Im Interview erzählt der 40-jährige Sulzbach-Rosenberger von der "kleinen Rampensau" in ihm, aufdringlichen Groupies, warum er die Kopfhörer jetzt an den Nagel hängt und zeigt, wer sich hinter dem bekannten DJ verbirgt.
ONETZ: Wie müssen wir uns dich als 18-Jährigen vorstellen, der beschließt, DJ zu werden?
Markus Ludwig: Es hat schon viel früher angefangen. Musik hat mich schon immer begeistert. Mit etwa 14 Jahren hat mich die Hip-Hop-Welle um 2 Pac, Wu-TangClan und Biggie erfasst. Mitte oder Ende der 90er Jahre wurde dann Deutsch- rap immer erfolgreicher und so bin ich beim Hip-Hop-Genre hängengeblieben. Die Musik und die Kultur haben mich begeistert. Eine Karriere als Rapper zu starten, das kam für mich, Mangels Talent, nie in Frage. Auch künstlerisch, Beispiel Graffiti oder Tanz, bin ich völlig unbegabt. Also wurde ich DJ. Da einer meiner Brüder damals als DJ tätig war, habe ich das beobachtet und Gefallen daran gefunden. Als mein Entschluss feststand, DJ zu werden, habe ich mir die ersten Plattenspieler, einen Mixer und natürlich Schallplatten besorgt. Ich habe mit Privatpartys angefangen und dann hatte ich relativ schnell die Möglichkeit, als DJ in einem Club Fuß zu fassen. Das war damals das „Check-In“ in Ebermannsdorf. Bei meinem ersten Gig war ich super nervös und unsicher, das hat sich jedoch schnell gelegt und ich habe eine große Liebe dazu entwickelt.
ONETZ: Du warst als Booking-DJ unterwegs ...
Markus Ludwig: ... korrekt. Genau genommen als Resident- und Booking-DJ. Als Resident hat man in einigen Clubs regelmäßig, zum Beispiel einmal pro Monat, einen Termin. Als Booking-DJ ist das weiter gestreut. Da kann es auch sein, dass man nur einmal in einem Club ist. Dadurch habe ich sehr viele Clubs gesehen und die Gäste dort zum Ausrasten gebracht. Das habe ich sehr genossen. Als Booking-DJ wird man natürlich auch entsprechend empfangen. Ich habe in dieser Zeit super viele Kontakte geknüpft, die zum Teil heute noch bestehen. Kontakte sind als DJ essentiell. Ich hatte das Privileg, dass die Clubs immer auf mich zugekommen sind und mich angefragt haben. Durch Mundpropa- ganda und entsprechende Promotion, die ich selbst in den sozialen Medien gestreut habe, egal ob auf Youtube, Facebook, MySpace oder Soundcloud in Form von Mixtapes, habe ich mir Gehör bei Bookern und Clubbetreibern verschafft. So hatte ich die Ehre, nicht nur in der Region zu spielen, sondern auch außerhalb von Bayern – unter anderem in Dresden, Chemnitz und Erfurt.
ONETZ: Wie hast du dich auf die Club-Nächte vorbereitet?
Markus Ludwig: Vorbereitet habe ich mich nie so richtig muss ich zugeben. Ich hatte mir sogenannte Routines zurechtgeschustert, die ich dann gespielt habe. Das sind Abfolgen von zum Beispiel vier bis fünf Tracks, die meines Empfindens einfach super ineinandergepasst haben. Aber einen kompletten Abend habe ich nie geplant. Das war immer spontan, um mich auf die Gäste einstellen und schnell reagieren zu können. Es gibt Kollegen, die sich akribisch vorbereiten. Ich habe mich auf mein Gespür verlassen, dass ich fühle, was die Masse zum Kochen bringt. Auf Außenstehende wirkt das sicher immer leicht, aber als Gast hört man eben auch nur immer den Song, der gerade läuft. Als DJ bist du im Kopf schon bei den nächsten fünf Tracks und hast dazu eventuell noch einen Plan B, falls einer der Tracks nicht funktioniert. Die Arbeit ist also doch sehr anstrengend, wenn man sie mit der nötigen Professionalität, Ehrgeiz und Ernsthaftigkeit betreibt. Mitfeiern soll man dann natürlich auch noch ein bisschen. Mit der Technik, die DJs heutzutage haben, ist es natürlich leichter geworden als damals mit den Platten – weil man alles auf dem Laptop sofort greifbar hat.
ONETZ: Was waren deine persönlichen Highlights?
Markus Ludwig: Ich war Support-DJ von etlichen bekannten Künstlern – unter anderem Sido, Samy Deluxe und Petey Pablo. Auch Mixtapes, die ich beispielsweise zusammen mit der US-Rapperin Ebony Eyez oder DJ Maxx produziert habe, zählen zu meinen Highlights – genauso wie die Tracks von dem Landshuter Rapper Kaveli, zu denen ich Scratches beigesteuert habe. Und natürlich viele geile Partys, tolle Menschen, viel gute Musik. In 22 Jahren hat sich einiges angesammelt, das ich dazuzählen würde.
