Wenn Andreas Faltlhauser, Facharzt für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin, über seine Arbeit spricht, redet er von „hochkomplexen Herausforderungen“. Der Mediziner der transplantationsbeauftragte Arzt an der Kliniken Nordoberpfalz AG. Er ist Experte im Bereich Organspende und weiß um die Bedenken der Angehörigen, rechtlichen Regelungen und Möglichkeiten dieses medizinischen Verfahrens. Vor jeder Organentnahme muss der Hirntod des Patienten oder auch „irreversibler Ausfall der Gehirnfunktion“ nachgewiesen werden. Unter Hirntod versteht man, dass das Gehirn dauerhaft und unwiederbringlich von der Blutzufuhr des Körpers angeschnitten ist. Meist tritt er durch Blutungen oder Traumata ein. „Das gilt es zu beweisen. Und dafür wollen und müssen wir uns zu100 Prozent sicher sein“, betont Faltlhauser. Das Transplantationsgesetz schreibt klar vor: Der Patient muss von zwei unabhängigen Ärzten auf Hirntod untersucht werden, wovon einer Neurologe sein muss. „Zusätzlich zur objektiven klinischen Untersuchung machen wir eine Bildgebung des Gehirns – durch CT, EEG, Ultraschall oder einer Gefäßdarstellung. Wir stellen so fest, dass es definitiv keine Gehirndurchblutung mehr gibt.“
Zwischen der Krankheit oder dem Unfall des möglichen Organspenders und der Feststellung des Hirntods liegen oftmals weniger als zwei Tage. Viele von ihnen besitzen keinen Spenderausweis, wodurch die Angehörigen über eine Entnahme entscheiden müssen. „Das überfordert viele“, weiß der Transplantationsbeauftragte. „Der Tod wird dabei oft nicht verstanden. Der Angehörige liegt im Bett, die Wangen sind rosig, die Niere produziert Urin, doch das Gehirn ist tot.“ Bei den Angehörigen ist Faltlhauser und seinem Team eines besonders wichtig: „Wir wollen, dass sie eine stabile und klare Entscheidung treffen. Im besten Fall wird das gemacht, was der Verstorbene zu Lebzeiten gewollt hätte. Und das, womit die Familien gut leben können. Alles andere könnte die Betroffenen für Jahre belasten.“ Geschultes Fachpersonal klärt die Angehörigen „mit viel Würde und Fingerspitzengefühl“ auf und unterstützt sie bei der Entscheidungsfindung. „Wir können auch unser klinisches Ethikkomitee beratend zuziehen.“
Suche nach bestmöglichem Empfänger
Willigen die Angehörigen in eine Explantation ein und sprechen keine medizinischen Gründe gegen eine Spende, informieren die Ärzte die Deutsche Stiftung Organtransplantation. Diese schickt einen speziell ausgebildeten Koordinator in das entsprechende Krankenhaus. „In der Zwischenzeit untersuchen wir die Organe, entnehmen Blut- und Gewebeproben und stellen so sicher, dass es keine übertragungsrisiken gibt.“ "Die Koordinatoren der DSO" senden die Laborwerte mit weiteren Angaben zum Spender an die Vermittlungsstelle Eurotransplant in Holland. „Dort werden anonym die bestmöglichen Empfänger ausgewählt“, erklärt Faltlhauser. Das alles passiert innerhalb kürzester Zeit. „Zwischen der Meldung und der Allokation, also der Feststellung, welcher Patient ein Organ erhält, dauert das meist nur wenige Stunden.“ Wenige Stunden voll hochkomplexer Herausforderungen, wie der Mediziner weiß. „Nicht nur menschlich und moralisch, sondern auch medizinisch und logistisch.“ In vielen Fällen macht sich ein Ärzteteam der Empfängerklinik auf den Weg, „in unserem Fall nach Weiden“, um das entnommene Organ zu begutachten und um zu beurteilen, ob es auch wirklich den anatomischen Voraussetzungen des Empfängers entspricht. „über viele Jahre haben sich sehr gute Strukturen entwickelt, wie Spenderorgane schnell und effektiv zu dem Patienten kommen – unter anderem per Linienflug, Hubschrauber, ICE oder bei kürzeren Strecken auch mit dem Krankenwagen.“
Spende keine Frage des Alters
Die Empfänger sind bereits auf die Operation vorbereitet, wenn die Organe in der Klinik ankommen. Mit der übergabe der Spenderorgane endet auch die Aufgabe der DSO. Doch wer kommt als Spender infrage? „Weder Geschlecht noch Alter sind ausschlaggebend. Der älteste Spender in Deutschland war über 90, der jüngste nur wenige Tage. Anatomisch kann es aber schwierig werden, wenn ein schmächtiges Kind beispielsweise das Herz eines großen Bodybuilders erhalten soll.“ Auch Blutgruppe und zahlreiche andere medizinische Merkmale müssen übereinstimmen. Wie hoch die Lebenserwartung eines Menschen mit Spenderorgan ist, ist nicht zu sagen. „Die Bandbreite ist riesengroß. Es gibt Menschen, die leben 30 Jahre mit einem Spenderherz und es gibt andere, deren Körper das Organ nach wenigen Tagen abstößt. Lebt man gesund und behandelt seinen Körper gut, ist das auf jeden Fall ein Vorteil.“ Das Klinikum Weiden führt pro Jahr drei bis sieben Multiorganentnahmen durch. „2019 hatten wir fünf Spender“, sagt der Arzt Andreas Faltlhauser.
Klares Statement für Organspende
Fachliche Expertise, medizinische Erfolge, effektive Aufklärungsarbeit: Die Kliniken Nordoberpfalz AG widmet sich dem Thema Organspende seit einigen Jahren intensiv und erarbeitete sich damit einen Platz in der bayern- und bundesweiten Spitzengruppe. Unter der Leitung von Andreas Faltlhauser, dem transplantationsbeauftragten Arzt der Kliniken Nordoberpfalz AG, entwickelten die Mediziner neue innovative Strukturen, um den fachlichen wie emotionalen Anforderungen einer Organspende gerecht zu werden. Der „Qualitätszirkel Organspende“ koordiniert und überwacht alle Maßnahmen in diesem speziellen medizinischen Fachbereich. Neben der medizinischen Expertise stehen den betroffenen Angehörigen geistlicher Beistand und psychologische Unterstützung zur Seite, um eine für die bestmögliche Entscheidung treffen zu können. Da Organspende für viele Bürger auch heute noch ein Tabuthema ist – nicht zuletzt wegen des bundesweiten Organspendeskandals 2012, setzt die Kliniken Nordoberpfalz AG auf umfassende Aufklärungsarbeit. Mit vielen Informationsveranstaltungen wollen die Verantwortlichen die Menschen in der Region für dieses Thema sensibilisieren und ihnen die Angst nehmen. Durch all die Maßnahmen sei es den Spezialisten gelungen, die Zahlen der Organspenden am Klinikum zunächst zu steigern und nun seit einigen Jahren stabil zu halten.
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