Es sind zwei Zahlen aus dieser Woche, die die Delegierten wie schweren Ballast mit auf den CSU-Parteitag nach Nürnberg genommen haben: 29 und 28. Sie drücken gewaltig auf die Stimmung, denn es sind die Werte aus zwei repräsentativen Umfragen.
Wäre diesen Sonntag schon Bundestagswahl, würden also nicht einmal 30 Prozent der bayerischen Wähler ihr Kreuzchen bei der CSU machen. Für eine Partei, für die lange Jahre das "50 plus X" die Messlatte war, ist das ein schwerer Schlag. Und für den Vorsitzenden Markus Söder eine echte Herausforderung. Denn Verantwortung trägt er dafür nur bedingt.
Mit Söder ginge es besser
Rechtzeitig zum Parteitag hat das CSU-Generalsekretär Markus Blume im Interview mit dem "Spiegel" noch einmal klargestellt. Mit Söder als Kanzlerkandidaten stünde die Union in den Umfragen "natürlich" besser da - zumindest in Bayern. Das deckt sich mit der Einschätzung der meisten Delegierten, die aber offenbar trotzdem gewillt sind, den tatsächlichen Kandidaten Armin Laschet von der CDU zumindest nicht weiter zu brüskieren. Sie raffen sich zu einem tosenden Beifall auf, als Söder gleich zu Beginn seiner Parteitagsrede sagt: "Wir wollen keinen Linksrutsch in Deutschland, wir wollen Armin Laschet als Kanzler haben!" Ganz traut Söder dem Jubel aber anscheinend nicht, sonst müsste er sich später nicht noch mit der eindringlichen Bitte ans Parteivolk wenden, Laschet bei dessen Auftritt am Samstag einen "tollen Empfang" zu bereiten.
Man kann Söder nicht vorwerfen, er hätte die missliche Lage der Union zwei Wochen vor der Wahl verheimlicht. Die Umfragewerte seien "nicht ausreichend", formuliert er zutreffend und müht sich anschließend in Zuversicht. "Wir müssen den Trend brechen, wir können das auch", ruft er in die Weite der Messehalle. Man müsse nun "um jedes Prozent kämpfen", denn er habe "keinen Bock auf Opposition".
Auf den letzten Metern
Es gehe darum, Bayern zu stärken und "Deutschland vor den Linken zu retten". Zu denen zählt Söder neben den echten Linken auch SPD und Grüne, und allesamt sollten sich diese trotz ihres aktuellen Umfragevorsprungs nicht zu sicher sein. "Wir fangen euch noch auf den letzten Metern ab", stachelt er die Seinen zu Kampfesmut an.
Für das von ihm ausgerufene Wochenende der Trendwende redet Söder aber insgesamt recht schaumgebremst. Seine Gags kennt der geneigte Zuhörer schon vom Gillamoos-Auftritt am Montag, und das Schlimmste, was ihm über den Grünen Anton Hofreiter einfällt, ist dessen offenkundige Weigerung, sich einem bayerischen Friseur anzuvertrauen. Immerhin prophezeit er dem SPD-Kandidaten Olaf Scholz im Falle seiner Wahl eine Karriere als "Schuldenkanzler". Natürlich thematisiert Söder einen drohenden Linksrutsch in der Republik, nachdem Scholz noch immer nicht definitiv ausgeschlossen hat, im Zweifel eine Koalition mit den Linken zu bilden. Es gehe um Freiheit oder eine "linke Umerziehungsmoral". Und für alle, die es nicht oder nicht mehr wissen, stellt er noch einmal fest, dass die Linke die offizielle Nachfolgerin der DDR-Staatspartei SED sei.
Echte Bauernpartei
Ansonsten bemüht sich Söder darum, traditionelle CSU-Stammwähler bei der Stange zu halten. "Die einzige echte Bauernpartei in Deutschland ist die CSU", sagt er. Söder stellt sich hinter die bayerischen Polizisten und lobt die Einsatzkräfte der Bundeswehr, er bricht eine Lanze für den Mittelstand und die kleinen Unternehmer, und natürlich darf der Einsatz für die Mütterrente nicht fehlen. Dass die bald allen Müttern gewährt werde, sei eine "Koalitionsbedingung der CSU".
Was Söder anders als zuletzt weglässt, ist ein Werben um ökobewegte Wähler. Den Vorwurf aus den eigenen Reihen, zu grün zu sein, setzt sich Söder dieses Mal nicht aus. Nur so viel: Der Klimaschutz sei eine "christlich-ethisch-moralische Aufgabe".
Mittelmäßiges Söder-Ergebnis
Restlos überzeugen kann Söder die Delegierten aber nicht, auch nicht mit seiner Corona-Bilanz. Mit 87,6 Prozent wird er zum Parteichef wiedergewählt, das ist in der CSU-Historie ein eher mittelmäßiger Wert und doch um einiges weniger als bei seiner ersten Wiederwahl 2019. Söder nimmt es sportlich. Ein CSU-Ergebnis in dieser Höhe bei der Bundestagswahl wäre doch nicht schlecht. Man wird ja noch träumen dürfen.
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