Mikroabenteuer verbinden viele im ersten Moment mit einer Übernachtung in der Wildnis – ohne Zelt und Equipment. Doch als frischer Mikroabenteurer braucht es gar keine Nacht am Fluss oder auf einer abgelegenen Wiese. Kein Überlebenstraining im Wald. Um auf den Geschmack zu kommen, können Nachwuchsabenteurer – so wie ich – klein beginnen: Mit einem Ausflug an einen unbekannten Ort in der Nähe, einer neuen Sportart oder einer Wandertour zu einer außergewöhnlichen Uhrzeit. Hauptsache, man macht etwas Ungewohntes und verlässt seine Komfortzone. Genau das will ich versuchen. Innerhalb einer Woche will ich drei Mal aus meinem Alltag ausbrechen und unterschiedliche Mikroabenteuer erleben.
Mikroabenteuer 1: Ran an die Rollen - Inlinern bei Nacht
Es ist ein kühler Frühlingsabend. 19 Uhr, dunkel und eiskalt. Eigentlich würde ich mir jetzt definitiv keine Inliner an die Füße schnallen, doch mein Selbsttest „Mikroabenteuer“ bedeutet für mich vor allem eines: Ich will aus meinen Gewohnheiten ausbrechen und offen für Neues sein. Also ziehe ich mir eine dicke Jacke an, streife Handschuhe über, lege Gelenkschützer an und setze meine einzige Lichtquelle auf – die Stirnlampe. Mein Ziel: Ich will den Bockl-Weg in Floss entlangfahren – bei völliger Dunkelheit. Am Parkplatz schnüre ich meine Inliner und rolle dann vorsichtig den Rad- und Wanderweg entlang. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, so wenig sehen zu können, doch nach und nach gewöhnen sich meine Augen an diese Situation. Ich werde mutiger – und fahre schneller. Ich spüre den kalten Wind in meinem Gesicht und wundere mich, wie still doch alles ist. Immer wieder merke ich kleine Hindernisse auf dem Asphalt unter meinen Rollen, die mir bei Tageslicht noch nie aufgefallen sind. Nach etwa einem Kilometer bin ich voll und ganz eingetaucht – in mein kleines Abenteuer in der Nacht. Ich genieße die Natur, die im Verborgenen liegt, das Gefühl von Freiheit. Ich merke, wie ich langsam in einen meditativen Zustand verfalle. Das liegt wohl daran, dass ich mich auf den Weg vor mir im kleinen Lichtkegel konzentrieren muss. Ich vergesse alles um mich herum, die Anspannung meines Alltags fällt von mir ab und ich lebe komplett in dem Moment. Als ich mich wieder auf den Rückweg mache, spüre ich die Kälte kaum noch, genauso wenig wie die anfängliche Unsicherheit. Nach rund zwei Stunden beende ich meine Abenteuer-Tour – glücklich, mich an dieses Erlebnis gewagt zu haben.
Mikroabenteuer 2: Geh an deine Grenzen - Klettern am Fels
Klettern macht Spaß, befreit den Kopf und ist ein super Ganzkörpertraining. Da ich schon einmal in der Kletterhalle war, weiß ich, wie anstrengend es werden kann. Genau deshalb wähle ich als zweites Mikroabenteuer: Klettern am Felsen in der Natur. Ohne bunte Greifelemente und weiche Matten am Boden. Die Herausforderung: Ich muss mir den Weg nach oben selbst erarbeiten, erfühlen und mich mit viel Kraft nach oben hangeln. Ich starte am frühen Nachmittag zu meinem Abenteuer und mache mich auf den Weg nach Neuhaus im Landkreis Neustadt/WN. Dort gibt es den Burgfelsen, an dem man wunderbar klettern kann. Ein Tipp: Wenn man wenig Erfahrung hat, sollte man immer zu zweit klettern. Es ist besser, wenn der Kletterer zusätzlich vom Boden aus gesichert wird. Vor Ort treffe ich deshalb meinen Kletterkumpel. Da ich die Ausrüstung von ihm leihen kann, ist das Abenteuer für mich kostenlos.
