Der Winter ist längst da. Die dunklen Tage haben längst begonnen. Und natürlich ist da noch: Corona. Partys? Sich mit mehr als zehn Kumpels treffen? Im Büro arbeiten? Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis ... In der heutigen Welt heißt es: Kontakte reduzieren, daheim bleiben. Superbad. Aber zum Glück gibt es ja Netflix – immerhin ein Quantum Trost. War es zumindest lange. Inzwischen hat der Streaminganbieter die Lizenz zum Töten, zum Töten meiner Zeit.
Noch vor ein paar Monaten stand Netflix für Qualität, für gute Filme, tolle Serien. Nun ist da vor allem Ramschware am Start. Netflix hat sein Mojo verloren. Als würde Walter White statt seinem blauen Zeug gefakte Stuyvesant-Zigaretten produzieren.
Gefühlt jeden Tag gibt es neue Filme, Serien, Dokus. Mit großen Stars, von talentierten Regisseuren. Bessere Angebote hat gewöhnlich nur ein italienischer Olivenölhändler, der Pferdeköpfe unter Bettdecken legen ließ. Was also soll ich mir anschauen? Die Startseite überfordert mich, als hätte mich Morpheus gerade aus einem gigantischen Computerprogramm befreit. Vom Netflix-Algorithmus fühle ich mich längst so alleingelassen wie Jack von seiner Rose im Atlantik.
Und dann sind die meisten neuen Filme und Serien enttäuschend. Alles so austauschbar. Alles schon gesehen, alles schon mal erlebt - als wäre man Phil Conners in Punxsutawney. Zwar schaut's ganz cool aus, und es kracht und knallt. Trotzdem ist das alles wie das Lieblingsgetränk eines britischen Geheimagenten: geschüttelt, aber nicht gerührt. Meine Film-Auswahl war zuletzt wirklich schlecht. Ich landete nur ganz selten einen echten Treffer. Wenigstens weiß ich jetzt, wie sich die Sturmtruppler fühlen, wenn sie Luke und Co. begegnen.
Liege ich mal wieder daneben, könnte ich schon nach zehn Minuten Laufzeit ausrasten wie ein australischer Straßenpolizist. Oh behave! Einfach Film stoppen. Dann lieber zum siebten Mal L.A. Confidential. Oder mal wieder die Friends durchsuchteln - mit denen habe ich nie eine Beziehungspause.
Aber natürlich ist nicht alles schlecht an Netflix, selbst der Sherminator konnte ja am Ende noch bei seiner Angebeteten landen. Kämpft man sich durchs Angebot oder recherchiert im Netz, findet man auch auf Netflix noch echte Perlen. Himmelherrgott sakradüdelchen, wie stark war eigentlich die animierte Serie Arcane? Oder Pflicht/Schande, eine Serie, in der zu zwei Drittel japanisch gesprochen wird – was mir aber so egal war wie Homer Simpson eine gesunde Ernährung.
Und so kommt es dann, dass ich immer, wenn ich Netflix ausschalte, denke: Ich komme wieder.
Welche Filme und Serien irgendwie im Text vorkommen
- American-Pie-Reihe
- Arcane
- Austin Powers (2x)
- Breaking Bad
- Brügge sehen ... und sterben?
- Friends
- Game of Thrones
- Herr der Ringe
- James-Bond-Reihe (3x)
- L.A. Confidential
- Mad Max
- Matrix
- Der Pate
- Pflicht/Schande
- Rambo-Reihe
- Die Simpsons
- Star Wars (2x)
- Superbad
- Terminator
- Titanic
- Und täglich grüßt das Murmeltier
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.
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