Weiden in der Oberpfalz
24.10.2020 - 18:49 Uhr

Corona-Leugner und Masken-Verweigerer demonstrieren in Weiden

Am Samstag fand auf dem Neuen Festplatz in Weiden eine Kundgebung der "Querdenker" statt. Sie protestierten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Heftiger Gegenwind kam von Maßnahmen-Befürwortern - auf der Straße und im Netz .

In Sachen Teilnehmerzahl ist man sich uneinig. 900 sagt die Polizei, 1300 der Veranstalter. Bild: Kunz
In Sachen Teilnehmerzahl ist man sich uneinig. 900 sagt die Polizei, 1300 der Veranstalter.

Auf der Bühne der Corona-Maßnahmen-Gegner spielte ein Geiger den „Titanic“-Soundtrack. Beim Oberpfälzer Bündnis für Toleranz und Menschrechte (OBTM), bei den Linken und aus dem „Rio-Raum“, erklang noch düsterer das Mundharmonika-Stück aus „Spiel mir das Lied vom Tod“. Hier Blumenkinder, die um Frieden, vor allem um ihre persönliche Freiheit bettelten, dort die mahnenden Sensenmänner.

„Die Zahlen, die uns die Stadt Weiden vorlegt, sind mit Sicherheit getürkt“, begründete „Querdenker“ Helmut Bauer seine Aktion. „Wir haben recherchiert und diese Zahlen lassen sich nicht nachvollziehen. Mir selber ist nur ein einziger Fall bekannt von jemanden, der positiv getestet wurde.“ OBTM-Sprecher Hans Lauterbach demonstrierte dagegen: „Wir stehen da, weil Querdenker die Gesellschaft spalten und mit sehr vielen Fake-News agieren. Wir fordern die Zivilgesellschaft in Weiden auf, sich engagierter gegen rechte Bewegungen einzusetzen.“

Weiden in der Oberpfalz25.10.2020
Oberpfalz25.05.2022

Angaben zur Teilnehmerzahl unterscheiden sich

Die Meinungen von „Querdenkern“ und Gegendemonstranten klafften am Samstagnachmittag ebenso weit auseinander, wie die Einschätzungen der Ordnungskräfte und Veranstalter, was die Teilnehmerzahl betraf. Bauer sprach von 1300 Demonstranten. Polizeisprecher Florian Beck vom Polizeipräsidium Oberpfalz bezifferte die Menge auf 900 Personen. Die Allerwenigsten von ihnen trugen Mund- und Nasenschutzmasken. Die Leute versuchten allerdings, die Abstandsregeln einzuhalten.

„Die Veranstaltung verläuft sehr friedlich. Es hat keine Zwischenfälle gegeben“, unterstrich Beck. „Uns ist die Deeskalation wichtig, aber natürlich auch der Infektionsschutz. Da schauen wir ganz genau hin und wirken gegebenenfalls auf die Versammlungsleitung ein.“ Ein großes Polizeiaufgebot aus Weiden, Amberg und Regensburg war vor Ort. Aus Bamberg war ein Einsatzzug angereist.

Autocorso vor der Kundgebung

Vor der eigentlichen Kundgebung rollte ein Omnibus- und Autocorso vom Festplatz nach Ullersricht und zurück. Auf der Bühne belächelten Redner die Coronaschutzmaßnahmen. „Das Ganze muss beendet werden“, forderte Busfahrer Thomas Brauner. „Kinder haben ein Recht dazu, ungefilterte Luft zu atmen.“ Eine Gymnasiastin aus Nürnberg kritisierte die Bevormundung durch ihre Schulleitung. „Ich möchte nicht in einem totalitären Staat leben.“ Der ehemalige Polizeihauptkommissar Karl Hilz stellte die Pandemie mit einer „Plandemie“ gleich. „Die Gefahrenlage ist aktuell nicht diejenige, wie sie uns von der öffentlichen Meinung und von den Politikern vorgestellt wird. Es werden Tests gemacht, die nicht wirklich eine Erkrankung nachweisen.“ Seiner Überzeugung nach nur, um die Leute in Angst und Schrecken zu versetzen.

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Der Leiter der Integrierten Leitstelle, Jürgen Meyer, der die Kundgebung am Rande beobachtete, empfahl allen „Querdenkern“ auf dem Platz, doch mal einen Tag lang die Weidener Intensivstation zu besuchen: „Dann können die mal sehen, was Covid-19 mit Menschen anstellt.“ Auch Linken-Stadtrat Ali Zant bezog Stellung: „Das sind Leute, die unsere Gesundheit hier in Weiden gefährden."