ONETZ: Wie sehr hat dich die Arbeit als DJ zeitlich in Anspruch genommen?
Markus Ludwig: Ich war viel unterwegs. Von Amberg nach Nürnberg, Würzburg, Himmelkron, Ingolstadt, Dresden, Chemnitz, Erfurt, Bamberg, Regensburg und Weiden. Das nimmt viel Zeit in Anspruch. Während meine Freunde am Wochenende Grillabende gemacht oder zusammen gefeiert haben, war ich meist alleine in der Republik unterwegs. Das muss man sich so vorstellen: Ich bin in eine Stadt gefahren, habe im Hotel eingecheckt, dann im Club aufgelegt, am nächsten Tag wieder ausgecheckt und dann bin ich weiter in die nächste Stadt, in der ich abends wieder aufgelegt habe. Da bleibt nicht viel Zeit, wenn man, wie ich, einen Hauptberuf unter der Woche hat und am Wochenende als DJ unterwegs ist. Mein DJ-Dasein habe ich immer als Ausgleich zu meinem normalen Job gesehen. Freundschaften haben darunter sicherlich gelitten und manche sind auch zerbrochen. Aber ich stand vor der Wahl, ob ich diesen Job ernsthaft ausüben möchte – oder eben nur so lala. Ich wollte es richtig machen, und das war dann wohl der Preis, den man dafür zahlt. Ich habe nie erwartet, dass immer jemand von meinen Freunden mit mir bei meinen Bookings dabei ist oder Verständnis dafür hat, dass man sich nur selten sieht. Umso schöner ist es, dass einige wenige Freunde noch immer in meinem Freundeskreis sind. Das schätze ich sehr! Und durch die vielen Wochenenden unterwegs sind auch neue Freundschaften entstanden, die bis heute halten.
ONETZ: Hast du überlegt, deine Arbeit als DJ hauptberuflich zu machen?
Markus Ludwig: Darüber habe ich nie ernsthaft nachgedacht. Ich wollte immer eine gewisse Sicherheit für den Fall, dass mich ein Club plötzlich nicht mehr buchen oder schließen sollte. Außerdem hätte ich mich dann tatsächlich selbst um Termine bemühen oder bei einer Agentur unterkommen müssen. Deshalb ist das nie wirklich in Frage gekommen.
ONETZ: Wie viel steckt von dir als Privatperson in "DJ Crypt"?
Markus Ludwig: Grundsätzlich ist DJ Crypt ja auch Markus. Jedoch habe ich mir als DJ mit der Zeit eine gewisse Mauer aufgebaut in Form eines Charakters, der auf Fremde vermutlich sehr arrogant, unnahbar und vielleicht auch unfreundlich wirkt. Aber das ist eben die Art, die ich für meine Arbeit als DJ festgelegt habe. Als DJ habe ich Bock auf die Menschenmengen im Club, darauf, laut zu sein – und immer einen Schnuff drüber. Privat bin ich zwar nicht komplett anders, aber doch um einiges ruhiger. Da ziehe ich die Natur und die Berge jedem Fest vor.
ONETZ: Was sind die Schattenseiten des DJ-Lebens?
Markus Ludwig: Da gibt es Unterschiedliche. Wenig Schlaf am Wochenende, nervige Musikwünsche, respektlose Gäste, die dir das grelle Handydisplay vor die Nase halten und sich einen Quatsch nach dem anderen wünschen. Vielleicht an dieser Stelle gut platziert: Trust your DJ! Wenn er ein Profi ist, dann weiß er, was er macht. Hinter der Arbeit steckt oft ein Konzept, zumindest war das bei mir so. Das war auch der Grund, warum ich keine Musikwünsche mehr angenommen habe. Nicht, weil es mich nicht interessiert, was die Leute hören wollen, sondern weil ich weiß, was ich mache und zu 95 Prozent früher oder später eh den Lieblingstrack von den meisten spielen werde.
ONETZ: Stimmt das Klischee - als DJ hast du viele Groupies?
Markus Ludwig: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass man als DJ keine eindeutigen Angebote bekommt. Oder dass man es nicht leichter hätte bei den Frauen. Allerdings wird das schnell aufdringlich, wenn Damen plötzlich neben einem im DJ-Pult stehen, obwohl sie dort nichts zu suchen haben. Wenn man sie nicht kennt und sie einfach nicht mehr gehen wollen. Das ist dann tatsächlich meistens eher unangenehm und störend als eine Freude. Aber ja, das Klischee stimmt.
ONETZ: Welche Vorurteile über DJs kannst du nicht mehr hören?
