Freudenberg
26.06.2025 - 09:15 Uhr

Vom "Oudl" zum "Gumbauern": Kinder begeistert von den alten Hausnamen in Freudenberg

Mit einem Teil der oberpfälzischen Identität beschäftigen sich die Kinder der Grundschule Freudenberg. Sie erkunden die alten Hausnamen in ihrem Heimatdorf. Die Entdeckungen, die sie dabei machen, faszinieren sie.

Die Kinder der Grundschule Freudenberg vor dem Gasthaus Dotzler, dem "Romwirt". Sie haben ein Bild dabei, das das "Gasthaus zum schwarzen Raben" vor über 100 Jahren zeigt. Bild: Ina Piehler
Die Kinder der Grundschule Freudenberg vor dem Gasthaus Dotzler, dem "Romwirt". Sie haben ein Bild dabei, das das "Gasthaus zum schwarzen Raben" vor über 100 Jahren zeigt.

Hausnamen sind ein Geschenk – warum? "Sie sind ein Schmiermittel des sozialen Zusammenhalts im Dorf", sagte Ortsheimatpfleger Uli Piehler. Zusammen mit Rektorin Heidrun Leitz führte er die Kinder der Freudenberger Grundschule durch das Dorf. Sie befassen sich in der "AG Heimat und Kultur" gerade mit der Ortsgeschichte und den Hausnamen. Hausnamen ermöglichen eine einfache Kommunikation mit und über Menschen, ohne, dass man ihren amtlichen "Schreibnamen" kennen muss. "Das ist etwas Besonderes", erklärte Piehler und fing gleich mit ein paar Beispielen an.

Rabenwirt und Romwirt

Die Schulkinder trafen sich vor dem Landgasthof Dotzler. Dort durften sie die Hausnamen nennen, die sie selbst kennen. "Romwirt" stand ganz oben auf der Liste. Große Augen machten die Mädchen und Buben, als ihnen erklärt wurde, dass der "Romwirt" nichts mit der ewigen Stadt Rom zu tun hat, sondern dass "Rom" vielmehr ein abgewandelter Mundartausdruck für "Raben" ist. Der "Romwirt" hieß früher "Rabenwirt" oder "Gasthaus zum Schwarzen Raben". Mit weiteren solchen Überraschungen ging es weiter. Viele Hausnamen erzählen von den ehemaligen Berufen der Bewohner, wie etwa beim Bäckerhauser oder Meilerbäck. Der Hammerer war der Besitzer der Hammermühle und die Namen Schreiner, Schuster und Weber sprechen für sich.

Hausnamen sind keine Eigenheit der Oberpfalz, sondern werden auf der ganzen Welt gebraucht. "Besonders schön sichtbar sind sie im skandinavischen Sprachraum: Johannsson bedeutet "der Sohn des Johann"", erzählte Piehler. In der oberpfälzischen Variante ist das der "Hansnbou". In Schweden, Norwegen oder Island gibt es x-Varianten solcher Namen: Svensson, Jakobsdotir (Jakobstochter) oder Gunnarson zum Beispiel.

Wichtig ist die Grundregel: Hausnamen bleiben am Haus – egal wer darin wohnt. Sie bleiben solange, bis sich ein neuer Hausname durchsetzt. Hausnamen entstehen aber auch immer wieder neu, weil sie sich nach den hervorstechendsten Eigenschaften der Trägerfamilie orientieren: Da kann es um die Lage des Anwesens, den Beruf des Hausherrn, die Funktion des Hofes oder die körperliche Erscheinung des Hausherrn gehen.

Mühloudl - der alte Müller

Ein bekannter Hausname in Wutschdorf ist der Mühloudl Oft wird der Name fälschlicherweise als "Müllerl" ausgesprochen, was auf eine Verniedlichungsform hindeuten würde, als "den kleinen Müller". Tatsächlich steht der Zusatz "-oudl" aber für "alt". Der Mühloudl war also immer schon der "alte Müller". Die Kinder staunten nicht schlecht, als sie davon erfuhren und brachten gleich weitere Beispiele ein. Einen "Oudl" gibt es beispielsweise auch in Hainstetten.

Besonders schön sind die Wortketten, die bei Hausnamen zur Differenzierung der Personen angewendet werden. Etwa diese hier: Da Böibl, da Böiblhans, da Böiblhanssgirgl, da Böiblhansgirglsepp, an Böiblhansgirglseppn sei Bou. Wer sich immer schon mal gefragt hat, wie die Leute im Mittelalter in der Gegend gesprochen haben, findet bei den Hausnamen deutliche Hinweise. Löidl etwa ist eine alte Form für Leonhard. Kounz bedeutet Konrad, Outz bedeutet Ulrich, Oudl "der Alte", Gum (Gumbauer) "der Junge". "J" wird im Nordbairischen oft wie "G" ausgesprochen, daher auch "gurzen" statt "juchzen" oder "gogn" statt "jagen", "gach" statt "jäh".

Neue Hausnamen entstehen

Auch neue Hausnamen entstehen: Ein schönes Beispiel ist der Musikant, der seit Jahrzehnten bei der Oberland-Kirwa spielt, dessen Schreibnamen aber die meisten Leute nicht kennen. "Sie wissen nur, dass er Georg heißt und bei der Musikkapelle Royal spielt. Und schon ist der Name Royal-Schore entstanden." Hausnamen entstehen heute oft aus Ruf- oder Spitznamen. Und Hausnamen kommen und gehen: "Schon vor Hunderten von Jahren sind Hausnamen einfach verschwunden, weil die Menschen immer schon in Bewegung waren.", berichtete Piehler. "Das Verschwinden zeugt von der seit Urzeiten herrschenden Migration, Leute wandern aus, Fremde ziehen her. Berufe verschwinden, neue Berufe entstehen."

Die Kinder waren begeistert. Und sie freuten sich, dass sie zu Hause von der Bedeutung der Hausnamen erzählen können. Vielleicht entsteht aufgrund des Nachmittags mit der AG Heimat und Kultur ja auch der eine oder andere neue Hausname. Eines ist auf jeden Fall entstanden: Ein Bewusstsein für die Schönheit und Ausdruckskraft des Dialekts und eine Wertschätzung für die Dorfkultur.

 
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