gleich am Anfang herausfinden, ob das Geschäftsmodell auf Kundeninteresse stößt“. Um mehr Gründerinnen zu bekommen empfiehlt die Abgeordnete Karl „das Selbstbewusstsein von Frauen zu stärken, auch durch Rollenvorbilder“. Leider würde in Deutschland bei Selbstständigen wie bei Politikern das „Zurückkommen“ in die frühere Berufsrolle als „verloren haben“ angesehen werden.

Über eine Studie zu Gründerinnen in sechs europäischen Ländern im Rahmen des Programms Erasmus+ berichtete Anna Meyer. Hauptmotivation für die Selbstständigkeit sei danach „seinem eigenen Traum zu folgen und sein eigener Boss zu sein“. Flexibilität und Unabhängigkeit war oftmals wichtiger als Karriere und hohes Einkommen. Finanzierungsprobleme, Bürokratie und fehlendes Wissen über gesetzliche Bestimmungen wurden in der Studie als die größten Hindernisse bei der Unternehmensgründung durch Frauen beschrieben. Moderator des Themenabends war Bastian Vergnon vom Projekt Grow4Digital. Das Förderprojekt des bayrischen Wissenschaftsministeriums hatte den Abend finanziert.

 
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