All die Fragen, die wir nicht mehr stellen können

Oberpfalz
20.07.2023 - 16:32 Uhr

Ihr Wissen und ihre Kenntnisse sind umfangreich, sie sind Brücken in die Vergangenheit: Eltern und Großeltern. Deshalb sollten wir bereitwillig von ihnen lernen. Bevor es zu spät ist. Dafür plädiert Miriam Wittich im neuen OTon.

Ein kurzer Anruf bei der Oma, schnell eine Frage gestellt - irgendwann ist das leider nicht mehr möglich.

Gurkensalat sollte es werden zum Abendessen. Aber heute mal mit einem anderen Dressing. Nicht mit dem immer gleichen, das ich jedes Mal anrühre. Dann dachte ich mir plötzlich: Wie bei meiner Oma früher soll er diesmal schmecken!

Und da hatte ich den Salat. Denn was kam bei ihr eigentlich hinein? Welcher Essig, welches Öl, welche Gewürze? Und wie viel davon? Ein Rezept hatte sie dafür natürlich nicht – geschüttet, gerührt, gestreut und abgeschmeckt wurde nach Gefühl. Das Dressing war ja eigentlich auch nichts Besonderes, auch immer gleich, selbstverständlich damals. Heute aber sehne ich mich nach diesem Geschmack.

Und überhaupt: ich hätte mal wieder richtig Lust auf die Schwarzbeerknödel meiner anderen Oma. Und so ein ordentlicher Reisigbesen, wie sie mein Opa früher gebunden hat, wäre auch wirklich praktisch. Jetzt wenn ich sie doch nur fragen könnte, oder noch besser: zuschauen bei der Zubereitung, dabei sein bei der Arbeit.

Das denke ich mir so oft. Meist in kleinen Momenten im Alltag. Wenn diese Fragen aufkommen und unbeantwortet bleiben, weil ich sie nicht mehr stellen kann.

Da gibt es die großen Geschichten, die vielleicht niemals erzählt wurden. Für die niemand ein offenes Ohr hatte. Die kein Interesse gefunden haben. Erinnerungen, die nicht geteilt wurden. Und die kleinen Dinge. Sie sind vielleicht nicht vergessen, aber vermisst. Rezepte, die niemand bewahrt hat. Tipps für Garten und Hof, die heute doch häufig hilfreich wären. Handwerkliche Fähigkeiten, die verloren gegangen sind. Kenntnisse im Haushalt, die gut genutzt hätten werden können. Wissen und Weisheit. Lebenserfahrung. So viele verpasste Chancen.

Na klar, im Internet finden wir heute Antworten auf fast alle Fragen. Kochrezepte millionenfach, Lifehacks (englisch für Lebenskniffe) für nahezu jede Lebenslage. Schlaue Tipps und Ratschläge zu jeglichen Problemen. Aber wie bei Oma schmeckt es deshalb noch lange nicht.

Machen wir uns das bewusst. Lasst uns so viele Fragen stellen wie nur möglich. Lasst uns zuhören und lernen. So lange wir es können.

Oberpfalz13.07.2023
Info:

OTon

Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.

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