Nach dem Tod von Anna und Maria Härtl endete vor 30 Jahren die Ära der „Geschwister Härtl oHG“ in Wiesau. Der Lebensmittelladen wurde für immer geschlossen. Die Bemühungen des Stiftländer Heimatvereins, das historische Anwesen zu kaufen, um es zu sanieren und dort später einzuziehen, scheiterten.
Vor einigen Jahren wurde das mehr und mehr dem Verfall preisgegebene Anwesen vom Markt Wiesau erworben. Zum Jahreswechsel 2021/2022 wurde es leergeräumt und vom Sparnecker Abbruchunternehmen Carmen Fickenscher abgerissen. Das vorhandene Asbestfasermaterial entsorgte die Fachfirma Adelhardt aus dem oberfränkischen Ahorntal. Einer Privatinitiative, den Markträten, Bürgermeister Toni Dutz, der Verwaltung im Rathaus und einem hohen Zuschuss des Freistaates Bayern ist es zu verdanken, dass aus dem freigewordenen Areal nicht etwa ein Parkplatz wurde. Verwirklicht wurde an der Stelle, wo einst auch noch nach Ladenschluss eingekauft werden konnte, eine gefällige Grünanlage.
Noch fehlt dem kleinen Park ein offizieller Name. Im Volksmund wird er inzwischen „Geschwister-Härtl-Anlage“ genannt. Bereits zu Beginn des Rückbaus warb der am Kreuzberg geborene ehemalige Wiesauer Werner Robl um Spenden für ein Bankerl, woraus jetzt sogar zwei und ein Tisch geworden sind. Der Spendenaufruf im Internet war erfolgreich. Auf dem Treuhandkonto kamen 1031 Euro zusammen, die nun bei einem kleinen Festakt übergeben wurden.
Ladestation für Elektrofahrräder
Die neue Anlage zieren neben der Sitzgruppe auch Sträucher, eine noch junge Esskastanie und ein Walnussbaum, der ebenfalls noch wachsen muss. Übrigens wurde die „Geschwister-Härtl-Anlage“ als Naschgarten angelegt. An den früchtetragenden Bäumen, Pflanzen und Sträuchern darf sich jeder bedienen. Platziert wurden zwei Findlinge und eine Ladestation für Elektrofahrräder. Die geforderte Stützmauer wurde von der Schönhaider Zimmerei Thomas Bauer mit Holz verkleidet. Zuvor jedoch musste eine Schadstoffuntersuchung durchgeführt werden. Die Gestaltung der Freifläche übertrug man den Wiesauer Unternehmen Streber GmbH und Garten- und Landschaftsbau Anja Klarner. Die Anschlüsse für die E-Bike-Ladestation verwirklichte die Elektro Gleißner und Engelmann GbR, ebenfalls mit Sitz in Wiesau. Am Projekt beteiligt waren laut Auskunft der Marktgemeinde Wiesau auch noch weitere Unternehmen aus der Oberpfalz und Oberfranken. Die neue „Geschwister-Härtl-Anlage“ kostete (inclusive Entrümpelung, Rückbau und Planungen) 112.093 Euro; 80 Prozent der förderfähigen Kosten übernimmt der Freistaat Bayern.
Vorhandener Baum darf bleiben
Wegen einsetzenden Regens wurde die Feierstunde im Rathaus fortgeführt. "Gedanklich befinden wir uns jetzt im Dorf", sagte Bürgermeister Toni Dutz mit Blick auf die in Wiesau vereinzelt noch gebräuchliche Formulierung für den historischen Teil des Orts. Der Bürgermeister erinnerte an die erfolglosen Bemühungen zum Erhalt des historischen Wohn- und Geschäftsanwesens. Letztlich habe es der Markt Wiesau mit Hilfe der Städtebauförderung erworben und später abbrechen lassen.
Beim Festakt im Sitzungssaal des Rathauses dankte Dutz dem staatlichen Fördergeldgeber für die Unterstützung. Dankbar sei er auch den 103 Freunden des Lebensmittelladens der Geschwister Härtl, die mit ihren Spenden einen finanziellen Beitrag zur Anschaffung der dreiteiligen Sitzgruppe und der beiden Laubbäume geleistet hatten. Erhalten blieb der vor Jahren bereits am Parkplatz gepflanzte Baum. Er möge sich von den Strapazen der Baustelle erholen, wünschte sich Werner Robl, der das Projekt mit angeregt hatte. „Mit meiner Idee rannte ich bei Toni Dutz offene Türen ein.“ An anderer Stelle seiner Ausführungen unterstrich Robl, dass seine Anregungen und Wünsche stets auch umgesetzt worden seien. In einem Rückblick auf frühere Zeiten verriet der 65-jährige Fuchsmühler mit Wurzeln am Kreuzberg, dass das Geschäft am Kirchplatz „Dreh- und Angelpunkt“ seiner Kindheit gewesen sei und deshalb „wäre ich enttäuscht gewesen, wenn auf dieser Fläche ein Parkplatz entstanden wäre“.
Das ehemalige Wohn- und Geschäftshaus Kirchplatz 12
- Entstehungsgeschichte: 1823 errichtete Georg Andreas Konz ein Haus, das in den 1870er Jahren abgerissen wurde
- Baujahr des zuletzt abgebrochenen Anwesens 1879
- Übernahme durch die Geschwister Anna und Maria Härtl 1948 als Nachfolgerinnen von Vater Josef Härtl
- Nutzung: Wohn- und Geschäftshaus
- Rückbau ab November 2021
- Gesamtkosten der neuen Grünanlage 112.093 Euro
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