Es begann damit, dass ich plötzlich in der Lage war, zwei rosa Striche auf ein Stäbchen zu pinkeln – ab da war meine Zukunft eine andere.
Wie habe ich mir das Jahr 2021 vorgestellt? Gar nicht, würde ich sagen. Erst einmal hatte ich, wie wir alle, genug mit 2020 zu tun. Ich schwöre, als ich im Januar 2020 meine erste Zielcollage erstellt hatte – so richtig mit Tonpapier, Bilder, Schere und Kleber – war ich überzeugt davon, mindestens zwei Drittel auch zu erreichen. Irgendwie kam es dann anders. Was darauf stand? Mehr unternehmen, zehn Kilo abspecken, Bereiche im Haus renovieren und karrieremäßig so richtig durchstarten. Da sitze ich nun. 2020 ist vorbei. War seit Wochen in keinem Café mehr, habe fünf Kilo mehr auf den Hüften als zu Jahresbeginn, die Baustelle im Haus ist größer denn je und manchmal sind mir Job und Hobby-Gewerbe einfach zu viel. Dafür gebe ich nicht einmal dem Virus mit C die Schuld – außer vielleicht für das mit dem Café. Noch nie wusste ich so wenig, wie das kommende Jahr aussehen könnte. Habe kaum ein Ziel aus 2020 erreicht. Doch ich könnte nicht glücklicher sein.
Die zukunftsverändernde zweite Linie
Schuld an diesem unverschämten Glück ist ein kleines Wesen, das mich nachts mit einem Tritt auf meine Blase weckt, das mir Heißhunger auf Schnitzel mit Kartoffelsalat beschert – obwohl ich doch Vegetarierin bin – und das ich schon jetzt mehr liebe als mich selbst, dabei haben wir uns noch nie gesehen. Mit diesen beiden zarten rosa Linien auf dem unscheinbaren Stäbchen änderte sich einfach alles. Und vor allem ändert sich mein Blick auf die Zukunft.
Ich denke von Woche zu Woche. Jeder Tag ein kleiner Erfolg. Jeder Tag eine kleine Qual. Noch nie waren für mich Angst und Liebe so eng verbunden. Meine Zukunft hat nun eine eine andere Bedeutung, da sie auch die Zukunft dieses kleinen Wesens sein wird. Endlich, der erste Ultraschall. Zu erkennen ist nicht mehr als ein winziger Erdnuss-artiger Fleck mit einem pochendem Punkt. Dieser pochende Punkt treibt mir die Tränen in die Augen. Vor Erleichterung und vor Glück. Jetzt habe ich den Beweis: In mir schlagen zwei Herzen. „Da ist das Vögelchen“, sagt die Ärztin und ich frage mich, ob sie wirklich so cool ist und gerade eine Anspielung auf meinen Nachnamen gemacht hat. „Ist das nicht die hübscheste Erdnuss die du je gesehen hast?“, frage ich den werdenden Papa etwas später im Auto. Stolz halte ich ihm ein schwarz-weiß Foto vor die Nase. Meine Hände zittern und schon wieder kullern mir ein paar Freudentränen über die Wangen. Dieses ganze Baby-Ding wird plötzlich ein großes Stück realer.
Mein bester Feind, die Zeit
Ständig rattert es in meinem Kopf und ich rechne nach. Ich denke nur noch nach vorne. So sehr, dass es fast wehtut nicht mehr einfach nur im Hier und Jetzt sein zu können. Wann sind die ersten zwölf Wochen vorbei? Wann kann man sehen, was es wird? Wann wird man meinen Babybauch sehen? Wann werde ich etwas spüren? In welche Schwangerschaftswoche fällt Weihnachten? An Silvester gibt‘s wohl besser keinen Sekt. Sind wir an Ostern schon zu dritt? Und was ist, wenn etwas schief geht?
