Wer sich ein längeres Volksfest im Sommer wünscht, fährt gerade emotional Achterbahn. Da üben CSU- und SPD-Fraktion einen ungewöhnlichen Schulterschluss, um gemeinsam für eine Verlängerung von fünf auf zehn Tage und eine Verlegung von September auf August einzutreten – die Mehrheit im Stadtrat wäre damit aller Wahrscheinlichkeit nach gesichert. Doch die Stadtverwaltung, Ausrichterin des Rummels, tritt auf die Bremse: Ein attraktives zehntägiges Fest sei im August kaum zu organisieren, und die fünftägige Version im September habe sich doch etabliert. Das war die verfahrene Ausgangssituation für die Stadtratssitzung – in der das Thema abermals eine ungeahnte Abzweigung nimmt.
Im Vorlagebericht listet die Verwaltung bereits zahlreiche Gründe auf, die gegen Veränderungen beim Volksfest sprechen: vom meist zu heißen Augustwetter über die Urlaubszeit bis hin zur Konkurrenz durch andere Feste sowie Problemen, attraktive Fahrgeschäfte locken zu können. Weitere Argumente liefert Rechtsdezernentin Nicole Hammerl in der Sitzung im Rathaussaal: Für das Volksfest habe die Stadt keinen festen Festwirt. "Wir schreiben jährlich aus, bekommen aber nicht gerade eine Flut von Bewerbungen." Für September 2023 gebe es gerade mal eine. Bei einem Fest im August verschärfe sich das Problem.
Zudem sei es "nicht gerecht", die September-Variante nur wegen des schlechten Ergebnisses 2022 infrage zu stellen, meint die Dezernentin mit Verweis auf die zu kurze Vorbereitungszeit nach den Coronajahren. Im Sachstandbericht verzichtete die Verwaltung auf einen Beschlussvorschlag, in der Sitzung selbst wird Nicole Hammerl etwas deutlicher: "Wir tendieren dazu, die Verlegung in den August abzulehnen." Diplomatischer ausgedrückt, in den Worten von Oberbürgermeister Jens Meyer: "Der Wunsch ist nachzuvollziehen, doch die Realität stellt uns vor große Herausforderungen."
Loew: "In einer Liga mit Amberg"
SPD-Stadtrat Matthias Loew zeigt sich irritiert, dass die Dezernentin den Stadträten geradezu ins Gewissen geredet habe. "Da traut man sich kaum noch, etwas zu sagen." Und er tut's trotzdem, verweist auf den Erfolg des Frühlingsfestes vor kurzem. Das dauerte zehn Tage, einer davon war ein Feiertag (1. Mai). Auch das Volksfest soll nach SPD- und CSU-Vorstoß um einen Feiertag herumgestrickt werden, nämlich Maria Himmelfahrt (15. August). Die längere Dauer könne den Anbietern helfen, den einen oder anderen schlechteren Tag zu kompensieren. Im Vergleich mit der Dauer anderer Volksfeste in Bayern sei das fünftägige Weidener "an der untersten Grenze", auch Amberg, Regensburg und Neumarkt böten ihren Bürgern wesentlich mehr. Loew: "Ist das unser Ziel als Oberzentrum, uns mit Kelheim oder Roding zu vergleichen? Oder wollen wir in einer Liga mit Amberg spielen?"
Anlass der Initiative von CSU und SPD war laut Loew keineswegs der Flop 2022, sondern die Rückmeldung von Besuchern, die grundsätzlichen Verbesserungsbedarf erkennen. Dem Argument der Verwaltung, dass sich die begleitende Gewerbeschau nicht auf zehn Tage ausdehnen lasse, gibt Loew recht. Allerdings spreche ja nichts dagegen, eine fünftägige Verbrauchermesse im Rahmen eines zehntägigen Festes unterzubringen. Und: "Die Gewerbeschau ist ohnehin ein Fremdkörper auf dem Festplatz." Der SPD-Mann schlägt vor, das Zelt besser vor dem Eingang zu platzieren.
Zeitler: Vereine einbinden
Nicht nur Loew wünscht sich, Vereine stärker in den Festablauf einzubinden. "Bürger-, Volks- und Frühlingsfest sollen wieder Vereinsfeste werden", fordert auch CSU-Fraktionsvorsitzender Benjamin Zeitler. "Wir müssen die Bürger mitnehmen." Zeitler plädiert für ein Volksfest, "das nicht nur ein paar Tage dauert, ein Fest, das Leute anzieht, ein Fest, von dem Bürger, Schausteller, Festwirt und Brauerei profitieren".
Eine Entscheidung, betont Zeitler, wolle er nun nicht übers Knie brechen: "Ich halte nichts von einer Mehrheitsentscheidung. Da sollten alle dahinterstehen." Er regt an, "die Anregungen mitzunehmen und alle Akteure zusammenzubringen, um die Faktenlage zu diskutieren". Die Verwaltung bittet Zeitler darum, eine offene Diskussion zuzulassen.
Runder Tisch
Der entsprechende Beschluss fällt einstimmig. Die Verwaltung will nun eine größere Gesprächsrunde vorbereiten. Als Teilnehmer sind neben den Rathausexperten unter anderem Vertreter der Fraktionen, Schausteller, Vereine und Brauerei sowie mögliche Festwirte vorgesehen. Die Zeit drängt nicht – Änderungen würden ohnehin erst 2024 wirksam. Das Volksfest 2023, vom 12. bis 16. September, soll auf jeden Fall nochmals nach gewohntem Muster ablaufen.
Mit einer ganz andere Variante lässt Oberbürgermeister ganz am Ende der Diskussion aufhorchen. "Der August wurde in Fachgesprächen äußerst kritisch gesehen", berichtet er. "Wie wäre es mit einer Verlegung auf Ende September?" Möglicherweise könnte dann der Feiertag 3. Oktober miteinbezogen werden. Wie Rechtsdezernentin Hammerl verrät, empfiehlt der Wirt des Frühlingsfestes, Christian Papert, eine Verschiebung in den Oktober.
So lange dauern Volksfeste in Bayern (Auswahl)
- 12. bis 29. Mai Regensburger Maidult, 18 Tage
- 26. Mai bis 4. Juni Pfingstdult Amberg, 10 Tage
- 26. Mai bis 4. Juni: Schwandorfer Pfingstvolksfest, 10 Tage
- 26. Mai bis 5. Juni Bayreuther Volksfest, 11 Tage
- 30. Juni bis 10. Juli Rodinger Volksfest, 11 Tage
- 30. und 31. Juli Volksfest Cham, 2 Tage
- 10. bis 15. August Volksfest Kelheim, 6 Tage
- 11. bis 21. August Gäubodenvolksfest Straubing, 11 Tage
- 25. August bis 10. September Regensburger Herbstdult, 17 Tage
- 31. August bis 4. September Gillamoos Abensberg, 5 Tage
- 1. bis 10 September Volksfest Beilngries, 10 Tage
- 14. bis 18. September Volksfest Weiden, 5 Tage
- 16. September bis 3. Oktober Oktoberfest München, 19 Tage
- 22. September bis 3. Oktober Herbstvolksfest Ingolstadt, 13 Tage
- 1. bis 16. Oktober Fürther, 16 Tage
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.