Kritik im Netz

Prominentester Redner war „Querdenker“-Gründer Michael Ballweg. Er versprach seinen Anhängern, auf friedliche Weise so weiterzumachen, wie bisher. „Wir haben viel erreicht.“ Seiner Überzeugung nach habe sich das Bundesparlament selbst entmächtigt. „Jetzt hat es Probleme damit, die Kontrolle wieder zurückzuerlangen.“ Für den Abend war ein Fackelzug durch die Innenstadt geplant.

In den sozialen Netzwerken wurde heftig kommentiert und die „Querdenker"-Kundgebung längst im Vorfeld kritisiert. „Solange es diese Idioten gibt, werden wir es nie schaffen, die Pandemie einzudämmen“, schreibt etwa Tanja Holzer. „Dumm und völlig verantwortungslos! Gegen hirnloses Handeln ist leider kein Kraut gewachsen“, meint Michael Hastaedt. Und Kerstin Scharnagl: „Alles gut und schön mit dem Demonstrationsrecht … aber diese Flachnasen demonstrieren in einer Stadt, deren Inzidenzwert über 130 liegt.“

Update

Laut dem Polizeipräsidium Oberpfalz verliefen die Versammlungen zur "Querdenker"-Demo weitgehend störungsfrei. Während der Demonstration am Neuen Volksfestplatz kam es jedoch zu einer Straftat. Zwei Männer sollen zwei Journalisten beleidigt und einen von ihnen angespuckt haben. Die Polizei nahm die beiden fest und schlossen sie von der Versammlung aus. Zudem habe sich eine Frau beschwert über "angeblich unzulässiges Verhalten einer fotografierenden Person". Die Beamten stellten fest, dass es sich dabei um einen Journalisten handelte, der nach einem Gespräch seine Arbeit weiter fortsetzte.

Weiden in der Oberpfalz25.10.2020
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Kommentare

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Herbert Freundl

Sie vergleichen Äpfel mit Birnen!
25.000 Grippetote sind Schätzwerte! Die Zahl der bestätigten Fälle liegt weit darunter. Und gegen Influenza gibt es Impfstoff. Aber wenn unsere Regierung darauf reagieren und eine Impfpflicht dazu einführen würde, kämen Sie wahrscheinlich schon wieder mit Gegendemonstrationen. Wie würde denn die AfD auf 25.000 Grippetote reagieren?
70.000 Alkoholtote: Hier kann sich jeder einzelne selbst helfen oder in professionelle Hilfe begeben und es muss keiner Angst haben, wenn er auf die Straße geht, vom "Alkoholvirus" befallen oder angesteckt zu werden. Wie würde denn die AfD auf 70.000 Alkoholtote reagieren?
10.000 Covid-Tote in D sind reell und bestätigt, es gibt aktuell noch keinen Impfstoff, keinen 100%igen Schutz dagegen, und leider auch Besserwisser die meinen, andere mit Ihrem Fehlverhalten gefährden oder in Lebensgefahr bringen zu müssen! Und ohne entsprechende Maßnahmen oder Einschränkungen und der Vernunft der meisten Mitbürger wäre diese Zahl um ein vielfaches höher - also sehr weit über der Zahl der geschätzten Grippetoten von 2017-18. Wie würde die AfD auf 10.000 Covid-Tote reagieren? Leider wissen wir das jetzt.
Und wenn Sie sich schon auf 180°-Wenden von Personen beziehen, dann kehren Sie doch erst mal vor der eigenen Haustür: Haben Sie oder Ihr parteiliches Umfeld sich nicht auch schon mal von einem Gegenteil überzeugen lassen und eine Kehrtwende gemacht (vgl. erst kürzlich Malbuch der AfD in NRW, usw., .....)? Also ich für meine Person möchte mich da nicht ausschließen, schon einmal eine Wende gemacht zu haben.
Leider hat die AfD wohl selbst keinen Plan, ab welchem Zeitpunkt sie auf eine Pandemie reagieren würde wenn sie an der Regierung wäre, sonst hätten Sie mir ja meine ursprüngliche Frage beantworten können, welche Anzahl an Toten für die AfD aktzeptabel wäre, aber Ihre Thesen stützen Sie immer auf ein mögliches Fehlverhalten anderer.
Ihren Äußerungen nach müssten die nächsten Wahlslogans der AfD dann so lauten: - Impfpflicht für alle - Alkoholverbot für alle - Pandemie, Ausgangssperre, und Maskenpflicht wird gesetzlich verboten - freie Virenverbreitung für freie Bürger - Einschränkung des Lebensrechts für ältere Mitmenschen?
Mich können Sie damit nicht überzeugen!

Bleiben Sie gesund - bzw. stecken Sie bitte niemanden an!

