Jeder von uns weiß, was ein Klavier ist. Doch von einem Harmonium oder einer Celesta haben die meisten von uns noch nichts gehört. Lars David Kellner beherrscht diese beiden Instrumente – wie kein anderer? Nicht ganz. Seine großen Vorbilder sind Max Reger und Franz Liszt. Beide in der klassischen Musik bekannte Größen. "Eines Tages bin ich bei einem Klavier-Spätwerk von Franz Liszt hängengeblieben", erzählt der 50-Jährige im Podcast "Kulturkiosk". "Liszt notierte auf seinem Blatt, dass das Stück auch auf dem Harmonium gespielt werden kann. Ich wurde neugierig, und nach meinem ersten Tastenschlag wollte ich unbedingt weitermachen."
Kellners Leidenschaft sind Tasteninstrumente. Die Begeisterung für Musik liegt in der Familie. "Wir hatten ein Klavier, eine Klarinette, eine Geige sowie ein Akkordeon zu Hause. Es war nur eine Frage der Zeit, wann der kleine Lars zu einem Instrument greift", erzählt er. "Meine Eltern sind auch ausgebildete Sänger. Meine Stärke ist aber definitiv nicht meine Stimme." Die Orgel war Kellners erstes Instrument. Nach einem Wettbewerb landete er beim Klavier. Später studierte der gebürtige Weidener an der Musikhochschule in München. "In den vergangenen Jahren ist das Harmonium meine große Liebe geworden", sagt er. "Einfach ist es aber nicht. Ein Harmonium ist relativ niedrig, weil die Menschen früher kleiner waren", erzählt der Musiker. "Meine Knie stoßen deshalb immer unten an der Klaviatur an. Um blaue Flecken zu vermeiden, benutze ich Ballettschuhe als Knieschoner."
Fan der Romantik
Mittlerweile besitzt Kellner mehrere Harmonien. "Die sind in Bayern in gut klingenden Räumen verteilt", sagt er. "Und natürlich steht auch eins im Wohnzimmer – mit einer Celesta, einem Tastenglockenspiel, einem Klavier und einem Konzert-Cembalo. Von meinem Sofa musste bereits eine Ecke weichen." Neben Liszt und Reger beschäftigt sich Kellner aber auch mit slawischer Musik. Er ist Fan der romantischen Epoche und kann die Balladen von Chopin in- und auswendig. Mit Beethoven und Mozart kann er allerdings nichts anfangen.
Kontakt nach Japan
Für seine Interpretation der Liszt-Werke hat er mehrere Jahre gebraucht, um sie aufzunehmen. Das fünfte Album erscheint im Herbst. "Ich nehme nachts in einer Kirche auf. Es muss windstill sein und darf nicht regnen. Meistens brauche ich mehrere Anläufe", erzählt er. "Bevor die Vögel anfangen zu zwitschern, muss alles im Kasten sein." Sein nächstes großes Projekt ist ein Werk für eine Celesta. "Ein Komponist aus Japan hat für mich etwas geschrieben. 1300 Seiten, die mich die nächsten Monate in Beschlag nehmen werden", sagt Kellner. "Es gibt nur Noten, keine Angaben zu Lautstärke oder Ähnliches. Ich habe sehr viel Interpretationsmöglichkeiten."
Darüber hinaus gibt Kellner deutschlandweit Konzerte, unter anderem mit "TastenReich" – einem Ensemble, das auf der Bühne zwischen den Musikstücken auch etwas über die Künstler erzählt. "Die Kombination aus Wort und Musik kommt beim Publikum gut an. Wir zitieren aus den Tagebüchern der Komponisten, berichten aus ihrem Leben und zwischendrin gibt es musikalische Kostproben", sagt er. "Gute Harmonium- oder Celesta-Konzerte gibt es noch zu selten. Wir wollen unseren Zuhörern diese einzigartigen Instrumente näherbringen. Es wäre eine Schande, wenn diese Klänge verborgen bleiben."
Zur Person: Lars David Kellner
- Steckbrief: geboren 1973 in Weiden; mehrfach diplomierter Pianist der Musikhochschule München
- Instrumente: Klavier, Orgel, Harmonium, Celesta
- Lieblingskomponisten: Franz Liszt, Max Reger
- Konzerte: Orgelsommer mit "TastenReich" am 28. Juni 2023 um 20.15 Uhr in der Auferstehungskirche in Überlingen; "TastenReich"-Konzert mit Harmonium am 23. Juli 2023 in Schillingsfürst; Europäisches Harmonium-Festival am 30. September 2023 um 19.30 Uhr in der Burg Brüggen
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