1958 zog es den damals 19-Jährigen von der Konradshöhe nach Australien. Dort fand er auch sein privates Glück mit Hildburg Stilp, ebenfalls eine gebürtige Deutsche. Das Ehepaar lebt in Wollongong, rund 80 Kilometer südlich von Sidney. Direkt betroffen von den seit Monaten wütenden Buschfeuern sind sie nicht. Indirekt bekommen sie die Auswirkungen allerdings durchaus zu spüren.
"Normalerweise haben wir einen tollen Ausblick: Links aufs Meer, rechts auf die Berge", erzählt Hildburg Stilp. "Aber in den vergangenen 14 Tagen haben wir nichts gesehen. Alles war verraucht." Fenster und Türen hält das Ehepaar bereits seit Weihnachten geschlossen. "Trotzdem ist der Rauch im Haus zu riechen." Der Qualm der Buschfeuer trägt verkohlte Rindenstückchen mit sich, die auf der Terrasse und im Garten niederrieseln. Die 75-Jährige staunt: "Man kann sich nicht vorstellen, wie weit die Asche fliegt." Im kommenden Herbst werden es 60 Jahre, dass die gebürtige Wilhelmshavenerin in Australien lebt. "Aber solche Feuerstbrünste wie jetzt habe ich noch nie erlebt."
Trotzdem liegt es ihr fern, zu jammern. "Viele Menschen haben ihr Hab und Gut verloren. Millionen Tiere sind bereits verbrannt." Da sei so ein bisschen Ruß und Rauch kein Grund zur Klage. Im Gegenteil: "Wir haben Glück", sagt Hildburg Stilp. Denn 80 Kilometer südlich von Wollongong hätten die Buschfeuer kürzlich gewütet. "20 Menschen haben ihr Leben verloren." Strom und Telefon sind ausgefallen. Die Holzpfähle der Masten gingen lichterloh in Flammen auf.
Das Wochenende kam dem Ehepaar vor wie der Weltuntergang. "Um 3 Uhr nachmittags war es so dunkel wie sonst am Abend." Am Donnerstag dagegen freut sich die 75-Jährige, die mit ihrem Ehemann immer wieder mal zu Besuch in Weiden weilt: "Heute ist der Himmel wenigstens fast zu sehen." Dabei ist die Gefahr noch lange nicht gebannt. "Die Buschfeuerzeit geht bis März, und wir haben Dürre. Alles ist vertrocknet."
80 Kilometer sind keine große Distanz. So ein Feuer "ist ruckzuck da", ist Herbert Stilp klar. "Die Eukalyptusbäume explodieren überall wie Atombomben." Das liegt an den enthaltenen Ölen. Trotzdem sieht der 81-Jährige die Situation überraschend gelassen. "Mein Haus steht ziemlich sicher. Wir sind nicht im Busch." Obwohl: Hinten im Garten sei durchaus Buschwerk, räumt er ein. Doch er vertraut auf die Einsatzkräfte, bleibt optimistisch. "Wenn es brennt, kommen die Feuerwehrleute oder ein Löschflugzeug."
Dabei ist ihm durchaus bewusst, dass viele Australier in der jüngsten Zeit trotz des großen Einsatzes der Feuerwehrleute ihr Haus verloren haben. Die meisten Betroffenen stehen damit vor dem Nichts. "Nur wenige hier haben eine Hausversicherung", weiß Herbert Stilp. "Denn die kostet bis zu 15000 australische Dollar im Jahr." Dafür habe der Staat inzwischen zwei Billionen Dollar für den Wiederaufbau bereitgestellt.
Seiner Frau tun die Tausenden von Betroffenen leid. "Ich könnte weinen beim Zeitunglesen. Kürzlich sind einem Bauern in der Nähe alle 600 Rinder verbrannt. Eigentlich ist jetzt Hauptsaison für den Tourismus, aber es ist alles kaputt. Auch viele Touristen mussten evakuiert werden. Bisher sind 1588 Häuser abgebrannt, 653 sind beschädigt. Millionen von Tieren sind verbrannt. Es ist wirklich schlimm." Und Besserung ist - wie gesagt - nicht in Sicht. "Der Freitag soll bei uns wieder ein schlechter Tag sein", berichtet Herbert Stilp. Viel Wind ist angesagt - und Hitze. Vielleicht werden es nicht wieder 48,9 Grad wie am Mittwoch. Doch selbst ein paar Grad weniger machen den Buschfeuern noch lange nicht den Garaus.
Als 19-Jähriger nach Australien
Herbert Stilp (81) ist in Weiden geboren, absolvierte eine Kfz-Mechaniker-Lehre bei Ford Zwack und wanderte 1958 nach Australien aus. Der damals 19-Jährige arbeitete zunächst in einem Eisenwerk, dann in einer Autowerkstatt mit Tankstelle, die er 1969 übernahm und inzwischen zusammen mit seinem Sohn Raimund führt. Herberts älterer Bruder Horst lebt mit seiner Frau Margot am Fichtenbühl in Weiden. Zu ihm und zu der befreundeten Kinofamilie Platzer unterhält das Ehepaar Stilp aus Wollongong enge Kontakte.
Hildburg Stilp ist in Wilhemshaven geboren und wanderte nach Abschluss der Schule nach Australien aus. In New South Wales lernte sie Herbert Stilp kennen und lieben. Das Ehepaar hat drei erwachsene Söhne und fünf Enkelkinder.
Ein Bericht über den Besuch von Herbert Stilp in seiner Heimat im Jahr 2017 findet sich unter:
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