Mit überkreuzten Armen und unruhigem Blick sitzt der Angeklagte im Sitzungssaal 110 des Weidener Gerichtsgebäudes. Am 26. Oktober 2017 soll der 38-Jährige aus dem östlichen Teil des Landkreises einen Mann mit einer abgebrochenen Bierflasche am Hals verletzt haben. Die erste Gerichtsverhandlung vom 29. Oktober diesen Jahres hatte Richter Hubert Windisch vertagt, weil sich Zeugen nicht erinnerten. Nun lud Rechtsanwalt Christoph Scharf zwei weitere Zeugen, die seinen Mandaten entlasten sollen.
Von der Geschichte gibt es zwei Versionen. Laut Anklage seien vor dem Getränkemarkt eines Weidener Lebensmittel-Discounters ein gutes Dutzend Personen zusammengestanden und hätten erhebliche Mengen Alkohol konsumiert. Der Angeklagte habe mehrere Leute beleidigt und von einem Mann eine Ohrfeige erhalten. Daraufhin habe sich dieser mit einem anderen Mann entfernt. Der Angeklagte habe die beiden Weidener mit einer abgebrochenen Bierflasche verfolgt, die er hinter seinem Rücken verborgen habe. Es sei zu einem Handgemenge gekommen, wobei der Angeklagte dem Geschädigten die Schnittwunde zugefügt habe.
Der Angeklagte widerspricht. Die beiden Männer hätten ihn mehrfach getreten und geschlagen. Er habe fliehen wollen und habe, als man ihn das vierte Mal niederschlagen wollte, die Flasche zu fassen bekommen. In einer Abwehrbewegung habe er den Kontrahenten verletzt. Diese Version bestätigt zunächst eine 35-jährige Zeugin. Als Richter Windisch nachfragt, stellt sich jedoch heraus, dass sie bei dem Vorfall gar nicht dabei war. Der Angeklagte habe ihr im Nachhinein davon erzählt, sagt sie. Ihre Kenntnisse endeten an der Stelle, als die beiden Männer auf den Angeklagten losgingen. Das Klinikum hatte bei dem 38-Jährigen keine Hämatome festgestellt, sondern nur leichte Prellungen an Knie und Ellbogen. Ein Bluttest zeigte 1,88 Promille Alkohol sowie Marihuana-Konsum.
Und der zweite Entlastungszeuge? Kam erst gar nicht. Verteidiger Scharf meinte, es sei "verdächtig", dass sich die Zeugen in den Verhandlungen nicht erinnerten oder gar nicht erscheinen – vieles deute darauf hin, dass sie bedroht und eingeschüchtert werden.
Dafür spreche ein weiterer Vorfall, der sich im Sommer 2019 zwischen Angeklagtem, Geschädigtem und einem weiteren Mann im Stadtbad ereignet haben soll. Als sie sich dort begegneten, sei der Geschädigte auf den Angeklagten losgegangen und habe ihn angeschrien. Der andere Mann habe gedroht: "Wenn mein Bruder rauskommt, bist du sowieso tot." Dies habe ein "glaubhaft" wirkender 50-Jähriger bestätigt. Windisch verschob die Verhandlung auf Freitag, 29. November, um 9 Uhr. Der Zeuge sei "polizeilich vorzuführen".
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.