Markus Ludwig: Die üblichen: DJs sind nur am Feiern, trinken zu viel Alkohol, haben viele Frauen und nehmen Drogen. Die Leute sehen eben nur die Rampensau im DJ-Pult oder auf der Bühne. Das ist verständlich und auch ok – und bei manchen mag dieses Bild vielleicht auch tatsächlich zutreffen. Der Großteil der DJs, die ich kenne, ist absolut professionell und würden nie in so ein Klischee abrutschen. Genauso habe ich das auch gepflegt. Als DJ bist du in erster Linie Dienstleister, der bezahlt werden will. Deshalb muss man gut abliefern.
ONETZ: Du warst nicht nur DJ, sondern auch selbst Booker ...
Markus Ludwig: ... korrekt. Ich hatte diese Stelle damals im ehemaligen Magma-Club in Amberg übernommen. Ich war dafür zuständig, DJs und Live-Acts für den Club zu buchen und Veranstaltungen zu planen. Das ist eine sehr intensive und stressige Zeit gewesen, in der ich aber auch viele Möglichkeiten hatte. So habe ich unter anderem Sido und MC Fitti für Auftritte nach Amberg geholt. Das funktioniert so: Man ruft bei Agenturen oder Bookern der Acts an, verhandelt mit ihnen eine Gage und geht dann in die Promotion-Phase. Bei den größeren Acts gibt es dafür genaue Vorgaben, die im entsprechenden Künstlervertrag aufgelistet sind. Ebenso wie Anforderungen an den Abend, an dem der Künstler auftritt. Meist ist sogar vorgegeben, welche Getränke bereitstehen müssen. Das war eine gute und intensive Zeit, aus der ich viel mitnehmen konnte.
ONETZ: Wie bewertest du die regionale Szene?
Markus Ludwig: Die regionale Szene birgt einige Urgesteine, die ich sehr schätze und respektiere – zum Beispiel DJ Phar und DJ Maca. Es gibt auch einige junge Talente, die nachrücken und durchaus das Potenzial haben, ihren Weg erfolgreich zu gehen. Mit der Technik, die DJs heute zur Verfügung steht, ist es leichter, den Einstieg zu finden. Bei mir war das damals mit den Schallplatten noch schwerer. Allerdings ist es heute durch die Vielzahl an DJs schwerer für den Einzelnen, sich am Ende tatsächlich in den Clubs zu etablieren.
ONETZ: Wirst du erkannt und gibt es eine Fan-Scene in der Oberpfalz?
Markus Ludwig: Darauf achte ich nicht wirklich, aber manchmal fällt es mir schon auf. Als Fan-Szene würde ich das nicht bezeichnen. Es gibt sicherlich viele, die den Sound, den ich spiele, feiern und deshalb in die Clubs kommen. Das muss aber nicht zwingend ein Fan von mir als DJ sein – sondern eben von meinem Sound. Klar wurde ich hier und da auch schon angesprochen. Ich wurde gefragt, ob sie mit mir ein Foto machen können. Das sind schöne Momente, die mich ehren. Aber das passiert eher selten.
ONETZ: Du hast deine Karriere als DJ beendet. Eine schwere Entscheidung?
Markus Ludwig: Schon vor der Pandemie hatte ich überlegt, die Kopfhörer an den Nagel zu hängen. Durch Corona und den damit verbundenen Lockdown habe ich gemerkt, dass ich es tatsächlich weniger vermisse, als ich dachte. Deshalb hatte ich immer gezögert und überlegt, ob ich den Schritt wirklich gehen soll. Klar fehlt es mir jetzt schon in einer gewissen Weise, aber ich genieße die neue Freizeit, die ich jetzt an den Wochenenden habe. Dadurch konnte ich mir endlich meinen Traum vom eigenen Hund erfüllen. Also ist jetzt Rico, meine französische Bulldogge, bei mir eingezogen. Er hat mein Leben seitdem um so vieles bereichert, da ist es ok, dass ich nicht mehr auflege. Durch ihn und durch die neue Aufgabe nebenbei in einem Fitnessstudio bin ich ganz gut ausgelastet. Das ist für mich sehr wichtig. Ich kann nur schwer ohne Beschäftigung sein, weil ich es nicht mag, wenn ich mich langweile. Für immer werde ich das Auflegen aber nicht lassen können. Ich denke, dass man mich – sehr selten – noch in dem einen oder anderen Club hören wird.
ONETZ: Was würdest du heute deinem 18-jährigen Ich raten?
Markus Ludwig: Hahaha wow, sehr gute Frage. Ich denke, ich würde ihm sagen: „Mach alles, wie du es geplant hast, nur fokussierter.“ Ich weiß, dass mir durch meine Leichtfertigkeit das eine oder andere wichtige und große Booking durch die Lappen gegangen ist. Aber ich war immer frei von dem Zwang, etwas erreichen zu müssen – und das war gut. Aber ja, ich würde ihm raten, fokussierter und in manchen Punkten ernster zu sein.
Social Media und Mixtapes
Hier findest du alle Social-Media-Kanäle und Mixtapes von DJ Crypt
- www.soundcloud.com/real-dj-crypt
- www.mixcloud.com/djcrypt
- Instagram: @realdjcrypt
- www.youtube.com/abgcrypt

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