„Europa ist kein Ort, sondern eine Idee“, soll der französische Kulturphilosoph Bernard-Henri Lévy einmal gesagt haben. Nichtsdestotrotz wurde immer wieder nach dem geografischen Mittelpunkt des Kontinents gesucht. Und dieser wurde auch gefunden – und das sogar mehrfach. Für die Flossenbürger ist klar: Die Mitte Europas befindet sich auf ihrem Gemeindegebiet, genauer gesagt in Hildweinsreuth.
Viele ältere Flossenbürger erinnern sich vielleicht noch an den 29. Mai 1981. Denn da stellte das Bayerische Fernsehen den Ort als Mittelpunkt Mitteleuropas vor. Dieser Mittelpunkt existiert tatsächlich bereits seit Anfang des 18. Jahrhunderts – seit der Zeit von Kaiser Karl VI., als das Deutsche Reich den Höhepunkt seiner Macht und seine größte Ausdehnung erreicht hatte. Die Hälfte des Weges zwischen Lübeck und Triest galt damals als Mittelpunkt Europas.
Scheibe aus Granit
Am 15. September 1985 wurde dann auch das Denkmal feierlich vorgestellt, das der Oberpfälzer Waldverein und die Gemeinde Flossenbürg gemeinsam geschaffen hatten: Eine Scheibe aus heimischem Granit zeigt im Flossenbürger Ortsteil Hildweinsreuth einen Ausschnitt aus dem Globus – mit einem Metallkegel als Standort. Der Stein, nur wenige Kilometer von der Grenze zur Tschechischen Republik entfernt, weist darauf hin, dass sich hier der geografische Mittelpunkt Mitteleuropas befindet.
Eine Hinweistafel an der kleinen Anlage informiert über Details. „Das Denkmal soll ein Beitrag zur Heimatpflege sein“, ist heute auf der Homepage der Gemeinde Flossenbürg zu lesen. „Es erinnert aber auch daran, den Gedanken eines geeinten und friedlichen Europas zu erhalten und fortzuentwickeln.“
Grenze Europas zu Asien nicht genau festgelegt
Ob es sich bei Hildweinsreuth tatsächlich um den Mittelpunkt Europas handelt, ist jedoch umstritten. Denn diesen Titel beanspruchen mehrere Orte in mehreren Ländern für sich: die Kleinstadt Suchowola in Polen zum Beispiel, Dilowe bei Rachiw in der Ukraine, der tschechische Tillyberg in der Nähe von Eger oder das Dorf Purnuškės etwas nördlich von Vilnius in Litauen – um nur einige zu nennen. Das liegt daran, dass die Grenzen Europas zu Asien hin nicht genau festgelegt sind und dass verschiedene Berechnungsmethoden angewendet werden können.
Aufgrund dieser Problematik ließen die Redakteure der Sendung „Bayern, wo’s kaum einer kennt“ des Bayerischen Rundfunks den Mittelpunkt Mitteleuropas in den 1980er Jahren eben neu vermessen. Das Institut für Geografie der Universität München, das den Auftrag ausführte, kam dann zu dem Ergebnis, dass der Mittelpunkt in Hildweinsreuth bei Flossenbürg in der nördlichen Oberpfalz zu finden ist.
Mittendrin in der europäischen Idee
Die geografische Abgrenzung Mitteleuropas ist zwar weiterhin umstritten, dennoch ist es ein ganz besonderes Gefühl, bei der Granitplatte zu stehen und sich mittendrin zu fühlen in der europäischen Idee. Jahrzehnte später, nachdem der Eiserne Vorhang, der hier die Menschen lange Zeit trennte, gefallen ist. Und nur einige Kilometer von der Grenze nach Tschechien entfernt. So ist Hildweinsreuth immer wieder einen Ausflug wert. Und wer schon mal da ist, kann gleich auch noch die Burg Flossenbürg besuchen oder den Naturbadesee Gaisweiher. Um danach festzustellen: Schön ist es hier in der Mitte Europas. Ob nun eindeutig geographisch festgelegt – oder eben nicht.
Wandertipp über den Haselstein zum Mittelpunkt Mitteleuropas
- Von Konradsreuth aus lässt es sich wunderbar über die Burgruine Haselstein in der Nähe von Floß zum Mittelpunkt Mitteleuropas bei Hildweinsreuth wandern.
- Die Strecke beträgt rund zwölf Kilometer, für die Wanderung sollten ungefähr vier Stunden eingeplant werden.
- Unterwegs warten schöne Ausblicke über den Oberpfälzer Wald und auf die Burgruine Flossenbürg.
- Bei sommerlichen Temperaturen ist außerdem ein erfrischendes Bad im Gaisweiher zu empfehlen.
- Mehr Infos gibt es auf
www.oberpfaelzerwald.de/ueber-den-haselstein-zum-mittelpunkt-mitteleuropas

Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.