Amberg
15.11.2020 - 11:56 Uhr

Amberger Stadträte ziehen die Sparschrauben an

Müssen die Planungen für das Projekt "Leben am Fluss" wirklich schon 2021 angegangen werden? Und hat sich das Amberger Einzelhandelskonzept nicht ohnehin längst überholt? Themen, die in den Haushaltsberatungen ein Rolle spielen.

Das Anwesen Bahnhofstraße 9, das ehemalige Reicherthaus, soll für fast 500.000 Euro in ein städtisches Bürogebäude umgebaut werden. Geld, das der Stadtrat im kommenden Jahr aber nicht ausgeben will. Bild: Stephan Huber
Das Anwesen Bahnhofstraße 9, das ehemalige Reicherthaus, soll für fast 500.000 Euro in ein städtisches Bürogebäude umgebaut werden. Geld, das der Stadtrat im kommenden Jahr aber nicht ausgeben will.

Das Projekt "Leben am Fluss", die Aufwertung der Vils als Lebensader der Stadt Amberg, wird sowohl im Stadtrat als auch bei der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen. Doch "Leben am Fluss" bedeutet auch, dass damit Kosten von insgesamt 4,75 Millionen Euro entstehen werden. Die Finanzierung dafür steht aber in den jetzigen Corona-Zeiten auf sehr wackeligen Beinen, da derzeit wirklich niemand sagen kann, wie stark negativ sich die Pandemie letztendlich auf den städtischen Haushalt auswirken wird. Das Baureferat hat aus diesem Grund in seiner Anforderungsliste schon einmal gut 4,5 Millionen Euro für die bauliche Umsetzung auf die lange Bank geschoben. CSU und ÖDP haben in ihrer gemeinsamen Streichliste nun noch 50.000 Euro für die erforderlichen Vorplanungen ebenfalls in die Zukunft geschoben – wenn es der Stadt wieder besser geht.

Amberg13.11.2020

"Das wäre schade und tragisch", kommentierte am Donnerstag SPD-Fraktionsvorsitzende Birgit Fruth diesen Vorstoß der christ-ökologischen Koalition. Gerade "Leben am Fluss" werde beim Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) ganz oben priorisiert. "Warum also sollen wir das schieben. Dadurch wird es mit Sicherheit nicht billiger." Man müsse solche Dinge ja immer im Vergleich sehen, antwortete Oberbürgermeister Michael Cerny sehr drastisch: "Wenn wir das machen, dann müssen wir auf der anderen Seite Eltern erklären, warum ein Kindergarten nicht mehr heuer gebaut werden kann sondern erst nächstes Jahr", sagte er. "Jetzt rechnen Sie doch nicht immer Schulen und Kindergärten dagegen auf", schalt ihn Birgit Fruth für diese Bemerkung heftig.

Das wäre schade und tragisch.


SPD-Fraktionsvorsitzende Birgit Fruth zur Verschiebung von "Leben am Fluss".

Sachlich versuchte es CSU-Fraktionsvorsitzender Matthias Schöberl: Da ja ohnehin die Baukosten vorerst gestrichen seien, laufe ja auch die Planung ins Leere. "Die 50.000 Euro sind doch sowieso vergeblich ausgegeben, weil ich noch einmal planen muss, wenn ich das Projekt dann irgendwann umsetze." Es gehe auch nicht darum, irgendetwas zu verhindern, assistierte ÖDP-Fraktionsvorsitzender Klaus Mrasek. "Wir wollen uns dadurch einfach die Handlungsfreiheit erkämpfen, die wir in Corona-Zeiten brauchen." Und aufgeschoben sei auch nicht aufgehoben, beruhigte der OB. "Es geht hier ja nicht ums Ob sondern ums Wann." Und sollte sich herausstellen, dass sich über das Wasserwirtschaftsamt 2021 tolle Fördermöglichkeiten ergeben, dann könne das Projekt ja immer noch gestartet werden. Trotzdem stimmten neben Birgit Fruth auch Martin Frey (Liste Amberg), Emilie Leithäuser (FDP) und Helmut Wilhelm (Grüne) gegen den Sparvorschlag von ÖDP und CSU.

