Weiden in der Oberpfalz
13.06.2019 - 15:35 Uhr

Leder-Kaufmann-Wirt warnt Stadt: Ohne Freisitz kein Restaurant

Ein Gastronom investiert Millionen in den Umbau des "Leder-Kaufmann". Ob er darin wirklich ein Restaurant eröffnet, ist längst nicht klar, sagt er. Ohne Außengastronomie rechne sich das nicht. Doch die Stadt spielt nicht mit.

„Wofür bist du? Unterschreibe für Gastronomiebestuhlung statt für Bauwägen.“ Mit dieser Fotomontage und diesem Slogan will der Gastronom per Onlinepetition die Stadt auf seine Seite ziehen. Grafik: exb
„Wofür bist du? Unterschreibe für Gastronomiebestuhlung statt für Bauwägen.“ Mit dieser Fotomontage und diesem Slogan will der Gastronom per Onlinepetition die Stadt auf seine Seite ziehen.

Wie berichtet, gesteht der Bauausschuss dem Wirt an seinem Eckhaus zwei Tisch- und Stuhlreihen am Oberen Markt zu, ähnlich wie beim Nachbarn, der Vinothek "Hänsel und Gretel". An der Schulgassenseite legt die Verwaltung dagegen ihr Veto ein.

Die Ablehnung stützt sich auf drei Punkte: Die Schulgasse ist die Hauptzufahrt für den Lieferverkehr des Marktes; Feuerwehr und Rettungsdienste brauchen Durchfahrtsbreiten und Aufstellflächen; vor der Michaelskirche hat die Stadt die einzigen Abstellflächen für Bauwagen und Geräte, wenn am Markt Arbeiten zu erledigen sind. In einer Stellungnahme gegenüber Oberpfalz-Medien nennt die Stadt dies "nicht weiter zu diskutierende Argumente".

Der Gastronom ist darüber maßlos enttäuscht: "In nur wenigen Minuten wurde im Bauausschuss über meine berufliche Zukunft und die meiner Mitarbeiter entschieden, als ginge es hier um die Anbringung eines Straßenschilds." Es gehe aber um zehn Vollzeitarbeitsplätze. "Die Stadt riskiert nun einen weiteren Leerstand." Zuvor hatte der 30-Jährige in einem 16-seitigen Schreiben ans Rathaus seine Argumente dargelegt, warum ein Freisitz in der Schulgasse möglich sein müsse. Weil er die nicht berücksichtigt sieht, baut er Druck auf.

Am Samstag will er eine Onlinepetition namens "Gastronomiebestuhlung für die Schulgasse 2 - Ja zu Altstadtflair und Tourismuswirtschaft" auf www.openpetition.de starten. Die soll über drei Monate laufen. Zudem will er ab sofort immer samstags an seinem Bauzaun einen Infostand zum Thema einrichten.

Vorbild "Rosteria"

Das klingt heftig nach Konfrontationskurs. Er sei aber durchaus kompromissbereit, sagt der Gastronom. Selbstverständlich würde er an Markttagen oder bei Großveranstaltungen in der Altstadt auf Bestuhlung verzichten. Er sei auch bereit, eine Stellplatzablöse zu zahlen. Notfalls akzeptiere er auch nur eine Stuhlreihe. Dann sei entlang der Michaelskirche bei einer Straßenbreite von 8,33 Meter immer noch genügend Platz zum Parken. Im Übrigen könnte man die Baucontainer doch auch weiter hinten auf dem Weiden-am-See-Platz platzieren.

"Eigentlich will ich aber eine Gleichbehandlung mit der Rosteria ein Stück weiter oben." Deren Freisitz sei bis zu 4,40 Meter von der Hauswand entfernt, so dass nur noch eine Reststraßenbreite von 3,65 Meter bleibe. Diesen Einwand lässt die Verwaltung nicht gelten. Die zuständigen Baubehörden hätten ihre Entscheidung sorgfältig abgewogen. "Jeder Antrag wird im Einzelfall geprüft." Somit sei "das Hinzuziehen von Vergleichsfällen nicht möglich". Die Stadt verweist darauf, dass sie im Vorfeld Bauherren kostenlose Beratungen anbietet. Ein förmlicher Antrag des Gastronomen auf Sondernutzungserlaubnis liege ihr aber bis heute nicht vor. "Generell können dabei wirtschaftliche Interessen Einzelner (...) nach dem bayerischen Straßen- und Wegegesetz nicht über das Allgemeinwohl gestellt werden." Der Gastronom bringe Themen und Argumente nicht in den richtigen Zusammenhang.

Container statt Historie

Auch in Sachen Denkmalschutz und Altstadtkulisse knirscht es. Der Gastronom tauscht für rund 50 000 Euro die Fenster nach historischem Vorbild aus. "Wie rechtfertigt die Verwaltung solche Investitionen, wenn sie darauf beharrt, vor den Nachbildungen dieser Fenster Toiletten und Container abzustellen?" Dabei stelle sich auch die Frage, welchen Sinn es habe, den Platz der Michaelskirche neu zu pflastern, wenn er durch die Wagen abgewertet werde. "Upper-Class-Gastronomiebestuhlung" mit italienischen Designerstühlen gegenüber der Kirche gäbe dagegen ein einladendes Bild ab.

Der Gastronom und seine Verlobte Sophie Herzer stoßen auch in ihrem Haus auf hohe Hürden. Sie wohnen im zweiten Stock über dem Lokal. Das Dachgeschoss haben sie für Kinderzimmer vorgesehen. Der Brandschutz verlangt dafür ein Dachflächenfenster. Der Denkmalschutz sagt nein: das Fenster entwerte die "Postkartenansicht der Michaelskirche".

Weiden in der Oberpfalz10.06.2019

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