In der staatsanwaltschaftlichen Anklageschrift wird der Begriff "Satanismus" nicht ein einziges Mal erwähnt. Gleichwohl aber spielt diese von manchen als Religion eingestufte Beschreibung von der Verehrung des Bösen eine tragende Rolle in der Verhandlung, die nun nach zwei bereits stattgefundenen Verfahrensrunden vor dem Jugendschöffengericht noch ein dritte erhalten wird.
Vor Richterin Michaela Frauendorfer sitzt ein 21-Jähriger, der eine Vielzahl von Vorstrafen und zwei offene Bewährungen mitbringt. Gewiss ist: Im Fall einer Verurteilung würde der junge Mann für längere Zeit hinter Gitter wandern. Im Beisein seines Anwalts Andreas Lösche hat er bestritten, die am 5. November vergangenen Jahres verübte Tat begangen zu haben.
Der Übergriff geschah nach dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft in einer Gemeinde im Kreis Amberg-Sulzbach. Der Angeklagte soll seine Ex-Freundin an besagtem Tag gegen 22 Uhr zu einem Treppenaufgang am Ortsrand bestellt haben. Die 19-Jährige ließ sich durch einen neuen Begleiter hinfahren und blieb anschließend bis kurz vor Mitternacht verschwunden.
Was zwischen dem 21-Jährigen, der bereits wartete, und der jungen Frau geschah, liest sich ebenso abenteuerlich wie hoch kriminell in der Anklageschrift. Das mutmaßliche Opfer wurde mittels zweier Kabelbinder mit einer Hand am Treppengeländer gefesselt. "Dann zog der Täter ein schwarzes Klappmesser aus einem seiner Schuhe und legte es neben sich auf den Boden", so ermittelte die Polizei später.
Drohungen durch 21-Jährigen?
Was folgte, steht in der Anklage nur andeutungsweise. Der Frau gegenüber soll der 21-Jährige geäußert haben, er werde sie umbringen, "wenn sie es nicht tue". Aber was sollte die Frau tun? Dazu muss man wissen: Wenn ein Opfer etwas selbst vollzieht, ist das nicht unbedingt strafbar für den sie zur Handlung auffordernden Täter.
Inzwischen weiß das Jugendschöffengericht: Beide, die da in der Dunkelheit am Treppenaufgang standen, waren offenbar Anhänger des Satanismus. Die 19-Jährige sollte sich ein in ihrem Körper tätowierungsartig eingeritztes Symbol der Satansanhängerschaft entfernen und sie tat das nach eigenen Angaben auch. Es sei, so wurde das Jugendschöffengericht in diesem Zusammenhang informiert, eine sogenannte "Entkrönung" der 19-Jährigen gewesen. Oder anders: Sie sollte nicht länger dem Kreis der Satanisten angehören.
Das Szenario war, wie die Behörden herausbrachten, begleitet von massiven Schlägen, die der 21-Jährige seinem Opfer verabreichte. Dann, nach knapp zwei Stunden, ging der "Entkröner" angeblich. Der zum rituellen Akt bestellten jungen Frau gelang es nach heftiger Anstrengung, ihre an das Treppengeländer gefesselte Hand frei zu kriegen. Später stellte man im Krankenhaus massive Verletzungen fest. Es gab nach einem Arztbericht "offene Wunden" und "Schnitte, die anscheinend von einer Rasierklinge" stammten. Diese Rasierklinge könnte mutmaßlich vom Opfer selbst eingesetzt worden sein, als ein satanistisches Emblem am Körper entfernt oder unkenntlich gemacht wurde.
Aussage gegen Aussage
Aussage steht gegen Aussage. Der 21-Jährige bestreitet, am Treppenaufgang gewesen zu sein. Die Geschädigte hat ihn belastet. Auch die am Tatort vorgefundenen Kabelbinder sprechen gegen ihn. Am zweiten Verhandlungstag wurde das Umfeld ausgeleuchtet. Im Mittelpunkt stand eine für junge Leute gebaute Sportanlage, an der sich nahezu täglich eine Gruppe Gleichaltriger traf. Dass es unter ihnen Satanisten gab, erfuhr Richterin Frauendorfer nur andeutungsweise. Aber keiner der Zeugen wollte selbst zum Anhängerkreis des "Herrn der Hölle" gehören.
Ende August mündet das Verfahren in einen dritten Verhandlungstag. Der Grund dafür: Eine junge Frau ignorierte die Zeugenladung. Sie hat bereits ein Säumnisgeld von 150 Euro erhalten und wird polizeilich vorgeführt, wenn sie wieder meint, fernbleiben zu müssen. Damit setzte die Jugendrichterin klare Zeichen. Sie will den spektakulären Fall aufklären und duldet nicht, wenn jemand glaubt, dass er sich in Deckung bringen kann.
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