„Vergangenen Montagvormittag wurde ich Zeuge eines traurigen Vorfalls, der sich dieser Tage leider sehr häufig ereignet. Skandalös ist aber nicht der Vorfall selbst, sondern die Reaktion des Verursachers“, schreibt Leserin Nuria Schiller in einem Brief an Oberpfalz-Medien 2017. Abgeschickt hat sie ihn nicht. Anzeige gegen den Landwirt erstattete sie trotzdem. „Wir haben gesagt, wir halten die Öffentlichkeit da raus, wenn sich etwas ändert.“ Viel ist aber nicht passiert.
Denn ein erneuter Zwischenfall schürt nun neue Wut bei den Anwohnern Nuria und Otto Schiller. Sie beobachteten vergangene Woche wieder Mäharbeiten auf einer von ihren Haus einsehbaren Wiese. „Am Tag darauf sahen wir ein Bussardpärchen über die Wiese fliegen. Ich dachte erst, einer hat ein Kaninchen in den Fängen“, sagt Schiller. „Dann aber fand ich wieder zwei tote Rehkitze.“
Kitze sollen "nicht lange leiden"
Die Kitze lagen bei einem Strommasten in der Mitte der Wiese eines Weidener Ortsteils. Ob sie sofort tot waren oder erst über Nacht starben, konnte Schiller nicht feststellen. „Ich weiß, dass es oft passiert, dass Kitze beim Mähen verletzt werden. Ich will nur nicht, dass sie lange leiden müssen. Dass muss einfach nicht sein.“
„Dem Tierschutzgesetz nach gilt es, leidende Tiere schnellstmöglich zu erlösen“, bestätigt auch die Polizei. Das Verfahren gegen den Bauern wurde nach Angaben der Weidener Staatsanwaltschaft im Februar 2018 abgeschlossen. Eine Verurteilung sei damals nicht in Betracht gekommen.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Landwirt mit Absicht ein verletztes Tier liegen lässt. Es ist ja in dessen Eigeninteresse, die Tiere zu vertreiben“, erklärt der Fachberater des Bayerischen Bauernverbandes in Weiden, Klaus Gieler. „Ein Tier, das auf dem Feld verendet, kann später in der Silage landen und wird quasi mumifiziert. Das kann bei der Fütterung von Nutztieren zu schweren bis tödlichen Vergiftungen führen.“
Glanzpapier hält Rehe fern
Also gelte es, Rehe vor den Mäharbeiten fern zu halten. Besagter Bauer ist da laut Schillers aktiv geworden. „Er hat auf der Wiese unterhalb unseres Hauses Holzpfosten und Bänder aus glänzendem Papier angebracht. Gegenüber war es aber nur noch ein Holzstab und auf den Wiesen, die zum Wald hinreichen war nichts zu sehen. Wir fühlen uns veräppelt“, sagt Nuria Schiller.
Otto Schiller hofft, dass bei kommenden Mäharbeiten vorsichtiger und rücksichtsvoller gehandelt wird. „Wir wollen niemanden anklagen, sondern nur die Leute aufmerksam machen, dass sie ein bisschen Mitschauen, ob sie verletzte Tiere in der Nähe eines Feldes sehen.“ Schillers Frau bietet gar ihre Hilfe an: „Wenn ich wüsste, wann genau gemäht wird, würde ich auch mit meinem Hund zuvor die Felder abgehen.“
Verletzte Rehkitze keine Seltenheit
„Jährlich werden tausende Rehkitze bei Mäharbeiten verletzt. Das lässt sich natürlich nicht immer vermeiden’“, sagt der Fachberater des Bayerischen Bauernverbandes in Weiden, Klaus Gieler. Die Rehkitze verstecken sich in den hohen Wiesen zum Schutz vor natürlichen Feinden. „Es ist nahezu unmöglich, die Kitze während der Mahd von der Mähmaschine aus zu erkennen. Aber natürlich kann man vorher Vorsichtsmaßnahmen treffen“, sagt Gieler. „Es reichen schon einfache Fremdkörper in der Wiese am Tag vor dem Mähen. Dann bringen abends die Rehkühe ihre Kinder aus dem Feld.“ Er bastle diese Fremdkörper manchmal selbst. „Ein Besenstiel mit einer Plastiktüte, die schön raschelt: Das sind Kleinigkeiten, die jeder machen kann.“
Trotzdem kann es zu Unfällen kommen. „Dann sollte man das Wildtier schnellstmöglich von seinem Leiden erlösen. Das gilt übrigens auch für Wildunfälle mit dem Auto. Am besten ist es, direkt den zuständigen Revierpächter zu benachrichtigen oder die Polizei.“ Auch könne man dem Jäger vorab Bescheid geben, damit dieser das Feld am Vortag abgeht. Zudem bestehe die Möglichkeit, von Innen nach Außen zu mähen, um die Fluchtmöglichkeiten der Tiere zu erhöhen.
Nach Angaben des Bauernverbandes haben Landwirte die Möglichkeit, Geräte zur Jungtierrettung vergünstigt anzuschaffen. Das mache eine erneute Förderzusage durch das Landwirtschaftsministerium möglich. Mit dem Geld könne der Bauernverband rund 800 Geräte erwerben. Landwirte erhalten für die Anschaffung optisch-akustischer Jungwildretter 86 Prozent der Gerätekosten als Zuschuss. Die Mittel werden nach der zeitlichen Reihenfolge der Antragsteller vergeben.
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