Wer in der Bäckerei Schaller in der Amberger Fußgängerzone vorbeischaut, der sieht das Dilemma. Die Verkaufstheke liegt voller zurückgelassener Kassenzettel. Eine Folge der umstrittenen Bonpflicht. Seit dem 1. Januar sind auch kleine Betriebe wie Bäckereien oder Metzgereien dazu verpflichtet, dem Kunden einen Kassenbon auszustellen, ob verlangt oder nicht. Breze, Würstchen oder eine Kugel Erdbeereis: der Drucker surrt, der Bon wird gedruckt. Die wenigsten nehmen den Beleg aber mit.
Grund für die Papierflut ist das neue Kassengesetz, das die Bundesregierung schon 2016 ankündigte. Nun ist es da. Indem alle elektronischen Registrierkassen eine manipulationssichere Nachrüstung bekommen, soll Steuerbetrug in Milliardenhöhe verhindert werden. Die Bonpflicht ist nur ein Element der Neuerung. Für die Betriebe ist sie vor allem eines: ärgerlich.
"Überall liegen die Zettel herum"
"Es schaut fürchterlich aus bei uns", beklagt sich Elke Holler von der Bäckerei Schaller, "überall liegen die Zettel herum". Die Kunden ließen den Bon mehrheitlich einfach liegen. "Es ist total beschissen. Erst heißt es, man muss die Umwelt schonen – und dann kommt so ein Gesetz", sagt sie. Ob das Kassengesetz sein Ziel, großflächig Steuerbetrug zu verhindern, erreicht, daran hat Holler Zweifel. "Wenn wir eine Bestellung aufgeben, werden sowieso alle Backwaren registriert, da hilft der Kassenzettel nicht weiter. Es ist einfach nur eine Papierverschwendung."
Ein paar Häuser weiter, in der Metzgerei Hottner, ist die Bonpflicht dagegen kaum ein Thema. "Wir geben den Kunden schon immer Bons mit. Beschwert hat sich darüber noch keiner", sagt eine Mitarbeiterin. Lässt jemand seinen Bon liegen, "dann schmeißen wir ihn halt weg", so ihr pragmatischer Ansatz. Beim Grillstand vor der Metzgerei ist die lästige Pflicht dagegen noch nicht umgesetzt. Wer für seine Bratwurst einen Bon möchte, der kann ihn im Geschäft abholen.
Dasselbe gilt für die Bäckerei Birkl. "Der Hersteller unserer Kasse muss erst noch die benötigten Teile liefern", so Inhaber Roland Birkl. Bons könne er zwar schon ausgeben, die neue manipulationssichere Technik lasse aber auf sich warten. Einen Antrag auf Verlängerung der Frist hat er schon gestellt. "Dass das Gesetz kommt, ist doch seit 2016 klar. Da frage ich mich, wieso das jetzt so lange dauert", schimpft Birkl. Die Umstellung lief bei der Bäckerei Kredler dagegen problemlos, zumal die Kasse schon auf dem neuesten Stand war. Die Bons lassen die Kunden trotzdem liegen.
Die Bonpflicht sorgt also in vielen Betrieben für Unmut. Auch bei der Industrie- und Handelskammer. "Über das Ziel hinausgeschossen" sei die Bundesregierung mit der Regelung, sagt Bernhard Reif, Leiter der IHK Amberg-Sulzbach. "Die kleinen Betriebe leiden unter dem zusätzlichen Aufwand und den Kosten", sagt er. Tinte, Papier, Drucker – all das koste Geld. Zudem stünden die Vorteile des Gesetzes in keinem Verhältnis zur Umweltbelastung durch die Bons. Das speziell beschichtete Thermopapier dürfe nicht im Papiermüll entsorgt werden. Es gehöre in den Gewerbemüll.
Elektronische Lösung?
Bis Ende September haben die Betriebe nun in Ausnahmefällen Zeit, ihr Kassensystem umzurüsten. Reif hofft, dass bald digitale Modelle für die Bons verfügbar sind. So könnte man den Beleg einfach über das Smartphone abrufen und speichern. Ganz ohne Zettelwirtschaft. Aber: Für ältere Kunden ohne Smartphone käme das wohl nicht infrage. Und die Umrüstung auf E-Bons kostet auch wieder Geld.
Was bleibt, ist Sondermüll
Die Bundesregierung hat völlig recht. Der Schritt, etwas gegen Steuerbetrug im Einzelhandel zu unternehmen, er ist ebenso richtig wie überfällig. Milliarden gehen dem Staat jährlich durch die Lappen, weil Umsätze verschwiegen werden. Die Lösung: manipulationssichere Kassen. Das kostet die Betriebe zwar Geld, ist jedoch notwendig.
Aber: Müssen deswegen die Bäckereien mit Bons geflutet werden? Unnötig, umweltschädlich und wohl auch eine Gefahr für die Gesundheit sind die Belege aus Thermopapier. Dass das Gesetz es den Betrieben freistellt, die Bons elektronisch zu übermitteln, mutet da geradezu zynisch an. Kaum ein Betrieb in der Region dürfte die Option nutzen. Die Kunden wollen den Beleg sowieso nicht. Weder aus Papier, noch auf dem Smartphone. Was bleibt, ist Müll. Sondermüll.
Florian Bindl