Weiden in der Oberpfalz
07.09.2019 - 13:31 Uhr

Pilzberater Norbert Griesbacher: "Das war eine richtige Sensation"

Seit 40 Jahren ist Norbert Griesbacher ehrenamtlicher Pilzberater der Stadt Weiden. Zum Jubiläum blickt der 78-Jährige auf einen Sensationsfund zurück, erinnert sich an einen heiklen Fall und gibt Tipps zur Vorbeugung einer Pilzvergiftung.

Norbert Griesbacher feiert Jubiläum: Der 78-jährige Weidener ist seit 40 Jahren ehrenamtlicher Pilzberater der Stadt. Er engagiert sich außerdem als Pilzsachverständiger in der Deutschen Gesellschaft für Mykologie. Bild: Griesbacher
Norbert Griesbacher feiert Jubiläum: Der 78-jährige Weidener ist seit 40 Jahren ehrenamtlicher Pilzberater der Stadt. Er engagiert sich außerdem als Pilzsachverständiger in der Deutschen Gesellschaft für Mykologie.

Norbert Griesbacher erinnert sich im Interview an einen Sensationsfund, einen besonders heiklen Fall und verrät, wie lange er noch als Pilzberater tätig sein möchte.

ONETZ: Wenn Sie vier Jahrzehnte als Pilzberater in wenigen Sätzen zusammenfassen müssten, was würden Sie sagen?

Norbert Griesbacher: Dass ich froh bin, dass in diesen 40 Jahren nichts passiert ist und mich die Staatsanwaltschaft nicht wegen fahrlässiger Körperverletzung oder sogar Tötung belangen musste. Da kann ich nur drei Mal auf Holz klopfen.

ONETZ: Welcher Schwammerlfund ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Norbert Griesbacher: Das war der Fund eines Kartäuser-Schwarztrüffels im Jahr 2000 in Altenstadt bei Vohenstrauß. Das war eine richtige Sensation. Ich hatte einen solchen Pilz zuvor noch nie gesehen. Ich habe ihn untersucht und zur Bestätigung an mehrere Experten, darunter ein Trüffelexperte in Frankreich, geschickt. Dieser bestätigte meine Vermutung. Es war der erste nachgewiesene Fund eines Kartäuser-Schwarztrüffels in Bayern. Er konnte geschmacklich mit den teuren französischen und italienischen Edeltrüffeln mithalten. Er wurde danach nie wieder gefunden. Aber es fehlt auch die Sensibilisierung. Die meisten würden den unscheinbaren Pilz wohl nicht als Trüffel registrieren. Es werden zwar immer wieder trüffelähnliche Pilze gefunden, aber die sind als Speisepilz minderwertig. Die Leute kommen damit zu mir, und ich muss sie dann enttäuschen.

ONETZ: Vor 15 Jahren haben Sie ein "Kopfgeld" auf Satansröhrlinge ausgesetzt. Was steckte dahinter?

Norbert Griesbacher: Viele Schwammerlsucher haben Angst vor Satansröhrlingen. Sie verwechseln oftmals unsere heimischen Flocken- oder Netzstieligen Hexenröhrling sowie Schönfußröhrlinge (letzterer bitter und giftig) mit den giftigen Satansröhrlingen. Aber in der nördlichen Oberpfalz gibt es die nicht. Im Jura, zum Beispiel in Pottenstein, ist das anders. Der Pilz braucht Kalkböden. Die Böden in der nördlichen Oberpfalz sind dagegen sauer. Deshalb hatte ich jedem zehn Euro geboten, der mir einen oder mehrere Satansröhrlinge bringt. Das Angebot gilt übrigens heute noch.

ONETZ: Erinnern Sie sich an einen besonders heiklen Fall als Pilzberater?

Norbert Griesbacher: Ja, ich hatte einmal einen Anruf vom Krankenhaus Eschenbach. Ich schätze, das ist rund 15 Jahre her. Ich bin damals mit meinem Mikroskop und der dazugehörigen Technik dorthin gefahren. Dort lag ein Mann, der versucht hatte, sich durch das Essen eines Salates mit Pilzen umzubringen. Von dem Salat war auch etwas da, allerdings ohne Pilze. Ich weiß noch, wie ich Teile davon unters Mikroskop legte. Direkt neben mir stand ein Polizist in Uniform, der mit Spannung auf das Ergebnis meiner mikroskopischen Sporenprüfung wartete. Er wollte wissen, ob Gefahr im Verzug ist, denn dann hätte man dem Mann den Magen auspumpen dürfen. Unter dem Mikroskop habe ich Täublings-Sporen erkannt, harmlos oder schlechtestenfalls nur kurzfristig auf den Magen-Darm-Trakt wirkend. Es gab keinen medizinischen Grund für eine zwangsweise Magenspülung.

