Ziegler-Group-Restaurant "Holzfellas" erkocht sich erstmals die "Rote Schnecke"

Wiesau
24.08.2023 - 13:31 Uhr
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Regional. Nachhaltig. Saisonal. Nach diesen Werten arbeitet Küchenchef Ingo Mark im Restaurant „Holzfellas“ der Ziegler-Group in Wiesau. Dafür gab es nun eine besondere Auszeichnung.

Auch wenn Schnecken auf dem Teller nicht jedermanns Sache sind: Die „Rote Schnecke“ der Slow-Food-Bewegung Deutschland hätten viele Köche gern. Erstmalig taucht im Slow-Food-Genussführer das Restaurant der Ziegler-Group in Wiesau, das „Holzfellas“, auf. Küchenchef ist dort Ingo Mark. Warum sich der 32-Jährige für eine Ausbildung zum Koch entschieden hat, was es mit dem Begriff Slow Food auf sich hat und wie im „Holzfellas“ Klassiker der Oberpfälzer Küche neu interpretiert werden, verrät er im Gespräch mit Oberpfalz-Medien.

„Mir ist es extrem wichtig, dass keine Lebensmittel weggeworfen werden“, erzählt er. Besonders in der Gastronomie würden häufig nur Edelteile verwendet. Und der Rest? „Wir möchten alles verarbeiten. Eben so, wie es in der Oberpfälzer Küche schon immer Tradition war“, sagt er. „Nose-to-Tail“, also wörtlich übersetzt von der Nase bis zum Schwanz, wird diese Rückbesinnung auf die Verwertung eines Tieres vom Kopf bis zum Fuß genannt.

Tattoos mit beruflichem Bezug

Beim Besuch von Oberpfalz-Medien verarbeitet Ingo Mark Bauch- und Nackenfleisch vom Sikahirsch zu Kroketten. „Diese Fleischstücke geben besonders viel Geschmack ab“, sagt der Waldsassener, der heute mit seiner Frau in Reuth bei Erbendorf lebt. Mit dem Löffel wird die Masse in Nockenform gebracht, paniert und schließlich frittiert. Dazu soll es später eingelegte Johannisbeeren, Morcheln und ein Kartoffelpüree mit Käse geben. „Andere malen mit dem Pinsel, ich nutze die verschiedenen Geschmäcker, um etwas Tolles zu kreieren“, erzählt er. Die Leidenschaft für den Beruf ist auch auf dem rechten Arm des Kochs zu erkennen. Dort hat er sich Fleischzuschnitte, Küchenutensilien und Gemüse tätowieren lassen.

Mitarbeit bei Alexander Herrmann

Ein kreativer Beruf im Einklang mit der Natur, das war Ingo Marks Plan nach der Mittelschule. Zwei Berufe standen für den damals 16-Jährigen zur Auswahl: Landschaftspfleger oder Koch. „Schließlich habe ich mich für die Küche entschieden, dort ist es immer warm“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Die Ausbildung absolvierte er im „Hirschen“ in Parsberg. Nach einem Jahr bei der Bundeswehr ging es für Ingo Mark kurz zurück in die Heimat. Nach dem „Malzers“ in Waldsassen folgten drei Jahre im „Seenario“ in Tirschenreuth. Reichlich Erfahrung konnte Ingo Mark im Mittenwalder „Posthotel“, in Alexander Herrmanns „Posthotel“ in Wirsberg und im „Elements“ in Weiherhammer sammeln. Groß war die Freude, als ihm 2019 die Leitung des „Holzfellas“ angeboten wurde. „Ich hätte nie gedacht, dass ich in meiner Heimat in der gehobenen, kreativen Küche arbeiten kann“, sagt Ingo Mark.

