Man weiß nicht, was sich die AfD dabei gedacht hat, den Entwurf ihres "Bayerischen Sprachschutzgesetzes", das dem Schutz und der Förderung der im Freistaat gesprochenen Mundarten dienen soll, ausgerechnet durch ihren Abgeordneten Ingo Hahn vorstellen zu lassen, wo sie doch - trotz einiger Austritte - noch immer genügend muttersprachliche Franken, Oberpfälzer, Altbayern und Schwaben in ihren Reihen hat. Hahn - wohl im Norddeutschen ausgewachsen, er selbst macht darum ein Geheimnis - mag viele Sprachen beherrschen, in Bayern gesprochene sind jedenfalls nicht darunter. Als er sich am Rednerpult des Landtags daran versucht, klingt das eher nach peinlicher Realsatire eines - wie sich Hahn in einem Anflug von Selbstironie bezeichnet - "großkopferten Gscheidhaferls".
Versteht man den in Münster diplomierten Geographie-Professor Hahn richtig, dann droht den Dialekten in Bayern das Aussterben. Die Mundarten seien "hochgradig gefährdet", weil Dialektsprecher überall diffamiert und diskreditiert und Kinder in den Schulen von ihren Lehrern zum Sprechen des Hochdeutschen angewiesen würden. Was es deshalb brauche, sei ein Sprachschutzgesetz nach norwegischem Vorbild. Dort seien neben der Hochsprache sechs weitere "Sprachvarietäten" amtlich zugelassen.
Ausnahme in Ämtern und Behörden
Auf Bayern übertragen führt der AfD-Gesetzentwurf Rheinfränkisch, Oberost- und Unterostfränkisch sowie Ostschwäbisch, Niederalemannisch und die nordbairischen, mittelbairischen und südbairischen Dialekte auf. Wer diese oder ihre Unterarten spricht, soll nach den Vorstellungen der AfD nicht diskriminiert oder zur Verwendung der Hochsprache genötigt werden. Wobei zumindest - soviel Ausnahme darf sein - in Ämtern und Behörden in einem "klaren und korrekten Deutsch kommuniziert" werden müsse.
Nach Hahns etwas gestelzten Ausführungen übernimmt Vorzeige-Oberbayerin und Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) die Sitzungsleitung mit den Worten: "So, dann pack ma's jetz mit der Aussprache, und der Erschte, der wos zum Sogn hat, ist der Dorow Alex." Der Mann von der CSU attestiert der AfD gleich auf gut bairisch: "An rechtn Schmarrn habts da zammgeschriebn!" Dialekte erführen in Bayern eine große Wertschätzung, ihr Gebrauch werde sogar finanziell gefördert, betont Dorow. Dass Dialektsprecher in Politik und Medien - wie von der AfD behauptet - als "zurückgebliebene Dörfler" ausgegrenzt würden, habe mit der Realität nichts zu tun. An den Schulen sei die Verwendung von Dialekten sogar Teil des Lehrplans.
"Deutschtümelnde Gesinnungsideologie"
Sehr wohl ausgegrenzt fühlt sich dagegen die Grüne Susanne Kurz, und zwar von "Höckes Sprachpolizei". Im Idiom ihrer Heimat, der Jahrhunderte zu Bayern gehörenden rheinischen Pfalz, geißelt sie unter beträchtlicher Herausforderung der Stenografen die Engstirnigkeit der AfD. Wie dort "gebabbelt" werde, finde im AfD-Gesetzentwurf nämlich keine Erwähnung, echauffiert sich Kurz. Mehr leidenschaftlich vorgetragenen Dialekt als bei ihr hat der Landtag vermutlich seit dem Tod des Ur-Grünen Sepp Daxenberger nicht mehr gehört. Im Gegensatz dazu gepflegtem Münchnerisch wirft Wolfgang Heubisch (FDP) der AfD "deutschtümelnde Gesinnungsideologie" vor und schreibt ihr ins Stammbuch: "Sprache und Dialekte gehören gepflegt und nicht gesetzlich verordnet."
So sieht das auch der Vollblut-Unterfranke Volkmar Halbleib (SPD). Mit ihrer Vorlage wolle die AfD die Dialekte in ein "gesetzliches Zwangskorsett" stecken. Statt den freien Gebrauch der Mundarten zu schützen, werde darauf mit sprachwissenschaftlichen Belehrungen eingegriffen, und das auch noch in sich unlogisch. Als schillernden Kronzeugen dafür, dass in Bayern Dialektsprecher nicht diskriminiert und Mundarten nicht verdrängt würden, zeigt Halbleib auf den aus einer besonderen niederbayerischen Sprachinsel stammenden Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Stichwort "Opfelsoft". Am Ende seiner mit so manchem harten B und harten D gespickten Rede hat Halbleib noch einen "Dibdob-Dibb" für die AfD: "So a Gsedzendwurf ghörd nei in Babierkorb, aba ned in unnern Landdaach!"
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.