"Man kommt nicht raus aus der Blase, läuft immer nur der nächsten Droge hinterher." So schildert ein Angeklagter aus dem Landkreis Neustadt/WN seine Crystal-Sucht. In seinem letzten Wort bittet er um Therapie statt Gefängnis. "Ich will weg von diesen Leuten. Ich bin 55." Er bekommt seine Chance.
Die 2. Strafkammer des Landgerichts Weiden unter Vorsitz von Reinhold Ströhle verurteilt ihn zu sechseinhalb Jahren Haft wegen Einfuhr und Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das Gericht ordnet zugleich die Unterbringung an. Die 10 Monate U-Haft werden angerechnet. Sprich: Der Angeklagte muss noch fünf Monate im Gefängnis bleiben, dann beginnt eine auf 24 Monate angelegte Therapie im Maßregelvollzug.
Die Anklage wurde auf die 315 Gramm Crystal beschränkt, die bei der Festnahme unten am Auto klebten. Natürlich steckte lauf Ströhle "noch ein bisschen mehr dahinter". Der zu Bewährung verurteilte Compagnon (29) hatte von sechs solcher Beschaffungsfahrten zum Asiamarkt nach Cheb berichtet. Monatelang gingen 2021 am Anwesen des 55-Jährigen Leute ein und aus, die als Abnehmer zu bewerten sind.
Unterm Strich sitzt der 55-Jährige damit für "diese Angelegenheit" 1 Jahr und 3 Monate in einer Justizvollzugsanstalt ein. "Von daher können Sie zufrieden sein", sagt Richter Ströhle. Das Gesetz sehe es so vor, erklärte der Richter: Täter sollen nicht nur bestraft, sondern wiederhergestellt und in die Gesellschaft integriert werden.
"Sehr intensiver Konsument"
Kein Zweifel: Der Mann ist schwer abhängig. Sachverständiger Dr. Thomas Wenske (Klinik für forensische Psychiatrie in Erlangen) bezeichnete den Angeklagte als "sehr intensiven Konsumenten" von Crystal. "Er liegt im oberen Zehn-Prozent-Bereich." Zuletzt waren es "beachtliche" 1 bis 2 Gramm Meth täglich, die sich der 55-Jährige in den Kaffee mischte oder rauchte.
Er konsumierte immer mehrere Tage durch, war da durchgehend wach, und schlief dann ein, zwei Tage am Stück. Crystal in den Kaffee? Für den Sachverständigen klingt das nicht ungewöhnlich. "Man kann damit wirklich alles machen. In die Bindehäute schmieren, Rauchen, Spritzen, Schnupfen." Die Haaranalyse bestätige den starken Konsum.
Die Drogenkarriere des 55-Jährigen begann im Alter von 12 Jahren (Marihuana), verlegte sich später auf Speed, Kokain, Heroin, bis zur ersten Haft im 37. Lebensjahr. Schon damals gab man ihm die Gelegenheit zur Therapie im Maßregelvollzug. Mit Erfolg. Nach der Entlassung lebte der Landkreisbürger über 13 Jahre komplett abstinent, bis zum Rückfall 2016. Er stammt eigentlich aus gutem Elternhaus, hätte die Firma des Vaters übernehmen können.
"Er könnte ein gut situiertes Leben führen", resümiert auch Staatsanwalt Wolfgang Voit. Alles vertan. "Der Angeklagte ist in seinem Leben am Betäubungsmittelkonsum gescheitert." Zuletzt lebte er davon, "Überraschungskisten" eines Elektronikherstellers zu kaufen und den Inhalt per eBay zu verticken. Das reichte nicht für den teuren Crystal-Konsum, daher der Handel für die lokale Drogenszene.
Der Staatsanwalt forderte 7 Jahre Haft, aber ebenso die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: "Das ist wohl seine letzte Chance, sein Leben auf die Reihe zu bringen." Meinte auch Rechtsanwalt Thomas Lößel, der gern 6 Jahre gesehen hätte: "Und schon das ist ein Batzen. Seine Lebenszeit ist überschaubar, er ist keine 18 mehr. Draußen wartet seine Verlobte auf ihn." 2025 hat sie ihn wieder.
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