Manche Fußballprofis haben ihren schwächeren Fuß nur, damit sie nicht umfallen, spotten einige. Tim Handwerker kann damit ein ganzes Stadion zum Ausflippen bringen. Der Außenverteidiger des 1. FC Nürnberg macht fußballerisch normalerweise alles mit links, am Samstagabend dachte er aber um, sorgte mit dem 2:1-Siegtreffer gegen den Hamburger SV dafür, dass die Nürnberger in dieser Saison erstmals gegen ein Team aus den "Top 5" der 2. Bundesliga gewannen.
Handwerker hatte sein linkes Ding mit dem rechten Fuß von der linken Strafraumkante tagsüber schon irgendwie geahnt: „Mittags habe ich noch gesagt, dass ich heute einen mit rechts mache“, erzählte der 23-Jährige, der 2019 vom 1. FC Köln ins Frankenland wechselte. Gesagt, getan, getroffen. „Ich habe nur gehofft, dass er irgendwie durchrutscht“, beschrieb der Linksverteidiger die Zehntelsekunden, bis der Ball im Netz zappelte. „Das war genau der richtige Ball: Eine Mischung aus Schuss und Flanke“, staunte auch Club-Coach Robert Klauß über den krummen und verdeckten Schuss. Handwerker war der gefeierte Mann vor den 25000 Zuschauern, Daniel Heuer Fernandes nur noch eine traurige Gestalt: „Den muss ich natürlich halten“, sagte der Keeper des HSV. Am Mittwoch hatte er mit seinen Paraden im Elfmeterschießen gegen den KSC sein Team noch ins Halbfinale des DFB-Pokals gebracht. „Ich habe gedacht, dass der Ball höher aufspringt“, suchte er nach einer Erklärung.
Köpke mit früher Führung
Dabei hätten die Gäste auch als Sieger von Platz gehen können. „Aber wir belohnen uns einfach nicht“, jammerte Trainer Tim Walter. „Und so verlieren wir ein Spiel, das eigentlich unentschieden ausgeht.“ Nach der frühen Führung des FCN durch das Abstaubertor von Pascal Köpke (15.) glich Ludovit Reis zehn Minuten später aus. Der HSV hatte weiter die Hoheit auf dem Platz, mehr als zwei Drittel Ballbesitz und Chancen, ehe er in der zweiten Hälfte abbaute.
Ein Gift-und Galle-Spiel
In einem Spiel, das auch ein Gift-und Galle-Spiel war. Acht Gelbe Karten, jede Menge Zweikämpfe, die, wenn sie gewonnen wurden, von den Nürnbergern wie ein Tor gefeiert wurden. Mitte der zweiten Hälfte kriegten sich auch die beiden Trainer in die Haare. Es war nichts für Fußball-Feinschmecker, aber was die beiden Mannschaften an Willen und Einsatzkraft auf den Platz brachten war bewundernswert. „Wir waren mutig und aggressiv“, meinte Klauß, der trotz der Ausgeglichenheit von einem „verdienten Sieg“ sprach. „Vor allem wegen der Art und Weise, wie wir in der zweiten Halbzeit gespielt haben.“ Klauß durfte sich auch über starke Auftritte von Kilian Fischer (Rechtsverteidiger) und Lino Tempelmann (defensives Mittelfeld) freuen.
Und über die von Tim Handwerker, dessen Vertrag ausläuft. Man sei in Gesprächen, sagte er. Natürlich würde er gerne bleiben. Vielleicht dann sogar eine Etage höher. „Wir sind nach drei Siegen jetzt wieder oben dran“, bemerkte er. Damit der Tabellenvierte aus Nürnberg weiter vom Aufstieg träumen darf, muss Handwerker nur öfter mal einen raushaun – mit links oder rechts ist dann egal.
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