Ich schlüpfe in das Klettergeschirr und zurre die Gurte, die ich zuvor um meine Hüfte und die Oberschenkel gelegt habe, gut fest. Das Sicherungsseil, das mich vor einem Absturz bewahren soll, befestige ich in einer Schlaufe auf Bauchnabelhöhe. Mit einem mulmigen Gefühl blicke ich am Felsen hinauf. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass ich diese Gesteinswand jemals hinaufkommen soll. Mein Begleiter ermutigt mich, einfach loszulegen. Ich reibe meine Hände mit Kalk ein und ertaste die erste Vertiefung im Felsen. Schnell finde ich Halt in einer Felslücke und ziehe mich nach oben. Es ist harte Arbeit für meine Arme und meine Beine. Doch das Gefühl, die ersten Höhenmeter geschafft zu haben, macht die Anstrengung nebensächlich. Ich fokussiere die nächste, mögliche Mulde, muss jedoch ein wenig herumprobieren, bis ich eine Stelle finde, an der meine Hände einen guten Halt finden. Ich ziehe und drücke mich wieder nach oben, mein Puls steigt. Ich hänge schon einige Meter hoch im Felsen und merke, dass meine Kraft langsam nachlässt. Ein bisschen höher will ich aber noch. Das Abenteuer hat meinen Ehrgeiz geweckt. Dieses Mal ist es gar nicht so einfach, eine Greifmöglichkeit zu finden. Ich werde nervös, finde dann aber eine Stelle und schaffe es zur ersten Aussichtsplattform, einem etwa halben Quadratmeter großen Eisengitter. Erschöpft aber glücklich genieße ich die Aussicht und spüre, wie sich Adrenalin in meinem Körper ausbreitet. Jetzt stehe ich vor der letzten Herausforderung: das Ablassen. Ich lehne mich nach hinten, sodass mein Körper „im Freien“ hängt und nur noch meine Füße Kontakt zum Felsen haben. Langsam lässt mich mein Begleiter durch das Sicherungsseil hinab, bis ich endlich wieder sicher am Boden stehe. Ich streife das Klettergeschirr ab und atme tief durch. Meine Beine und Arme fühlen sich schwer an. Doch am Ende des gut dreistündigen Kletterabenteuers bin ich glücklich, zufrieden und stolz auf mich.
Mikroabenteuer 3: Tanke Energie und erlebe einen Sonnenaufgang
Am liebsten gehe ich abends spazieren. Ich finde die Atmosphäre einfach wundervoll – das weiche Licht der flachen Sonnenstrahlen, die beginnende Dämmerung, die Ruhe. Eher selten kommt es vor, dass ich frühmorgens einen Spaziergang mache, um in die Morgenstimmung einzutauchen. Genau deshalb ist eine kleine Wanderung in der Früh ein super Mikroabenteuer – weil es etwas Ungewohntes für mich ist. Der Plan: Noch vor Arbeitsbeginn will ich losziehen, um zu erleben, wie die Welt langsam erwacht – und dabei den Sonnenaufgang zu genießen. Ich suche mir dafür wieder einen Ort in meiner Umgebung, lasse mein Auto stehen und packe das Nötigste, das ich für meine Tour brauche: Eine dicke Jacke, Wasser und natürlich eine Lampe.
An diesem Tag beginnt meine Morgenroutine anders als sonst. Ich schlüpfe in meine Outdoorhose statt in Jeans und lasse die Sneakers im Regal. Heute wähle ich die Wanderschuhe. Nach kurzer Zeit erreiche ich eine kleine Schutzhütte im Wald, von der aus ich mein Abenteuer starte. Ich spaziere den idyllischen Forstweg entlang und lausche dem Zwitschern der Vögel. Als ich an eine Lichtung komme und auf die Landschaft blicke, spüre ich eine innere Ruhe und Gelassenheit. Ich atme die kühle Luft tief ein und beobachte die zauberhaften Farben des langsam dämmernden Himmels. Nahe der Erdoberfläche ist er bereits rosa gefärbt und hüllt die Landschaft in ein zartes, warmes Licht. Ich wandere noch ein Stück durch den Wald, der nach Harz duftet, bis ich kurze Zeit später am Aussichtspunkt ankomme. Von hier aus habe ich den perfekten Blick Richtung Osten, um die aufgehende Sonne zu beobachten. Allmählich schiebt sie sich Stück für Stück hinter dem Horizont hervor. Auf meiner Haut spüre ich ihre leichte Wärme. Ich genieße den Augenblick und das unbeschreibliche Gefühl, das noch lange anhalten wird: Glück. Nach meinem einstündigen Ausflug mache ich mich voll neuer Energie auf den Weg zu meinem Arbeitsplatz. Der perfekte Start in den Tag.
Fazit nach drei aufregenden Mikroabenteuern
Um Mikroabenteuer zu erleben, muss ich nicht weit fahren, brauche kaum Geld und kann an meine Grenzen gehen. Jedes meiner drei Abenteuer hat mich bereichert, mit neuer Energie geladen und mir gezeigt, dass vieles möglich ist, wenn man es nur wirklich will. Deshalb kann ich nur jedem raten: Geh mit offenen Augen durch die Region, sei bereit, aus deiner Komfortzone auszubrechen und lass dich von den kleinen und großen Abenteuern mitreißen, die dir begegnen.