25.10.2020
Dr. Jürgen Spielhofen

Wer auf ein Gesprächsangebot nicht eingeht und lediglich mit aggressiver Polemik reagiert, dem muss man nicht mehr antworten.

25.10.2020
Herbert Freundl

Als aggresiv würde ich bezeichnen, wenn man seine irrsinnigen Meinungen mit schwachsinnigen Aktionen durchsetzen will, und dabei das Leben anderer mit dem eigenen Fehlverhalten aufs Spiel setzt!
Ist schon schade, wenn einige Politiker nur über eventuelle Fehler anderer herziehen, aber selbst die eigenen, für sie relevanten Grenzen des Handelns nicht öffentlich preisgeben wollen. Es könnte ja sein, dass sie hinterher selbst einen Fehler eingestehen oder eine 180°-Wende vollziehen müssten. Wäre höchstpeinlich, oder?

27.10.2020
Wittmann P. M.

Herzlichen Glückwunsch!
Wieder einmal zeigt sich, dass viele das Leid ertragen müssen, dass wenige verursachen.
Information, Abwägung und gesunder Menschenverstand, sind absolut wichtig, da stimme ich @Silvia Loew vollkommen zu. Dies sind Dinge, die etwa 99% der Bevölkerung scheinbar nicht umsetzen können.
Aber:
In einer Zeit steigender Infektionszahlen an einer Demonstration gegen das Tragen von Masken teilzunehmen, (welche (und das sollte jeder mittlerweile wissen) bis zu 70% der durch die Luft übertragenden Aerosole Unterbinden und so zum Schutz der Personen beitragen, die sich in einem Radius von 1,5 Meter aufhalten und zudem man damit nicht sich selbst, sondern den anderen Schützt) ist schlichtweg unvernünftig, sozial vollkommen untragbar und zeugt von, ich hoffe die Leserinnen und Leser verzeihen mir, absoluter geistiger Inkompetenz und sozialer Ablehnung.
Jeder der Teilnehmer an solchen Demonstrationen sollte umgehend mit 10.000€ Strafe belegt werden, dass jenen endlich der ernst der Lage bewusst wird.
Es wird keine Erleichterungen und keine Aufhebung der Infektionsschutzverordnungen geben, solange die Infektionszahlen steigen.
Und auch die Coronaleugner, die sich, wie die Gründer der Querdenker Bewegung so schön zeigen, immer wieder auflehnen, werden hoffentlich erkranken und einsehen, dass es schlichtweg dumm und unverantwortlich ist, ein solches Verhalten an den Tag zu legen.
Entschuldigen Sie bitte alle, dass mein Kommentar so hart klingt. Aber als gesundeter Coronapatient, der diese Krankheit hinter sich gebracht hat und noch die Nachwirkungen spürt, muss ich einfach sagen: Jeder der der sich verhält, als ob Corona nur eine normale Grippe ist und dazu gegen alle Verordnungen handelt, gehört auf das härteste bestraft!

25.10.2020
Josef Bodensteiner

Ist es diese Veranstaltung wirklich wert, sie in den Meldungen auf onetz.de an prominenter Stelle erscheinen zu lassen?
Wir brauchen kein „Querdenken“ sondern ein nach vorne denken - ein "think ahead". Mehr muss man zu diesen Events nicht sagen.
Eine Anmerkung erscheint mir dennoch wichtig: Wirtshäuser und Kneipen etc. werden teilweise gezielt daraufhin kontrolliert, ob sie die geltenden Bestimmungen einhalten, nicht selten mit Bußgeldern bedacht.
Wenn ein öffentliches Kasperltheater sich „bemüht“, die geltenden Regeln einzuhalten, dies aber logischer Weise nicht schaffen kann, schaut die Polizei zu. Man muss es halt nur „Demonstration“ nennen und sich auf ein Grundrecht berufen. Solche Veranstaltungen kennen wir zur Genüge. Die Gerichte sind da ja großzügig.
Weiden hat momentan die dritthöchste Inzidenzzahl in Bayern und schaut zu, wie ein umweltbelastender Autokorso durch die Stadt stinkt. Die Querdenker rennen hinterher und jubeln: „endlich wieder ungefilterte Luft.“
Liebe Querdenker, denkt quer und bleibt daheim. Man muss in der jetzigen Situation nicht quer durch’s Land reisen und dann wieder heim, nur um quer durch Deutschland (ohne Maske) die Luft zu verpesten.
Quer ist immer sinnlos und überflüssig. Quer kann ulkig sein, mehr aber auch nicht. Man muss über den eigenen Horizont hinausdenken. Die Erde ist keine Scheibe.

24.10.2020
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