Die Tage können nicht schnell genug vergehen. Ungeduld, Vorfreude, Unsicherheit, Stolz, Überforderung, Liebe, und ein „das geht mir alles zu schnell“ – alle Emotionen, die man je gefühlt hat, werden zum täglichen Begleiter, nur zehn Mal stärker. Es gibt gute und schlechte Tage, zwischen überlaufenden Gefühlen und kompletter Antriebslosigkeit. Doch das, was die Zukunft für uns bereithält, lässt mich durchhalten und stark sein.
Und so vergehen die Tage, erst langsam, dann immer schneller. Das für mich wichtigste Datum im Jahr 2021 steht bereits kurz nach der Sache mit dem Stäbchen fest. Auf diesen Tag läuft alles hinaus. Laut den Berechnungen werde ich das kleine Wesen, das ich so sehr liebe, an diesem Tag das erste Mal sehen. Statistisch gesehen wird das aber wohl eher der einzige Tag sein, an dem es nicht passiert. Es wird eine Überraschung werden. Eine von vielen, die noch Folgen werden. Denn diese Zukunft, die vor mir – vor uns – liegt, ist nicht planbar und nicht vorhersehbar. Man kann sie nicht berechnen und sich auch nicht wirklich darauf vorbereiten. Es ist die schönste Zukunft, die ich mir vorstellen kann.
How to: Zielcollage für 2021
Manche Menschen glauben daran, dass, wenn sie ein Ziel oder einen Wunsch visualisieren, also bildlich darstellen und sich jeden Tag vor Augen führen, es dann vom Universum erfüllt wird. Es fliegt einem praktisch zu. Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht – doch ein paar Wünsche auf meiner Zielcollage – auch Visionboard genannt – haben sich tatsächlich auf diese Art erfüllt. Und das hat mich dann doch ein wenig daran glauben lassen. Spoiler-Alarm: Es waren leider nicht die zehn Kilo weniger, die einfach so verschwunden sind.
Für eine Zielcollage braucht man:
- Einen größeren Bogen Tonpapier. Am besten in einer schönen Farbe, die zur Einrichtung passt. Denn die Collage soll später an einem präsenten Ort aufgehängt werden, damit man jeden Tag darauf schaut und sich die Ziele kurz in Erinnerung ruft.
- Schere und Kleber
- Fotos oder farbig ausgedruckte Bilder aus dem Internet, auf denen die Ziele symbolisch dargestellt sind. Zum Beispiel ein Bild von einem Fitnessstudio, ein Bild von der Insel auf der man seinen Traumurlaub erleben will, ein Stapel Geld – was auch immer der Wunsch oder das Ziel für das kommende Jahr ist.
- Mit einem Filzstift neben den Bildern präzise formulieren was das Ziel ist, zum Beispiel nicht „regelmäßig ins Fitnessstudio gehen“, sondern „vier Tage in der Woche im Fitnessstudio trainieren“. Dazu noch ein Bild von einem gut trainierten Oberkörper – oder was auch immer man anstrebt.
- Ich persönlich stelle in die Mitte das mir wichtigste Bild, das auch am größten ist. Oben darüber kommt groß „Meine Ziele für 2021“.
Und dann kann der Zauber beginnen.
Kleine Ziele für 2021:
- nicht von anderen Leuten stressen lassen, mehr bei sich sein
- jeden Tag das Beste geben, das gerade möglich ist, und stolz darauf sein
- sich selbst nicht verlieren in dem ganzen Trubel um die Pandemie
- Das Sprichwort verinnerlichen: „Und is da Weg a nu so steil, a bisserl wos geyht allerweil“
- Gesellschaft von Freunden und Familie genießen – nichts ist selbstverständlich, das sollte jetzt klar sein
- bewusster leben
- und das Wichtigste: GLÜCKLICH sein, egal wie dieses Glück aussehen mag (außer es macht einen glücklich, Leute zu schlagen)
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