Ein weiteres Beispiel aus der CSU/ÖDP-Liste: der Kaiser-Ludwig-Ring zwischen Kreisverkehr und Bahnhof. Laut städtisches Tiefbauamt besteht hier enormer Sanierungsbedarf, 650.000 Euro sollen dafür aufgewendet werden. Nach Einschätzung von Matthias Schöberl ist die Straße im Vergleich zu anderen im Stadtgebiet aber noch relativ gut in Schuss. Das Geld könne jetzt eingespart und für 2022 noch einmal neu beantragt werden. Aber nicht nur die Liste von ÖDP und CSU erregte den Widerspruch der SPD, auch die schon vorher vorgenommenen Streichungen durch die Verwaltung stießen teilweise auf Unverständnis. Wie beispielsweise die aufgeschobenen Generalsanierung der Willmannschule. "Hier trifft es die Kleinsten und die Schwächsten in der Stadt", stellte Fruth dies in Frage. "Aber wir werden nicht alle Schulen gleichzeitig sanieren können", so die Position von Baureferent Markus Kühne.

Amberg11.11.2020

10,5 Millionen Euro, so Matthias Schöberl. Werde mit der Sanierung gestartet, müsse sie durchgezogen werden. "Dafür haben wir aber das Geld nicht." Aber das Problem in der Willmannschule seien doch auch erhebliche bauliche und brandschutztechnische Mängel, so Fruth. "Die Kinder befinden sich aber nicht in akuter Gefahr", beruhigte Matthias Schöberl. Und eine Abtrennung von Brandschutz und Sanierung sei auch nicht möglich, ergänzte Kämmerer Jens Wein. "Für den Brandschutz allein bekomme ich keine Förderung, im Rahmen einer Generalsanierung aber schon."

Auf heftige Widersprüche hingegen stieß auf der anderen Seite ein Antrag der SPD. Da die Realität die Theorie längst überholt habe, solle das Einzelhandelskonzept abgeschafft werden, so die Sozialdemokraten. "Sie bekommen ja heute schon draußen im Kaufland ein besseres Sortiment als in der Innenstadt", sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Birgit Fruth dazu. Faktisch habe das Konzept also heute schon keine Auswirkung mehr. Hätte Fruth das in den Sozialen Medien gepostet, sie hätte wohl einen Shitstorm geerntet, so gab es zum Teil heftigen Widerspruch aus dem Gremium. "Wenn man in der Corona-Zeit einen Sargnagel in die Innenstadt schlagen will, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt das Einzelhandelskonzept abzuschaffen", schimpfte beispielsweise Matthias Schöberl.

Wenn man in der Corona-Zeit einen Sargnagel in die Innenstadt schlagen will, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um das Einzelhandelskonzept abzuschaffen.


"Wir wissen doch alle, wie schwierig es ist, hier Leitplanken einzuziehen", argumentierte Klaus Mrasek (ÖDP). "Und dann wirft man sie weg." Mrasek plädierte daher für die Beibehaltung des Konzepts und gleichzeitig für dessen konsequentere Umsetzung. Am Ende stand Birgit Fruth mit ihrem Antrag alleine auf weiter Flur, der Rest des Hauptausschusses stimmte gegen sie. Letztendlich empfahl der Ausschuss dem Stadtrat die Annahme des Haushaltsentwurf in der Überarbeitung von CSU und ÖDP. Ergänzt um einige Anträge von SPD und Grüne. Damit sinkt die geplante Darlehensaufnahme für das Jahr 2021 von ursprünglich knapp 11,6 Millionen Euro auf 9.463.200 Euro. Der Gesamtschuldenstand der Stadt Amberg dürfte damit Ende 2021 noch knapp unter 40 Millionen Euro liegen. Laut Finanzplanung steigen diese Verbindlichkeiten bis Ende 2025 aber auf über 70 Millionen Euro an.

 
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