Amberg
09.07.2024 - 15:39 Uhr

Wenn das Infomobil des Bundestags in Amberg auf Reichsbürger trifft

Politische Bildung ist wichtig. Marcus Landsetzer weiß, wovon er spricht. Er begleitet das Infomobil des Bundestags bei seiner Rundreise durch Deutschland und erlebt die skurrilsten Dinge - auch in Amberg.

Egal, wo der große weiße Lastwagen mit dem aufgeklebten Bundesadler hinkommt, die Reichsbürger sind schon da. "Es ist eigentlich in allen Städten so, dass wir von Leuten aus dieser Szene angesprochen werden", sagt Marcus Landsetzer. Zusammen mit seinem Kollegen macht er seit Montag, 8. Juli 2024, auf dem Amberger Marktplatz Station. Er hat die Aufgabe, mit Passanten ins Gespräch zu kommen, zu erklären, welche Aufgaben der Bundestag hat und schlichtweg für die Demokratie zu werben. Mittlerweile kein leichtes Unterfangen.

Die Reichsbürger suchen das Infomobil scheinbar gezielt auf. "Da wird es dann meistens schwierig zu diskutieren", sagt der Mitarbeiter. Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als rechtmäßigen Staat an, "oft bringen sie dann Unterlagen mit, die ihre Ansichten belegen sollen." Kopierte Schriftsätze oder Fotos aus dem Internet oder selbst verfasste Abhandlungen. "Einer hat uns darauf hingewiesen, dass wir den Bundesadler als Logo nicht verwenden dürften. Andere bezeichnen die Bundesrepublik als Privatfirma." Es sei schwierig bis unmöglich, mit diesen Leuten ernsthaft zu debattieren. "Sie leben in einer Blase, bestärken sich dort gegenseitig und radikalisieren sich." Das sei nicht nur in Amberg so, sondern bundesweit.

Gerade noch an Anzeige vorbei

In Amberg allerdings kam es am Montagnachmittag zu einem unschönen Vorfall. Da beleidigte eine Person, die solche Argumente vorbrachte, die Mitarbeiter des Infomobils. Landsetzer und sein Kollege lassen sich das nicht bieten. "Ich habe ihm gesagt, er soll damit aufhören, das hat er dann auch getan." Andernfalls wäre es womöglich zu einer Anzeige gekommen. Das Publikum am Dienstagvormittag ist deutlich freundlicher. Die Bundestagsabgeordnete Susanne Hierl (CSU) schaut vorbei, Bürgermeister Martin Preuß und auch Schulklassen kommen, um das Angebot zu nutzen. Dass der Bundeskanzler Scholz heißt, wissen die meisten Schüler noch. Beim Vornamen des Regierungschefs werden die Wissenslücken aber schon größer. Erst recht, als es um die Zuständigkeiten und Kompetenzen der Bundesländer oder gar um den Bundestag und seine Ausschüsse geht.

"Wir sind nicht von der Regierung beauftragt", stellt Landsetzer klar. "Auch nicht von den Parteien." Sein Team kommt als neutraler Vermittler im Auftrag des Bundestags. "Wir machen keine Werbung für irgendeine Partei. Wir werben für die Demokratie." Und so reden Landsetzer und sein Kollege den ganzen Tag über Wahlen, Mitbestimmung, Teilhabemöglichkeiten und insbesondere Angebote für Jugendliche. Das Parlament wendet sich zum Beispiel über ein Internetportal speziell an Heranwachsende: www.mitmischen.de lautet die Adresse. Videos erklären die Abläufe im Bundestag, ein Quiz und ein Gewinnspiel belohnen die Besucher und seine Meinung kann man in dem Portal auch loswerden.

"Wir geben nicht auf"

"Unsere Hauptaufgabe ist es, die Menschen in den Dialog zu holen", sagt der Mann aus dem Infomobil. "Auch wenn es schwierig ist." Landsetzer zeigt sich überzeugt, dass seine Arbeit wichtig ist. "Wenn es beim ersten Mal nicht klappt, vielleicht verläuft eine andere Diskussion dann besser. Wir geben nicht auf." Ein Anliegen ist es auch, in der Fläche Präsenz zu zeigen. Eben nicht nur in Berlin oder den Landeshauptstädten - auch am idyllischen Marktplatz in Amberg. Da liegt viel Arbeit vor dem Team, das sich übrigens immer wieder abwechselt. Am Mittwochnachmittag reist der Promo-Truck weiter. Nächste Ziele sind Neumarkt, Regensburg und Dingolfing. Ende des Jahres wird der Lastwagen mit den Demokratie-Werbern mehr als 60 Städte und Gemeinden in ganz Deutschland besucht haben.

Hintergrund:

Infomobil des Bundestags

  • Das Info-Mobil des Deutschen Bundestags ist einschließlich Zugmaschine 17 Meter lang und 26 Tonnen schwer.
  • Seitliche Ausschübe vergrößern die barrierefreie Aktionsfläche auf eine Breite von 9 Metern.
  • Im Innenbereich steht quasi ein rollendes Klassenzimmer mit Computern, Bildschirmen und Ausstellungsstücken zur Verfügung.
  • Für die Mitarbeiter gibt es auch einen kleinen Rückzugsraum mit Kaffeeküche.
  • Seit 1990 tourt das Mobil durch ganz Deutschland. Ziel ist es, jeden der 299 Wahlkreise innerhalb von zwei Wahlperioden zu besuchen.
 
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