Visualisierung per Holodeck: Mittendrin in der digitalen Maschine

Weiherhammer
30.06.2021 - 00:05 Uhr
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Im Büro einen Plan entwerfen, einen Prototyp in der Werkhalle nebenan ausprobieren und später die Bediener der Maschine direkt vor Ort am Gerät schulen? Die „LUCE Stiftung“ in Weiherhammer zeigt, wie all das künftig digital geht.

Für den virtuellen Raum ist jede Szenerie möglich. So wie hier während des Sonnenaufgangs ein Parkdeck in Los Angeles, auf dem an einer Maschine gearbeitet wird.

Wenn früher Planer über tischgroßen Papierplots brüteten, derzeit noch Entwürfe am PC zeichnen, könnten sie sich schon sehr bald in einem virtuellen, dreidimensionalen Raum treffen – rund um die Uhr und von jedem Ort der Welt aus. Derartige Vorstellungen sind längst Realität – im „Future Lab“ der „Lars und Christian Engel Stiftung“ („LUCE Stiftung“) in Weiherhammer (Kreis Neustadt/WN). Auf 425 Quadratmetern bietet es Platz für die Erforschung, Erprobung und Entwicklung von Produkten und Bildungsprozessen in virtueller Realität. Im Mittelpunkt steht eine holografische Umgebungssimulation, die sowohl Forschungs- als auch Bildungszwecken dient und deren Einsatz sich vor allem an praktischen Aufgaben orientieren soll. „Uns ist es ein Anliegen, dass Forschung nicht im Elfenbeinturm geschieht, sondern für die Region“, sagt Professor Erich Bauer, Vorstandsvorsitzender der „LUCE Stiftung“. Vor diesem Hintergrund sind auch die Einrichtung eines Kompetenzzentrums Künstliche Intelligenz sowie der Aufbau einer KI-Plattform für Forschung, Entwicklung sowie Wissens- und Technologietransfer in Kooperation mit der OTH Amberg-Weiden zu sehen.

Dabei spielt das „Holodeck“ eine wichtige Rolle, sowohl in der Forschung und Entwicklung als auch in Lehre und Ausbildung, schafft es doch virtuelle, dreidimensionale Räume. Ein Kameragerüst in der Halle des Gebäudes „Edmund“ im „Science Park C4“ vermisst die Positionen von bis zu acht Menschen und erkennt auch Bewegungen exakt. Ausgestattet mit VR-Brillen und Rechnerrucksäcken, können sich Teilnehmer im Erfassungsbereich des Gerüstes bewegen und mit anderen interagieren – selbst wenn diese nicht physisch im Raum sind. Unter Einsatz mobiler Systeme können sich Teilnehmer von nahezu jedem Ort der Welt einwählen.

Digitaler Zwilling

So ist es nicht nur möglich, Menschen im virtuellen Raum an virtuellen Maschinen auszubilden, sondern auch diese Gegenstände zu analysieren und zu entwickeln. Auf Basis von CAD-Daten werden zum Beispiel digitale Zwillinge (Digital Twins) von Fertigungsanlagen oder -maschinen dargestellt (Bild). Per Bedienpult lassen sich Prozesseigenschaften verändern, optimieren und gleich testen. Mit teilsimulierten Fertigungseinheiten können neu entwickelte Maschinenteile virtuell hergestellt werden. So werden Auswirkungen von Änderungen direkt in der Simulation ersichtlich. Fehler und Probleme lassen sich so schon vor der Inbetriebnahme von Maschinen beziehungsweise der Fertigung erkennen und beheben. Das spart Geld und Zeit. Zum Einsatz kommen im „Future Lab“ aktuellste Software- und Hardware-Ausstattung. Gleichzeitig soll das Raumkonzept aber auch Platz für Kreativität, Ideen und auch externe Veranstaltungen bieten.

Überblick im Datensalat

Weil Menschen nicht in der Lage sind, die riesigen Datenmengen zu beobachten und zu kontrollieren, die moderne Produktionsanlagen sekündlich aus Sensorik und anderen Quellen abwerfen (Big Data), werden computerbasierte Programme benötigt. Nur sie können diesen „Ozean an Daten“ kontrollieren. Künstliche Intelligenz in Form von maschinellem Lernen sorgt dafür, dass sich Prozesse kontinuierlich verbessern und effizienter werden, ohne dass Menschen groß eingreifen müssen. Solche KI-basierten Werkzeuge können Entwickler aus der ganzen Welt mit Hilfe der VR-Technik des „Future Lab“ virtuell testen.

Bildung und Ausbildung

All diese Szenarien sind eng verbunden mit dem Thema Bildung und Ausbildung: Moderne KI-Systeme müssen zuerst entwickelt, die daraus entwickelten Produkte bedient werden. Als Beispiel können dafür die Wellpappanlagen der benachbarten „BHS Corrugated“ dienen. Besonders große Produktionsanlagen wie diese werden direkt beim Kunden vor Ort aufgestellt und in Betrieb genommen. Ebenfalls dort erfolgt die Ausbildung der Mitarbeiter. Allerdings können nicht alle Schulungsszenarien direkt an der Maschine dargestellt werden, etwa wenn dies im Extremfall mit Schäden verbunden wäre. Hier kommt das „Holodeck“ ins Spiel. In ihm lassen sich gewisse Szenarien darstellen, die Mitarbeiter während ihrer Ausbildung durchlaufen und lösen sollen. Künstliche Intelligenz eröffnet die Möglichkeit, diese Szenarien für jeden Schulungsvorgang jedes Mal unterschiedlich aufzubauen. So viel Innovation belohnt übrigens auch der Staat. Bayern unterstützt den Aufbau der Kooperation und des „Future Lab“ mit Zuschüssen in Millionen-Höhe.

Anmeldung zur Online-Eröffnung

Weiherhammer22.10.2019
Hintergrund:

Online-Eröffnung am 1. Juli, 13 Uhr

Sobald die „Denkwelt“ in Halmesricht bei Weiden fertig ist, soll das „Future Lab“ inhaltlich dorthin umziehen. Derzeit ist es im „Science Park C4“ im Gebäude „Edmund“ untergebracht, das am 1. Juli um 13 Uhr mit einem öffentlichen Live-Online-Event eröffnet wird. Passend zur digitalen Ausrichtung des „Future Lab“ steht während der zweieinhalbstündigen Veranstaltung auch ein Rundgang durch das „Future Lab“ auf dem Programm. Bei der anschließenden Talkshow reden Professor Dr. Erich Bauer, Christian Engel, Lars Engel, MdL Dr. Stephan Oetzinger sowie „Future Lab“-Projektleiter Florian Waldeck über „Bildungsmöglichkeiten und Bildungsmethodiken der Zukunft”.

 
 

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