Objektiv gesehen ist es egal, wo ein Abgeordneter sitzt, Sicht und Akustik sind im Regelfall von überall gleich. Im subjektiven Empfinden ist es aber ein Unterschied, ob man seinen Platz eher rechts, links oder mittig, vorne oder weiter hinten hat. Man kennt das aus der Schule: Der einen wollen lieber ans Fenster, die anderen schwören auf die letzte Reihe, wieder andere streben möglichst nah an die Tür. Und dann kommen noch die Animositäten dazu. Neben Mädchen zu sitzen ist für manche Jungs bäh, neben Strebern auch, und zum ungewaschenen Lümmel mag eh keiner.
So ähnlich muss man sich das im Landtag vorstellen. Nach der Wahl wurde ohne große Debatte eine vorläufige Sitzordnung vereinbart. Vom Rednerpult aus gesehen ganz rechts außen sitzt die AfD in einer durch einen engen und verwinkelten Gang abgetrennten eigenen Abteilung. Richtung Mitte folgt - in dieser Reihenfolge - ein breiter Block aus FDP, CSU und Freien Wählern. Links schließen neben einem weiteren Gang SPD und Grüne an. Alles ganz ordentlich und am rechten Fleck.
Keine Änderung für SPD
So zumindest sieht das die SPD. Wenn sich kommenden Mittwoch der Ältestenrat zur Beschlussfassung über die endgültige Sitzordnung trifft, wollen die Sozis am liebsten alles so lassen, wie es ist. "Wir sitzen da, wo wir sind - in Demut und mit aller Kraft", stellt Fraktionschef Horst Arnold klar. Warum das so ist, erklärt sich später noch. Auch die Freien Wähler können mit der kuscheligen Nähe zum Koalitionspartner CSU in der räumlichen und politischen Mitte gut leben, und die AfD hat ohnehin nichts gegen ihre Plätze am rechten Rand. "Von uns aus kann das so bleiben, wir fühlen uns da wohl", bestätigt Fraktionschef Markus Plenk.
CSU will eigenen Gang
Nun aber hat die CSU einen kleinen, aber durchaus folgenreichen Änderungswunsch. Ihre 85 Abgeordneten fühlen sich im Mittelblock zwischen FDP und Freien Wählern unangenehm eingekeilt. Um zu den Plätzen zu kommen, müsse man sich immer an den anderen vorbeizwängen, schildert Fraktionsgeschäftsführer Tobias Reiß die Lage. Man wünscht sich deshalb einen eigenen Gang. Weil ein zusätzlicher aber nicht in den ohnehin proppenvollen Plenarsaal passt, will die CSU die 11 FDP-Abgeordneten in die Abteilung mit der AfD schieben.
Bei der FDP bekommt man schon bei dem Gedanken daran Pickel. Bereits kurz nach der Wahl hatte Fraktionschef Martin Hagen durchblicken lassen, dass man nicht glücklich sei über die Nähe zur AfD. Und da war noch der Gang dazwischen! Insofern käme den Liberalen der Plan der Grünen entgegen, die die FDP aus dem "Regierungsblock" zur links-mittigen Opposition holen wollen. Theoretisch kein Problem, doch aus der CSU ist zu hören, dass man die FDP gerne als "Puffer" zur AfD an seiner Seite behalten möchte, nur halt jenseits des Ganges. Als kleinste Fraktion droht die FDP zum Spielball zu werden.
Die Grünen haben aber noch eine andere, sehr eigennützige Idee. Als nunmehr stärkste Oppositionskraft möchten sie vom linken Rand mehr in die Mitte rücken und mit der SPD tauschen, wie Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Mistol erläutert. Die oppositionsführende Fraktion sollte näher ans Geschehen am Rednerpult platziert werden, findet er. Darüber wiederum hält sich die Begeisterung der SPD in Grenzen, die schon wegen ihrer dramatisch geschrumpften Größe ihren jahrzehntelang angestammten Fraktionssaal für die Grünen räumen musste. Die SPD-Ahnengalerie dort ist schon abgehängt. Vermutlich hat die SPD CSU und Freie Wähler an ihrer Seite, die wohl keinen Wert darauf legen, dass ihnen die Grünen nun auch räumlich näher auf die Pelle rücken. Spätestens wenn Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in 14 Tagen seine Regierungserklärung hält, werden die Sitzverhältnisse klar sein.
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