ONETZ: Gab es weitere besondere Fälle?

Norbert Griesbacher: Im Amberger Krankenhaus lag einmal ein Lkw-Fahrer, der Pilze gesammelt, gegessen und sich dann erbrochen hatte. Ich habe von dem Erbrochenen eine Probe bekommen. Ich habe ein Mischmasch von Sporen gefunden und konnte Entwarnung geben. Dann habe ich erfahren, dass er zwei Fläschchen Wodka getrunken hatte. Vermutlich war es ihm daher so schlecht gegangen. Im Übrigen: Manche Pilze enthalten einen Stoff, der das Enzym für den Alkoholabbau hemmt und eine Vergiftung auslöst. Rötung von Gesicht, Hals, Nacken, Brust, metallischer Geschmack, ein Kribbeln in Armen und Beinen... die Leute haben dann Panik, in zwei Stunden nicht mehr zu leben.

ONETZ: Haben Sie durch Ihre Beratung schon Leben gerettet?

Norbert Griesbacher: Mir sind öfter giftige Pilze gebracht worden, aber die wären nicht tödlich gewesen. Schäden durch Giftpilze, wie stundenlange Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, habe ich sicherlich schon vermieden. Viele raffen mehrere Körbe oder Säcke mit verschiedenen Arten zusammen und legen sie mir vor, nach dem Motto ,Der Pilzberater wird’s schon richten’. Ein Pilzberater sollte aber keine Sortierstelle für solche Mengen sein. Man sollte schon mit einem fundierten Buch in den Wald gehen und überlegen, ob der Pilz als Speisepilz infrage kommt. Ich überlege mir drei Mal, ob ich einen Pilz zum Essen freigebe. Wenn jemand sagt, in einem Korb sind nur Steinpilze, muss ich trotzdem bei allen Pilzen im Korb prüfen, ob sie essbar sind. Für Zweifelsfälle bin ich natürlich zuständig. Aber wenn jemand einfach alles sammelt in der Hoffnung, dass schon irgendwas hängen bleibt, dann ist das nicht so gedacht.

ONETZ: Wie oft werden Sie in der Schwammerlsaison von Hilfesuchenden angerufen?

Norbert Griesbacher: Ich schätze täglich zwei bis drei Mal. Das hängt stark von der Witterung und dem Wachstum der Pilze ab.

Tipps von Norbert Griesbacher: So klappt's mit der Schwammerlsuche

ONETZ: Und wie lange wollen Sie noch als Pilzberater der Stadt Weiden weitermachen?

Norbert Griesbacher: So lange es meine geistigen Kräfte noch zulassen. Ich habe auch nach 40 Jahren und ohne Aufwandsentschädigung noch Freude daran.

Info:

Tipps von Norbert Griesbacher: Pilzvergiftungen vorbeugen

Pilzberater Norbert Griesbacher empfiehlt, folgende Vorkehrungen beim Sammeln von Pilzen zu treffen, um Vergiftungen vorzubeugen:

  • Aktuelles Buch zur Pilzbestimmung mitnehmen: "Alte Pilzbücher aus den 60er- und 70er-Jahren können Sie heute vergessen. Was damals alles als essbar bezeichnet wurde... Es macht keinen Sinn, sich in Sachen Essbarkeit heute darauf zu verlassen."
  • Nur Pilze mitnehmen, die man kennt: "Man sollte nicht nach dem Motto vorgehen: ,Die Giftigsten kenne ich, alles andere ist essbar. Stattdessen sollte man nur die Pilze essen, die man kennt."'"
  • Die Dosis macht’s: „Schon Paracelsus sagte: Es kommt auf die Dosis an. Wenn ich heute eine große Menge Steinpilze esse und die Tage danach auch, kann es sein, dass sich eine schwere Krankheit entwickelt, die die Skelettmuskulatur angreift. Man sollte daher nicht täglich Pilze essen. Im Übrigen: Jeder Pilz ist roh mehr oder weniger giftig. Also die Schwammerln stets gut erhitzen (kochen, dünsten, braten).“
  • Im Zweifel stehe ich jederzeit kostenlos als Pilzberater zur Verfügung.

Norbert Griesbacher ist telefonisch zu erreichen unter 0961/31409.

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