"Meine Tante kennt in Amberg fast jeder, und das nicht erst, seit sie zu ihrem 103. Geburtstag als älteste Ambergerin in die Zeitung kam", das sagt Nichte Eva-Maria Strobel aus Regensburg über ihre verstorbene Tante Elisabeth Strobel. Ambergs älteste Einwohnerin habe ein "reiches Leben" gehabt – auch noch an ihren letzten Tagen, die sie in der Weihnachtswoche noch zweimal zum Kripperlschauen und zur Messe in die Bergkirche geführt hätten. "Am Dienstag früh ist sie nicht mehr aufgewacht und sah recht zufrieden aus", so berichtet Eva-Maria Strobel.
Geboren wurde Elisabeth Strobel am 18. Mai 1918 im Josefshaus. In Amberg wurde sie später bekannt als Lehrerin, obwohl sie nach dem Abitur gar nicht Lehramt, sondern Gartenbautechnik studiert hatte. "Aber als 1943 ihr Vater starb, fühlte sie sich verpflichtet, sich um ihre Mutter und ihre kleine Schwester zu kümmern. Deshalb kam sie nach Amberg zurück, besuchte das Lehrerkastl – so hieß damals die Lehrerbildungsanstalt – und wurde Volksschullehrerin", berichtet ihre Nichte. Damit habe Elisabeth Strobl nicht nur ihren Berufswunsch aufgegeben, sondern auch ihre Heiratspläne: "Damals verlangte der bayerische Staat noch von seinen Lehrerinnen, dass sie echte „Freiln“ (Fräulein) waren, also unverheiratet", weiß Nichte Eva-Maria. Schnell zeigte sich, dass Elisabeth Strobel als Pädagogin ihre Berufung gefunden hatte: "Sie war Lehrerin durch und durch, mit Herzblut und Leidenschaft."
103 Jahre – wie wird man so alt? Eva-Maria Strobel beantwortet diese Frage so: "Vielleicht, wenn man alle Sorgen Gott hinhält. Vielleicht, wenn man spartanisch kocht und lebt. Wenn man keinen Fernseher braucht, keinen Computer, kein Handy." Den Führerschein habe ihre Tante erst mit 55 gemacht – vorher habe sie alles zu Fuß erledigt. "Das Wichtigste und Kennzeichnende, ihr ganzes Leben Prägende" aber sei ihr tiefer christlicher Glaube gewesen, erzählt die Nichte: "Aber sie wollte den Fahrschein in den Himmel nicht nur sich selbst sichern, sondern so viele wie möglich mitnehmen", sei es in der Marianischen Lehrerinnenkongregation oder als aktives Mitglied und Amberger Vorsitzende bei der Legio Mariä, die sie auch zu missionarischer Arbeit ins Ausland führte.
"In diese Bereitschaft, Gott zu dienen, passt natürlich auch die Art, mit der sie als etwa 50-Jährige doch noch zu zahlreichen Kindern kam", erzählt Eva-Maria Strobel. Ihre Tante übernahm die Patenschaft für einen chinesischen Buben, der in Rom sein Priesterstudium absolvierte, und kümmerte sich auch um seine Freunde, zehn Chinesen und einen Inder, die sie als Studenten sogar in Amberg besuchten. Einer wurde Weihbischof, ein anderer Nuntius und Erzbischof. Lin Bosco, ihr Patensohn, lud Elisabeth Strobel zu seiner Bischofsweihe nach Taiwan ein, und der Inder Bosco Puthur ist heute Bischof in Australien. Beim Jubiläum der Dr.-Johanna-Decker-Schulen vor wenigen Jahren wurde bekannt, dass Elisabeth Strobel mit der namengebenden Johanna Decker die ganze Schulzeit in der gleichen Klasse bei den Schulschwestern verbracht hatte und mit der Missionsärztin bis zu deren Ermordung in Simbabwe 1977 in regem freundschaftlichen Kontakt stand.
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