Natur und Kreativität. Das lasse sich perfekt in seinem Beruf kombinieren. Besonders die Arbeit mit Kräutern habe es ihm angetan. Umso besser, dass es im "Holzfellas" einen eigenen Garten gibt. Bärlauch, Schnittlauch, Blutampfer, Giersch wachsen dort von selbst. In separaten Beeten hat Ingo Mark verschiedene Sorten Kresse, Minze, Waldmeister und Salate angepflanzt. "Für jedes Gericht gibt es die perfekten Kräuter, die es verfeinern", verrät er.

Seine Küche beschreibt Ingo Mark als oberpfälzisch-modern. „Ich versuche, die Rezepte meiner Oma und Uroma unter anderem durch besondere Zubereitungsformen aufzupeppen.“ So standen im Frühling Hollerkücherl auf der Speisekarte – ein echtes „Oma-Wohlfühl-Gericht“. Dieses Bewahren von lokalen Rezepten ist ein Kriterium, nach dem die Slow-Food-Gesellschaft Deutschland ihre Empfehlungen für den Genussführer aussucht. Gefördert werden sollen Speisen, die gut schmecken und ohne künstliche Verstärker hergestellt werden. Dabei stehen nicht Sternelokale und teure Spitzengastronomie im Vordergrund, sondern Gasthäuser und Restaurants, für die Nachhaltigkeit und Regionalität jeden Tag im Mittelpunkt stehen.

Neue Gerichte alle sechs Wochen

Das Fleisch bezieht Ingo Mark von einem Metzger aus Floß, die Garnelen aus Bärnau und Fisch natürlich überwiegend aus den Teichen zwischen Kornthan und Tirschenreuth. Frisches Obst wird dem jungen Koch inzwischen auch von Gartenbesitzern angeboten. Die Früchte werden, wenn es die Zeit zulässt, vom Küchenteam selbst gepflückt und später auf verschiedenen Wegen haltbar gemacht. So entsteht aus Löwenzahn und Holunderblüten eigener Sirup. Gekocht und verarbeitet wird, was aktuell Saison hat. Deshalb wechseln auch die Gerichte auf der Speisekarte circa alle sechs Wochen.

Von der Auszeichnung der Slow-Food-Bewegung erfuhren Ingo Mark und sein Team zunächst per E-Mail, dann per Post. „Wir waren zunächst etwas überrascht“, erzählt er. Überbracht wurde die Urkunde von Jörg Müller, Ralf Hartleb und Irene Büttner. Sie engagieren sich in der Testergruppe der Slow-Food-Bewegung in der Oberpfalz. „Es zeigt, dass das, was wir machen, richtig ist.“ Gelistet ist das „Holzfellas“ unter anderem auch im Guide Michelin sowie im kulinarischen Reiseführer „Gusto“. Die Gäste im „Holzfellas“ kommen aus ganz Deutschland. Ein Gast habe seine Reiseroute sogar so geplant, dass er in Wiesau vorbeischauen kann, verrät Mark. „Das macht schon stolz.“

Neben Ingo Mark bereiten zwei weitere Köche, zwei Auszubildende und mehrere Küchenhilfen die Gerichte zu. Das Thema Ausbildung gehört für Mark auch in den Bereich Nachhaltigkeit. „So kann ich mein Wissen und die Rezepte der Oberpfalz weitergeben“, sagt er.

Hintergrund:

Slow Food in Deutschland

  • Initiator: Von Journalist Carlo Petrini 1986 in Italien als Verein zur Erhaltung der Esskultur gegründet; in Deutschland gibt es ihn seit 1992
  • Struktur: In Deutschland 85 Convivien (Regionalgruppen)
  • Ziele: Kulturlandschaften, Traditionen, Landwirtschaft und Ökosysteme erhalten, Menschen für gute und faire Lebensmittel begeistern
  • Slow-Food im Landkreis Tirschenreuth: „Holzfellas“ in Wiesau, „Altmugler Sonne“ in Bad Neualbenreuth und „Stieglmühle“ bei Waldershof

Quelle: Slow Food Deutschland

 
 

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