München
19.05.2021 - 17:17 Uhr

Polizeiaufgabengesetz bleibt umstritten

Das neue Polizeiaufgabengesetz bleibt auch nach der von der Staatsregierung eingeleiteten Entschärfung an mehreren Punkten umstritten. Das wurde bei einer Expertenanhörung im Landtag deutlich.

Das Polizeiaufgabengesetz bleibt umstritten. Symbolbild: Peter Kneffel
Das Polizeiaufgabengesetz bleibt umstritten.

Mehrere Rechtsexperten halten auch das novellierte bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) an einigen Punkten für verfassungswidrig. In der Kritik steht dabei weiter der Begriff der "drohenden Gefahr", der der Polizei weitgehende Einsatzrechte bis hin zur Telefonüberwachung schon im Vorfeld einer möglichen Straftat einräumt. Auch weitere Bestimmungen, wie zum Beispiel der zwar auf maximal zwei Monate verkürzte, im Bundesvergleich aber noch immer deutlich längere Präventivgewahrsam oder der Einsatz von Bodycams bei Einsätzen in Wohnungen wurde bei einer Anhörung im Innenausschuss des Landtags von einigen Experten moniert.

Der Freiburger Rechtsprofessor Rolf Poscher bezeichnete die noch immer weitgehende unscharfe Definition der "drohenden Gefahr" als unverhältnismäßig, weil sie sich gegen jeden Bürger richten könne. Dem schloss sich der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri an. "Die Bürger wissen nicht, wann und warum sie kontrolliert werden dürfen", sagte er. Ohne weitere Präzisierungen halte er das Gesetz für verfassungswidrig. Auf Bedenken stieß auch die Regelung, wonach im Präventivgewahrsam Festgehaltene ausdrücklich auf einen Anwalt verzichten könnten. Der Leiter der PAG-Kommission und frühere Verfassungsrichter Karl Huber warnte in diesem Zusammenhang davor, dass Betroffene unter Hinweis auf mögliche Anwaltskosten zum Verzicht auf einen Rechtsbeistand gedrängt werden könnten.

Unterstützung für die Gesetzesnovelle kam vom Bayreuther Rechtsprofessor Markus Möstl. Er erklärte, die Einführung der Kategorie der "drohenden Gefahr" als Rechtfertigung für polizeiliche Präventivmaßnahmen stehe auf "verfassungsrechtlich gesichertem Boden". Der Münchner Polizeipräsident Thomas Hampel sagte, mit der "drohenden Gefahr" würden bisherige "Schutzlücken" in der Gefahrenabwehr geschlossen. Sein unterfränkischer Kollege Martin Wilhelm lobte die Novelle als für die Einsatzkräfte wirkungsvoll und "anwenderfreundlich". Es handle sich um eine "gelungene Weiterentwicklung" des PAG, mit der auf neue Herausforderungen reagiert werde.

Die Opposition blieb bei ihren Bedenken. Zwar begrüßte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze, dass einige Kritikpunkte ihrer Partei sowie der PAG-Kommission aufgenommen worden seien, insgesamt sei die Novelle aber nur ein "Reförmchen". Die Grünen würden deshalb an ihren laufenden Verfassungsklagen gegen das Gesetz festhalten. Alexander Muthmann (FDP) sah trotz der Veränderungen die Balance zwischen den Freiheitsrechten und dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger nicht ausreichend gewahrt. Für die SPD bleibt das Manko des Gesetzes, dass die Befugnisse für die Polizei weit in das Vorfeld einer möglichen Straftat vorverlagert würden.

München24.02.2021
 
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