Mit 3,5 Promille auf den Lebensgefährten eingestochen

Amberg
07.12.2022 - 12:25 Uhr

Es geht um Schnaps in fast schon unvorstellbaren Mengen. Konsumiert von einem Paar, das sich permanent in die Haare geriet. Bei einer dieser Streitsituationen griff die Frau (34) zum Messer und stach ihren fünf Jahre älteren Partner nieder.

Mit mehr als drei Promille Alkohol im Blut stach eine 34-Jährige auf ihren Lebensgefährten ein. Dafür steht sie jetzt vor Gericht.

Sie kannten sich schon in ihrer osteuropäischen Heimat, zogen 2015 nach Amberg und mieteten gemeinsam eine Kellerwohnung im Süden der Stadt. Was dort den Alltag bestimmte, beschäftigt jetzt die Erste Strafkammer des Landgerichts. Man kann es in drei Worten so zusammenfassen: Es wurde gesoffen. Wodka permanent, in der Lieblingsmarke des Mannes stets vorhanden und gerne auch in Flaschen mit einem Nachbarn geteilt, der nun als Zeuge seinen aufschlussreichen Situationsbericht gab.

Die Beschreibung des Mannes, der als Kumpel immer da war, umfasste auch den 1. April 2022. Ein Freitag, an dem wieder einmal der Wodka floss in dieser, wie man vernahm, "unaufgeräumten Tiefgeschossbehausung". Später, als uniformierte Polizisten und Kriminalbeamte ihre Arbeit am Tatort machten, stellte sich heraus: Die Frau wies schier unglaubliche 3,5 Promille auf. Ihr ins Krankenhaus gebrachter Partner kam auf drei Promille. Die ständigen Trinkorgien hatten damals schon längst ihre dauerhaften Schäden hinterlassen, wie man heute weiß.

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Fünf Stiche mit dem Brotmesser

In einer ersten juristischen Einschätzung war die Staatsanwaltschaft von versuchtem Totschlag ausgegangen. Jetzt vor Gericht bezeichnet Anklagevertreter Holger Bluhm die am ersten Apriltag gegen 17.40 Uhr geschehene Straftat als gefährliche Körperverletzung. Das Paar hielt sich in der Küche auf, als es wieder einmal im Suff zum massiven Streit kam. Der 39-Jährige attackierte seine Freundin, er schlug unvermittelt zu. Da griff sie zu einem Brotmesser mit 15 Zentimeter langer Klinge und versetzte ihrem Gefährten fünf Stiche. Einer ging in den Oberarm, die anderen vier trafen den Rücken. Dabei entstanden Wunden, wurde die Lunge des 39-Jährigen verletzt. Besonders deswegen musste im Klinikum Amberg eine intensivmedizinische Behandlung erfolgen.

Die mutmaßliche Täterin ließ über ihren Regensburger Anwalt Philipp Janson eine Erklärung abgeben. Darin hieß es: "Unsere Beziehung verlief weitgehend harmonisch. Aber er war krank, er schlug zu. Ich wollte ihn verlassen, er wollte sich ändern und tat es nicht. Ich liebte ihn." An diesem 1. April sei dann der Lebensgefährte nach dem Genuss von Wodka erneut aggressiv geworden. "Er packte mich am Arm", hieß es in der von Verteidiger Janson verlesenen Darstellung. Daraufhin erfolgte der spontane Griff zum Messer, wurden Stiche gesetzt. Wenige Augenblicke später, als der Mann blutend zusammengebrochen war, stand die 34-Jährige vor der Wohnungstür des Nachbarn, läutete und sagte in gebrochenem Deutsch: "Habe ich gestochen mit Messer".

Opfer ist inzwischen gestorben

Der 46-Jährige ahnte sofort, was sich zugetragen hatte und verständigte Rettungssanitäter. Als sie eintrafen, kniete die Frau vor ihrem schwer verletzten Freund. Sie weinte und bedauerte, was geschehen war. Das Verbrechen hatte sich im Rausch vollzogen, wie später alle bemerkten, die in den folgenden Stunden etwas mit der Frau zu tun bekamen. "Von zwei Promille bin ich ausgegangen. Aber dann gleich über drei Promille? Das hätte ich nicht vermutet", sagte eine Kriminalbeamtin. Ob der Wodka die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit beeinflusste, ist nun im Verfahren der gutachterlichen Einordnung eines Sachverständigen überlassen. Fest steht aber: Auch die Frau hatte Verletzungen.

Am ersten Prozesstag hörte die unter Vorsitz von Landgerichtsvizepräsidentin Jutta Schmiedel tagende Strafkammer viele Zeugen. Einer fehlte. Der mit Messerstichen attackierte 39-Jährige ist, wie im Verhandlungsverlauf nur in einem Nebensatz erwähnt, zwischenzeitlich verstorben. Die Ursache des Ablebens hat, wie weiter bekannt wurde, nichts mit der am 1. April dieses Jahres geschehenen Tat zu tun. Der Mann bedurfte damals nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus speziell wegen der Lungenverletzung intensiver Zuwendung. Entgegen ärztlichem Rat verließ er schon am folgenden Tag das Klinikum St. Marien, kehrte per Taxi in seine Wohnung zurück und brach als erstes die von der Polizei versiegelte Eingangstüre gewaltsam auf. Während seine Partnerin in Untersuchungshaft gekommen war, wurde der 39-Jährige von einem Kriminalhauptkommissar vernommen. Ihm diktierte er ins Protokoll: "Ich will nicht, dass sie und ich Probleme kriegen". Alle weiteren Angaben verweigerte der Mann mit dem Hinweis auf eine bestehende Verlobung. Der Prozess wird fortgesetzt.

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