Der weitere Beteiligte am so genannten "Rio-Raub" steht ab September vor dem Landgericht Weiden. Oleksandr M. ist geständig, die Senioren in Grafenwöhr mit überfallen zu haben. Die Opfer sind inzwischen 94 und 84 Jahre alt. Dass der Ukrainer erst jetzt abgeurteilt werden kann, liegt an seinen vielen alten Strafen, die er zuvor absitzen musste.
Oleksandr M. ist Verbrecher von Beruf. Der 55-Jährige führt mindestens vier Alias-Namen. Er wechselt sogar die Nationalität. Das Landgericht Limburg hatte 2008 den Slowaken "Michael Kostovcik" verurteilt - auch das war Oleksandr M. Er hatte damals in Hessen mit Komplizen ein Bordell überfallen und zwei Prostituierte überwältigt.
Auch in Österreich aktiv
2017 stand Oleksandr M. dann in Österreich vor Gericht: Er hatte mit weiteren Maskierten 2015 eine 80-jährige Seniorin und ihre Pflegerin in einer Villa am Millstätter See beraubt. Die Staatsanwaltschaft Traunstein verfolgte den Ukrainer unter dem Familiennamen Pyrychak. Hintergrund war in diesem Fall ein Einbruch in eine Zahnarztpraxis im Landkreis Rosenheim 2016. Wert der Beute: 155 000 Euro.
Und so saß der Ukrainer erst seine Strafe in Österreich, dann seine Reststrafe in Limburg ab. Das Rosenheimer Delikt wird in Weiden mit angeklagt. Der Prozess beginnt am Montag, 7. September, und ist nach Auskunft von Landgerichtssprecher Matthias Bauer auf sechs Verhandlungstage angelegt. Vorsitzender Richter ist Landgerichtspräsident Gerhard Heindl, die Strafkammer wird komplettiert von Richterin Susanne Pamler.
Schwere Folgen für Senioren
Die Weidener Justiz kennt den Angeklagten bereits: Oleksandr M. war im Prozess gegen die Mittäter 2018 als Zeuge aus Österreich vorgeführt worden. Er gestand damals seine Beteiligung: Er sei im April 2016 nachts in das Wohnhaus des früheren Rio-Wirts Ernst W. und dessen Frau Luise eingedrungen. Die Senioren, damals 89 und 80 Jahre alt, wurden aus den Sesseln gerissen. Die Täter schlugen Ernst W. wuchtig ins Gesicht und fesselten die Eheleute mit Handschellen und Stromkabeln. Sie warfen ihnen Decken über die Gesichter, damit sie nichts mehr sehen konnten. Ernst W. erlitt in dieser Nacht einen Schlaganfall und eine Gehirnerschütterung, Ehefrau Luise war die Schulter ausgekugelt worden.
Oleksandr M. gab 2018 zu, mit im Haus gewesen zu sein. Er habe die Senioren bewacht. Die Namen der Mittäter wollte er nicht nennen. Es seien zwei ihm unbekannte Slowaken gewesen. Das Landgericht Weiden verurteilte in dem Verfahren als einen der Haupttäter den Ukrainer Viktor C. (43) zu zehn Jahren Haft. Oleksandr M. wollte dessen Beteiligung nicht bestätigen. Viktor C. sei Taufpate seines Kindes. Beide stammen aus der Stadt Mukachevo in Transkarpatien (Ukraine).
Zudem wurden damals Haftstrafen gegen drei Beihelfer aus der Region verhängt, die den Tipp auf das angeblich vermögende Ehepaar gegeben hatten. Der Hinweis ging über Prag an die moldawisch-ukrainische Verbrecherbande, die für den Coup tausend Kilometer anreiste. Die Beutehöhe ist umstritten: Das Ehepaar sagt, Ersparnisse im Wert von mindestens 70 000 Euro im Haus gehabt zu haben. Oleksandr M. behauptet, die Beute sei nur vierstellig gewesen. Man hatte sich weit mehr erhofft: In Grafenwöhr kursierte das falsche Gerücht, die Kneipe "Rio" sei für eine halbe Million Euro verkauft worden.
Den Hinweis auf die vier Haupttäter lieferte die Spurensicherung. Sie hatte DNA am Tatort gesichert: DNA von Oleksandr M. war an der Opferkleidung sowie am Hörer eines Haustelefons. Noch immer flüchtig sind zwei andere Tatverdächtige, deren DNA gefunden wurde: Oleg Brinza und Vadim Costev, moldawische Staatsbürger aus Transnistrien, einem abtrünnigen Landesteil ohne staatliche Kontrolle. Die beiden konnten bis heute nicht dingfest gemacht werden.
Die bisherigen Urteile
Oleksandr M. wurde 2008 unter dem Aliasnamen Michael Kostovcik vom Landgericht Limburg wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Körperverletzung zu 4 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zusammen mit zwei Mittätern hatte er 2007 versucht, in Bad Camberg zwei Prostituierte zu berauben, informiert Leitender Oberstaatsanwalt Michael Sagebiel.2010 wurde Oleksandr M. nach Absitzen der Halbstrafe abgeschoben. Die Reststrafe musste er bis jetzt absitzen.
Wegen einer "Home Invasion", eines Raubüberfalls im März 2015 auf eine 80-jährige Kärntnerin und ihre Pflegerin (23) in ihrem eigenen Haus in Seeboden am Millstätter See (Bezirk Spittal), wurde Oleksandr M. 2017 am Landesgericht Klagenfurt schuldig gesprochen. "Wir haben es mit einem Fall der organisierten, internationalen Schwerkriminalität zu tun, wo Schweigen und Leugnen dazugehört", sagte damals der Staatsanwalt. Das Urteil auf 4,5 Jahre wurde 2018 rechtskräftig, nach Verbüßung der Halbstrafe wurde Oleksandr M. 2020 nach Deutschland übergeben.















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