München
07.02.2022 - 15:14 Uhr

Die Sperrstunde in der Gastro fällt: Söder kündigt Lockerungen an

Nach einer CSU-Vorstandssitzung kündigt Markus Söder weitere Corona-Lockerungen noch in dieser Woche an. Profitieren sollen Gastronomie, Kultur und Sport. Die Impfpflicht für Pflegeberufe will Söder in Bayern vorerst aussetzen.

Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, nimmt in der Parteizentrale nach einer Sitzung des CSU-Vorstands an einer Pressekonferenz teil. Bild: Sven Hoppe
Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, nimmt in der Parteizentrale nach einer Sitzung des CSU-Vorstands an einer Pressekonferenz teil.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat weitere Lockerungen bei den Corona-Regeln angekündigt. Man wolle den "Einstieg in den Ausstieg" angehen und eine "schrittweise Rückkehr in die Normalität" erreichen, sagte Söder am Montag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands.

Konkret soll auf der Ministerratssitzung am Dienstag beschlossen werden, die Sperrstunde in der Gastronomie aufzuheben. Allerdings soll es dort bei der 2G-Regel bleiben. Anders bei den Anbietern körpernaher Dienstleistungen: Dort soll auf 3G mit Maskenpflicht umgestellt werden.

Weitere Öffnungen stellte Söder für Kultur- und Sportveranstaltungen in Aussicht. In beiden Bereichen soll zwar 2G-plus mit Maske weitergelten, in der Kultur dürfen aber wohl künftig bis zu 75 Prozent der Zuschauerplätze ausgelastet werden, beim Sport 50 Prozent, wobei hier nun auch die Stehplätze mit einbezogen werden.

Die Obergrenze in Sportstadien wird von 10 000 auf 15 000 Zuschauer angehoben. Söder sprach von "sanften und kontrollierten Öffnungen". Möglich würden diese, weil die hohen Infektionszahlen sich weiterhin kaum auf die Belegung in den Krankenhäusern auswirkten. Stand jetzt drohe dem Gesundheitswesen in der Omikron-Welle keine Überlastung.

Schulen: Söder weißt Vorwürfe zurück

Für den Bereich der Schulen wies Söder Vorwürfe als falsch zurück, es sei dort ein "bewusstes Durchdringen mit Corona gewollt". Man wolle den Präsenzunterricht vor allem mit Blick auf die anstehende Phase der Abschlussprüfungen weitestgehend aufrechterhalten, aber nicht um jeden Preis. "Jetzt Präsenzunterricht aufzuheben, ist der falsche Ansatz", erklärte er. Vielmehr müsse das Testen ausgeweitet und für klare Quarantäneregeln gesorgt werden. In diesem Zusammenhang kündigte er eine Präzisierung der erst vergangene Woche geänderten Regeln für den Übergang in den Distanzunterricht an.

Bei der zum 15. März geplanten bundesweiten Einführung der Impfpflicht in Pflege- und Gesundheitsberufen will Söder in Bayern "großzügige Übergangsregeln" einführen. Er sprach von einer "De-facto-Aussetzung" der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Freistaat. Für wie viele Monate das gelten werde, sei noch offen. Zwar stehe er zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, das Vorziehen für die Pflegeberufe berge aber die Gefahr, dass viele Mitarbeiter ihre Jobs aufgeben würden. Es wäre aber eine "absurde Situation", wenn die Überlastung des Gesundheitssystems nicht durch die Infektionslage verursacht würde, sondern durch "Ausweichbewegungen" beim Personal.

Mit "bayerischen Akzenten" in die MPK

Wie Söder betonte, werde die Staatsregierung die vom CSU-Vorstand gebilligten Maßnahmen bereits im Vorfeld der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in der kommenden Woche als "bayerische Akzente" in der laufenden Öffnungsdebatte umsetzen. Er gehe von einer Zustimmung auch des Koalitionspartners Freie Wähler aus. Man bleibe im "Team Vorsicht", wolle nun aber Vorreiter im "Team Hoffnung" sein.

