Einfach mal Nein sagen

19.01.2023 - 09:37 Uhr

Volontärin Lisa Sebald konnte lange Zeit nicht "Nein" sagen, vor allem nicht bei Freunden. Doch irgendwann zog sie einen Schlussstrich. Warum, das erzählt sie im OTon.

Einfach mal "Nein" sagen, ist nicht böse. Es ist wichtig – vor allem für die mentale Gesundheit.

Na, Lust am Wochenende was zu unternehmen? Reicht auch vegetarisch? Ich muss dir was erzählen, kannst du mich kurz anrufen? Es fällt mir nicht leicht, "Nein" zu sagen. Vor allem nicht, wenn ich meine Freunde schon lange nicht mehr gesehen habe. Oder wenn sie auf ihrer Geburtstagsparty sowieso schon ohne Fleisch kochen. Oder wenn sie jemanden zum Reden brauchen, weil sie einen schlechten Tag hatten. Also treffe ich mich an einem Sonntagnachmittag in einer 30 Kilometer weit entfernten Stadt, obwohl ich lieber den ganzen Tag in Jogginghose auf der Couch verbringen möchte. Also sage ich Ja zu Kuhmilch und Käse, obwohl ich beides nicht einmal mehr vertrage. Also gehe ich abends ans Telefon, obwohl ich nach einem langen Arbeitstag lieber meine Netflix-Serie weiterschauen möchte. Nicht falsch verstehen, ich bin gern unterwegs und liebe meine Freunde. Aber manchmal merke ich viel zu spät, dass ich mir in meiner Freizeit auch Pausen gönnen muss, um wirklich für sie da zu sein – nicht nur physisch.

Wem es – so wie mir – schwer fällt, "Nein" zu sagen, kann es aber lernen. Erstens: Das Wichtigste ist, ruhig zu bleiben und sich Bedenkzeit zu nehmen. Es ist nicht schlimm, wenn eine Freundin per Whatsapp eine Frage stellt und man nicht sofort antwortet. Ich zum Beispiel antworte am liebsten abends nach dem Essen. Dann, wenn ich eine ruhige Minute habe. Die blauen Häkchen sind mir mittlerweile egal. Zweitens: Wir müssen nicht Angst haben, abgelehnt oder nicht mehr gemocht zu werden. Meine Freunde sind nicht beleidigt, wenn ich mir mein eigenes Essen zur Party mitbringe, wenn sie keine Zeit mehr hatten, vegane Alternativen zu besorgen. Und drittens: Wenn man sein "Nein" begründet, frisst es einen nicht auf. Ausreden erfinden oder eine Krankheit vortäuschen, ist wirklich nicht cool. Familie und Freunde kennen einen, wie kein anderer, sind verständnisvoll und wissen Ehrlichkeit zu schätzen.

Vor ein paar Jahren, in meinem vorherigen Job, habe ich mich manchmal sogar mit Grippe in die Arbeit gequält. Nur um meine Kolleginnen und Kollegen nicht im Stich zu lassen. Schließlich waren wir schon ohne Krankheitsfälle unterbesetzt. Heute denke ich darüber anders. Mentale Gesundheit hängt mit körperlicher Gesundheit zusammen. Denn wenn ich Fieber, Husten und Schnupfen habe, kann ich nicht konzentriert arbeiten. Das lässt sich auch leicht auf das Privatleben übertragen. Wenn ich müde und erschöpft bin oder einfach nur faul, dann haben meine Freunde nichts von meiner Anwesenheit. Ich höre nicht richtig zu und bin schlecht gelaunt. Wenn mir dann noch kalt ist und ich Hunger habe, wird es für alle Beteiligten nur noch schlimmer. Einfach mal "Nein" sagen, ist also nicht böse. Es ist notwendig.

Hintergrund:

OTon

Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.

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