Ob es ein Spaziergang in den Morgenstunden ist, für den man sich den Wecker früher stellt, ein aufregender Kletternachmittag oder ein Ausflug in der Dunkelheit – es lohnt sich. Ich bin mir sicher: Es werden nicht meine letzten Mikroabenteuer gewesen sein. In der Region gibt es noch so viel zu erleben – und diese Besonderheiten will ich nach und nach entdecken.
Aufregender Trend, unzählige Möglichkeiten
Mikroabenteuer sind kleine Erlebnisse und Auszeiten aus dem Alltag, die einige Stunden oder Tage dauern können. Das Abenteuer kostet wenig bis gar nichts, ist in der nahen Umgebung des Wohnortes realisierbar und braucht keine umfangreiche Planung – je spontaner, desto spannender wird es. Als Pionier der Mikroabenteuer gilt der britische Abenteurer Alastair Humphreys. 2014 veröffentlichte er sein Buch über die Auszeiten vom Alltag, in dem er den Charakter der Mikroabenteuer als „kurz, einfach, lokal, günstig, aufregend, herausfordernd, erfrischend und bereichernd“ bezeichnet. Das Besondere: Jeder kann sie erleben, egal ob Anfänger oder Outdoorprofi. Das Ausbüxen, wie der Trend inzwischen von vielen Deutschen genannt wird, bietet unzählige Möglichkeiten – solange Abenteuerlustige die richtige innere Einstellung haben und für ihre Umgebung offen sind.
Aussichtspunkte in der Region
Du suchst nach Inspiration und willst dir einen Überblick verschaffen, was die Oberpfalz alles zu bieten hat? Dann besteige einen der zahlreichen Aussichts- türme in der Region:
- OBERPFALZTURM IM STEINWALD: Der 33 Meter hohe Holzturm befindet sich am höchsten Punkt im Steinwald: der Platte (946 Meter über NN). Er bietet einen großzügigen Ausblick auf die umliegende Natur. Zu finden ist er auf dem Fernwanderweg Fränkischer Gebirgsweg. Gut zu erreichen ist er von den Wanderparkplätzen Neuköslarn und Pfaben (Kreis Tirschenreuth).
- BÖHMERWALDAUSSICHTSTURM: Der Turm steht bei Schönsee (Kreis Schwandorf) nahe des Weingartenfelses (898 Meter ü. NN). Von seiner Aussichtsplattform aus sieht man den Oberpfälzer Wald, den Böhmerwald und den Bayerischen Wald. Der Start zu einer Rundwanderung zum Turm ist ab dem Wanderparkplatz am Hochfels in Stadlern möglich. Sie ist rund neun Kilometer lang und führt über die Burgruine Reichenstein.
- AUSSICHTSTURM RÖDLAS: Der Aussichtsturm befindet sich am Rödlasberg bei Hirschau (Kreis Amberg-Sulzbach) und ist 32 Meter hoch (579 Meter ü. NN). Er bietet einen einmaligen Panoramablick. Bei klarer Sicht sind unter anderem der Oberpfälzer Wald, der Böhmerwald und die Fränkische Schweiz zu sehen. Erreichen kann man den Aussichtsturm Rödlas über den Hirschauer Turmweg, der ab dem Kalvarienberg in Hirschau beginnt.
- BUTTERFASSTURM: Der 32 Meter hohe Turm gehört zur Burg Neuhaus (Kreis Neustadt/WN). Er liegt über dem Tal der Waldnaab und bietet eine Rundumsicht über die Stadt Windischeschenbach sowie einen Blick zum 83 Meter hohen Bohrturm des Geo-Zentrums an der Kontinentalen Tiefbohrung. Den Butterfassturm erreicht man unter anderem über den Wanderweg Goldsteig 04: Neuhaus – Letzau.
Schritt für Schritt zum Abenteurer
Du hast Lust auf Mikroabenteuer, weißt aber nicht, wie du anfangen sollst? Wenn du diese Liste abgearbeitet hast, kannst du dich offiziell „Mikroabenteurer“ nennen:
- 1. Steh früh morgens auf und beobachte den Mond, während er untergeht.
- 2. Wirf einen Blick in den Veranstal- tungskalender deiner Stadt – und besuche spontan ein Event.
- 3. Pack deinen Picknickkorb mit Leckereien – und picknicke unter dem Sternenhimmel
- 4.Wanderstiefel an und raus in die Natur: Erklimme den höchsten Berg in deiner Umgebung.
- 5. Setz dich auf dein Rad und fahr los – ohne bestimmtes Ziel.
- 7. Ruhe, frische Luft – wandere durch die Nacht.
- 8. Baden nur im Sommer: Das muss nicht sein. Bade außerhalb der Saison in einem See.
- 9. Trau dich in die Natur: Pack deinen Rucksack und übernachte im Wald oder auf einer Wiese – ohne Zelt.
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