Es sind Momente tiefster Ratlosigkeit, die den Auftakt des Prozesses vor dem Amberger Schwurgericht begleitet haben. Auf der Anklagebank sitzt ein 59-Jähriger, der nach weit über drei Jahrzehnten Ehe seine Frau umgebracht hat. Geschehen heuer am 21. Februar in den späten Abendstunden. Über den Anwalt Gunther Haberl gab der Arbeiter das Verbrechen zu. Nach Ansicht des Leitenden Oberstaatsanwalts Joachim Diesch soll der Täter in vorgefasster Absicht heimtückisch gehandelt und die Arglosigkeit seines Opfers ausgenutzt haben.
Es ist die Geschichte einer Verbindung, die über viele Jahre hinweg im Einklang verlief. Ein Sohn kam zur Welt, Wohnsitz wurde in einem angemieteten Reihenhaus im Süden der Stadt Schwandorf genommen. Doch dann merkte der Mann, dass bei seiner Frau Veränderungen vonstatten gingen. Sie fügte sich Verletzungen zu, musste nervenärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, kam ins Bezirkskrankenhaus. Ihr Schicksal führte zu zwei Gehirninfarkten. Das verursachte nach und nach eine gesundheitliche Verschlechterung. Oder anders: Sie schleppte sich durchs Haus, war nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Heillose Situation
Ab dann blieb die ganze Last häuslicher Obliegenheiten auf den Schultern ihres Mannes. Einer, der Hausarbeit nicht kannte. Berge von Wäsche und Geschirr, keine Hilfe. Doch die ohnehin schon heillose Situation wurde noch dramatischer: "Ich erfuhr, dass ich mich wieder wegen eines Leidens an der Schulter hätte operieren lassen sollen", steht in den Akten. Als sei es nicht genug, auch noch das: Die Miete im Reihenhaus wurde vom Besitzer wegen Eigenbedarfs gekündigt. Keine Chance auf eine neue Wohnung angesichts der pflegebedürftigen Ehefrau. Er suchte nach Unterkunft und wurde abgewiesen. Wie bei der Herbergssuche.
Es kam dieser 21. Februar 2018. Der 59-Jährige hatte offenbar viel Bier getrunken. Er wartete, bis sich seine Frau im Obergeschoss des Hauses zu Bett begeben hatte. Als seine sechs Jahre ältere Partnerin schlief, ging er hinauf, setzte sich auf sie und drückte ihr den Hals zu. Sie starb ohne Gegenwehr. Danach schrieb der Täter zwei Abschiedsbriefe und versuchte, sich mit Medikamenteneinnahme das Leben zu nehmen. Das scheiterte. Doch fest steht jetzt durch ein Gutachten: Er hatte zum Zeitpunkt des Verbrechens über drei Promille Alkohol im Blut.
Der im gleichen Haus wohnende Sohn (31) war wohl spät am Abend heimgekehrt. Doch er merkte nichts vom Tod seiner Mutter. Erst am anderen Tag kurz nach 16 Uhr wurde die Tragödie für ihn offenkundig. Dann kam die Polizei. Sie fand eine Tote, die im Ehebett abgedeckt war. Ihr Ehemann stand vor dem Haus und ließ sich festnehmen. Er hatte bei der Polizei angerufen.
War es Mord?
War es Mord? Das Schwurgericht unter Vorsitz von Roswitha Stöber steht vor einer schwierigen Aufgabe. Einerseits ist da die Frage nach einem vorab gefassten Plan zur Tötung unter Ausnutzung einer wehrlosen Lage des Opfers. Doch auf der anderen Seite steht der genossene Alkohol im Blickpunkt. Eine verzweifelte Ausnahmesituation, die zu dem Gewaltverbrechen führte, kommt hinzu. Das Urteil könnte schon an diesem Donnerstag gesprochen werden.















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