Von Bundesseite aus gehe es da derzeit "etwas zäh voran", die neue Bundesregierung wirke in ihrer Corona-Politik "uneins und überfordert", sagte Söder. Die Lage im Gesundheitswesen erlaube es, "klarere und mutigere Schritte" zu gehen. Auf der MPK kommende Woche wolle er zudem vorschlagen, den Status für Genesene wieder auf sechs Monate zu verlängern und Reisebeschränkungen für das Ausland anzupassen oder gar aufzuheben.

München28.01.2022
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München07.02.2022
 
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Martin Pfeifer

Ein Blick auf die aktuellen Zahlen des Corona-Dashboard des RKI sagt uns: Bayern ist bei Corona zur Zeit führend. Von den 10 Landkreisen mit den höchsten Infektionszahlen kommen 5 aus Bayern. Die anderen 5 Plätze in den Top 10 verteilen sich auf immerhin 5 Bundesländer. Der Landkreis mit der höchsten Inzidenz überhaupt (Fürstenfeldbruck, 4084) hat knapp 12,5% Vorsprung zum Zweitplatzierten (Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf in Berlin, 3593) sowie über 1500 Fälle pro 7 Tage Vorsprung zum Dritten (Hochsauerlandkreis in NRW, 2638).

Bayern führt auch im Landesvergleich (Inzidenz 1786) knapp vor Berlin als zweitplatzierten (Inzidenz 1720). Letzteres ist sicherlich noch ausbaufähig, daran arbeitet die CSU ja gerade kräftig. Die Abweichungen der Corona-Regelungen in Bayern von den Beschlüssen der Ministerpräsidenten-Konferenz zeigen ihre Wirkung. Zum Beispiel die Gastronomie, wo 2G statt 2Gplus gilt. Diese weichere Regel hat man mit der Sperrstunde begründet. Diese Kompensation für das nicht eingeführte 2G+ schafft man jetzt konsequenterweise ab. Genauso: bitte noch mehr Zuschauer bei großen Sportveranstaltungen. Die sind ja im Freien. Nur: wenn mehrere Personen im Freien ganz dicht nebeneinander stehen, stecken sie sich auch an. Hat man in Köln bei einem Fußball-Bundesliga-Spiel auch so erlebt. Maske war zwar angeordnet, wurde aber nicht getragen. Und wie ist das überhaupt bei der An- und vor allem der Abreise? Es gibt genug Erfahrungen, die sagen, das so etwas nicht gut geht.

Es ist offensichtlich, das die jetzt angekündigte Lockerung wohl die angestrebte Durchseuchung des "ungeimpften Rest" anheizen wird. Es wird auch viele vollständig Geimpfte treffen. Und damit werden auch die Fall-Zahlen bei den Langzeit-Folgen - Stichwort "Long-Covid" - steigen. Das ist für die CSU sicher keine Belastung des Gesundheitssystems, die macht sich ja akut nicht bemerkbar. Infektionsschutz - ein Auslaufmodell, das brauchen wir anscheinend gar nicht mehr.

Und trotz der Lockerung der Quarantäne-Regeln für Kontaktpersonen: jeder Infizierte fehlt an seinem Arbeitsplatz. In der Öffentlichkeit sieht man das an ausfallenden Bussen und Bahnen, was zur Zeit in den Betrieben abgeht, sieht eh keiner. Bis die Betriebe wegen Personalmangel Kurzarbeit anmelden müssen.

Das eigentlich Ungeheuere ist aber, das der CSU-Vorstand jetzt beschließt, welche Regeln ab demnächst gilt. Offensichtlich brauchen wir gar kein Kabinett mehr, das kann der CSU-Vorstand auch gleich noch mitmachen. Dieser Vorgang zeigt wieder einmal, wie die CSU wirklich denkt: alles für die Macht, alles für den persönlichen Vorteil.

Lockerungen mitten in der ansteigenden Phase der fünften Welle, nur weil die Intensiv-Staionen im Gegensatz zu den vorherigen Wellen noch nicht komplett übergelaufen sind - gegen den Rat aller Wissenschaftler! Ob diese populistische Aktion der CSU bei der nächsten Landtagswahl wirklich hilft? Ich glaube, das wird ihr selbst kurzfristig nicht helfen und beim nächsten Wahltag erst Recht nicht. Herr Söder ist sich selber ja treu geblieben: immer schön die Fahne in den Wind drehen.

07.02.2022
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