Es ist der 2. Juni, abends: Ich sitze auf der Couch, Netflix läuft, mich kann nichts aus der Ruhe bringen. Oder doch? Plötzlich, wie aus dem Nichts, knurrt mein Magen – und das nicht gerade leise. Hunger habe ich nicht, aber so ein bisschen Appetit, bilde ich mir ein. Chips? Schokolade? Gummibärchen? Ach nein, das ist wieder so ungesund. Da fällt mir ein, ich habe noch einen Joghurt im Kühlschrank. Also ab in die Küche, Kühlschranktür auf, Joghurt in die Hand, Kühlschranktür zu. Und sofort schießt mir das Mindesthaltbarkeitsdatum in mein Auge: 24. Februar 2022. Wow, so lange steht der also schon rum? Wieso fällt er mir jetzt erst ein? Kann ich den jetzt eigentlich noch essen? Schließlich ist er seit fast vier Monaten abgelaufen! Ich reiße den Aludeckel ab: Schaut gut aus – Schimmel ist auch nicht in Sicht. Meine Nase ist auch nicht abgeneigt und auch der erste Löffel sagt: "Ja, mich kannst du noch essen!"
Irgendwie traue ich dem Ganzen trotzdem nicht so wirklich und hole mein Handy aus der Tasche. Ich tippe in die Google-Suchleiste "Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen" ein, nur um sicher zu gehen. Auf Magen- und Darmprobleme habe ich ja wirklich keinen Bock! Doch meine Bedenken kann ich getrost über Bord werfen. Wenn die Nase, das Auge und die Zunge den Joghurt für gut befinden, dann ist er auch noch gut – Mindesthaltbarkeitsdatum hin oder her.
Nicht umsonst heißt das Mindesthaltbarkeitsdatum so, wie es nun mal heißt. Es ist kein Verfallsdatum, kein Lebensmittel ist ab diesem Datum schlecht oder gar tödlich. Verfallsdaten gibt es nur bei Fisch und Fleisch. Joghurt, Käse, Pudding, Schokolade, Nudeln, Fertigsoßen – überall, wo das Kürzel "MHD" draufsteht, sind die Produkte noch Wochen danach haltbar. Konserven sogar mehrere Jahre! Also wenn sie noch verschlossen sind. Den angebrochenen Joghurt sollte ich schon so schnell wie möglich verputzen.
Das MHD ist in Deutschland Pflicht – leider! Denn es landen dadurch immernoch viel zu viele Lebensmittel in der Mülltonne, darunter auch welche, die eigentlich noch genießbar sind. Allein in Deutschland sind es jedes Jahr etwa zwölf Millionen Tonnen. Ich sage: Traut Euch! Traut Euch, den Joghurt zu essen, der schon mehrere Monate im Kühlschrank Verstecken spielt! Vertraut einfach auf Eure Sinne, ich habe das auch getan. Mir geht es gut.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.
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