17.03.2022 - 15:28 Uhr

Bayern rumpelt zur digitalen Verwaltung

Mit einem Digitalgesetz will die Staatsregierung Behördengänge für Bürger und Unternehmen erleichtern. Experten haben im Landtag nun Nachbesserungen verlangt. Die Opposition sieht sich in ihrer Kritik bestätigt.

Die Wirtschaftsinformatikerin Ulrike Lechner von der Universität der Bundeswehr in München fordert, dass die Anwendungen Smartphones nutzbar sein müssen. Symbolbild: Frank Rumpenhorst
Die Wirtschaftsinformatikerin Ulrike Lechner von der Universität der Bundeswehr in München fordert, dass die Anwendungen Smartphones nutzbar sein müssen.

Bei einer Expertenanhörung im Wirtschaftsausschuss des Landtags haben die geladenen Fachleute klarere Vorgaben im geplanten bayerischen Digitalgesetz gefordert. "Viele Ziele im Gesetz bedürfen der stärkeren Konkretisierung, damit die Vorgaben in der Praxis auch Beachtung und Anwendung finden", sagte der Leipziger Honorarprofessor für Internetrecht, Wilfried Bernhardt.

ls Beispiel für zu unkonkrete Vorgaben nannte Bernhardt die Bestimmungen zu den digitalen Rechten der Bürger. Es brauche in Bezug auf Auskunftspflichten der Behörden "möglichst glasklare Richtlinien", damit diese sich nicht aus ihrer Verantwortung "herauswinden" könnten. Insgesamt sei es aber zu begrüßen, dass in Bayern mit dem Gesetz "der Schalter vom Analogen zum Digitalen in der Verwaltung umgelegt" werden solle.

Anwendungen auf Smartphones nutzen

Der Direktor des Berliner IT-Think-Tanks "iRights Lab", Philipp Otto, riet ergänzend zu Präzisierungen bei der digitalen Barrierefreiheit und den Sanktionen bei Nichtbefolgung der Vorgaben durch Kommunen und Behörden. "Je konkreter, desto besser", lautete Ottos Devise. Die Wirtschaftsinformatikerin Ulrike Lechner von der Universität der Bundeswehr in München plädierte dafür, sich bei der Software-Ausstattung der Verwaltungen an professionelle Unternehmen zu halten. Sicherheit und Datenschutz seien erforderlich, um das Vertrauen der Nutzer zu gewährleisten, betonte Lechner. Zudem müssten die Anwendungen auf durchschnittlichen Smartphones nutzbar sein. Ein Handy habe heute jeder, nicht unbedingt aber Laptop oder PC.

Überwiegend positiv äußerte sich der Münchner Professor für Recht und Sicherheit der Digitalisierung, Dirk Heckmann. Der Gesetzentwurf sei ein "außerordentlich gelungenes Beispiel für Staats- und Verwaltungsmodernisierung", sagte er. Christine Völzow von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft plädierte für eine schnelle Umsetzung der gesetzlich geplanten Vorgaben. Unternehmen mit ihren zahlreichen Behördenkontakten warteten sehnlichst auf die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen.

Städtetag fordert Kostenerstattung durch den Freistaat

Bernd Buckenhofer vom Bayerischen Städtetag vermisste Regelungen zur Kostenerstattung für die vom Staat geforderten Investitionen. Diese müssten "explizit im Gesetz aufgeführt" werden, um spätere Streitfälle zu vermeiden.

Die Opposition sah sich durch die Experten in ihrer Kritik bestätigt. Helmut Kaltenhauser (FDP) sprach von einem "lückenhaften Gesetzentwurf, der die Tinte auf dem Papier nicht wert ist". Der Grüne Benjamin Adjei ergänzte, das Gesetz könne nur dann "echte Power entwickeln", wenn entscheidende Punkte wie Nachhaltigkeit, offene Daten und Barrierefreiheit keine bloßen Floskeln seien. Nach Ansicht von Annette Karl (SPD) ergebe sich aus dem Gesetz nur dann Sinn, wenn es das Leben der Menschen konkret leichter mache. Diesem Anspruch genüge es an vielen Stellen noch nicht.

Deutschland & Welt16.03.2022
 
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