Wutschdorf bei Freudenberg
19.12.2024 - 08:40 Uhr

Mit Kulturpreisträger in Wutschdorf dem Geist des Advents auf der Spur

Der Geist des Advents – er ist vielen Menschen abhanden gekommen. Der Kulturpreisträger der Stadt Sulzbach-Rosenberg, Dieter Radl, hat sich in der Molzmühle in Wutschdorf auf die Suche begeben.

Viele Adventslesungen gibt es. Oft beklagen sie den Trubel der Vorweihnachtszeit und dass die Botschaft von der Geburt Jesu in der Hektik des Alltags untergeht. Beim Abend mit Dieter Radl in der Molzmühle in Wutschdorf war das ein bisschen anders. Der Mundart-Autor aus Sulzbach-Rosenberg gab vielmehr ein paar Tipps, wo man den Geist des Advents noch finden kann. Er machte das ganze ohne Volkstümelei.

Der Geist des Advents ist dem Dialekt-Schriftsteller zum Beispiel schon einmal in Berlin begegnet, als er im Getümmel der Straßen eine Frau in einer blauen Abaya sah. Die Muslima in ihrem traditionellen blauen Kleid hob sich von der Masse ab und erinnerte ihn mitten im Großstadt-Trubel an die christlichen Mariendarstellungen. Wo kommt die Frau wohl her? Ist sie hier zu Hause? Wird sie angenommen? Ist sie angekommen? "Hier habe ich den Geist des Advents gespürt", sagte Radl – natürlich im schönen nordbairischen Dialekt, als dessen Experte der Buchautor, Dichter und Theatermacher gilt.

Musikalisch unterstützt wurde der Sulzbach-Rosenberger von drei Brüdern aus Schleißdorf, den "Hierlhansseineboum" (Gerhard, Helmut und Uli Piehler). Auch sie wollten nicht klischeehaft daherkommen und verbanden traditionelle adventliche Weisen mit Elementen aus der Oberpfälzer Wirtshausmusik. Aus Respekt vor dem Christkind ließen sie dabei manchmal die Textzeilen weg. Als dann das Publikum aber laut mitsummte, war ein richtig schöner Spontan-Chor mit wunderschönen Melodien und weihnachtlichen Anleihen geboren.

Radl war in seiner aktiven Berufszeit Sonderschullehrer. Als solcher hat er den "Geist des Advents" öfter mal erlebt. Mit seinem besonderen Schüler Robert etwa, der den Buchstaben "L" nur schwer aussprechen konnte und sich deswegen "Lobert" nannte. Robert hat das Chromosom 21 in jeder Körperzelle drei- statt zweimal. Die unbändige Freude, die dieser "Lobert" verbreitet hat, diese Fähigkeit, sich für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens zu begeistern, haben Radl ein Weihnachtsfest im Herzen beschert. "Ich glaube, wir können alle viel lernen von Lobert", sagte er.

Der Geist des Advents, das machte Radl deutlich, liegt in den einfachen Dingen – im Gespräch mit einem lieben Menschen, im Spiel mit einem Kind, vielleicht auch mal im Knacken einer Nuss, im Licht einer Kerze. Man findet ihn eher nicht auf den lauten Weihnachtsmärkten oder gar virtuell am "Black Friday". Vielleicht aber in einer Kirche, bei einem Spaziergang im Wald oder an einem Abend wie in der Molzmühle. Die Veranstaltung war von der Volkshochschule Amberg-Sulzbach angeboten worden.

Hintergrund:

Zur Person: Dieter Radl

  • Dieter Radl ist ein Kenner, Beobachter und Interpret der nordbairischen Sprache.
  • Er schreibt Gedichte, Geschichten und Theaterstücke und tritt bei verschiedenen Lesungen auf.
  • Im Jahr 2017 wurde er mit dem Kulturpreis der Stadt Sulzbach-Rosenberg ausgezeichnet, 2019 mit dem Kulturpreis der Pegnitzschäfer.
  • Von Beruf war Radl Sonderschullehrer.
  • In der Molzmühle trat er zusammen mit drei Musikanten auf, die sich "Hierlhansseiboum" nennen.
 
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