Hirschau
04.01.2023 - 11:02 Uhr

Anselm Freimuth, Initiator des CSU-Ortsverbands Hirschau, lässt sich von Nationalsozialisten nicht einschüchtern

Vor 77 Jahren, am 7. Januar 1946, erfolgte im Kommunbrauhaus die Gründung des CSU-Ortsverbands Hirschau. Da Corona-bedingt in den vergangenen beiden Jahren keine großen Festivität möglich waren, feiert die CSU dieses Jubiläum heuer nach.

Schneidermeister Anselm Freimuth (links) lädt für den 7. Januar 1946 zur Gründung der Christlich Sozialen Einheit (CSE) in den Fahnensaal des Kommunbrauhauses ein. Mit im Bild Ehefrau Barbara und Sohn Paul, der 1955 seinem Vater als CSU-Ortsvorsitzender nachfolgt, von 1956 bis 1978 dem Stadtrat angehört und von 1960 bis 1972 Hirschaus Zweiter Bürgermeister ist. Repro: u
Schneidermeister Anselm Freimuth (links) lädt für den 7. Januar 1946 zur Gründung der Christlich Sozialen Einheit (CSE) in den Fahnensaal des Kommunbrauhauses ein. Mit im Bild Ehefrau Barbara und Sohn Paul, der 1955 seinem Vater als CSU-Ortsvorsitzender nachfolgt, von 1956 bis 1978 dem Stadtrat angehört und von 1960 bis 1972 Hirschaus Zweiter Bürgermeister ist.

Die Initiative zur Gründung eines CSU-Ortsverbands in Hirschau ging von Ex-BVP-Stadtrat und Zweitem Bürgermeister Anselm Freimuth aus. Am 31. August 1886 in Hirschau geboren, hatte er sein politisches Interesse bereits bei der Gründung der "Bayerischen Volkspartei" (BVP) im Jahr 1918 gezeigt. Als 33-Jähriger trat er dem BVP-Ortsverband sofort bei und wirkte dort zunächst als einfaches Mitglied mit. Seine Ehefrau Barbara Freimuth engagierte sich ebenfalls politisch. Sie gehörte zu den Gründerinnen der BVP-Frauengruppe und war dort lange im Vorstand tätig.

Bei den Wahlen 1924 kandidierte Schneidermeister Anselm Freimuth zum ersten Mal für den Stadtrat auf der Liste der BVP und schaffte den Sprung in das 17-köpfige Stadtratsgremium, dem er bis 1929 angehörte. Der allgemeine Stimmenrückgang für die BVP hatte für Freimuth den Verlust des Stadtratsmandats zur Folge. Dennoch investierte er weiterhin viel Zeit in die Parteiarbeit und engagierte sich im öffentlichen Leben, insbesondere in der katholischen Pfarrgemeinde. Die Bevölkerung honoriert und sandte ihn bei den letzten freien Stadtratswahlen im Jahr 1933 erneut in den Stadtrat.

Vier Wochen nach der konstituierenden Sitzung vom 23. Mai 1933 mussten die BVP-Stadträte ihre Mandate unter dem Druck der Nationalsozialisten „freiwillig” niederlegen. Aus Anselm Freimuth wurde deshalb aber kein unpolitischer Mensch. Vielmehr äußerte er seine Meinung über die neuen Machthaber sehr deutlich – offenkundig zu deutlich. Jedenfalls wurde Freimuth am 28. Juni 1933 wegen abwertender Äußerungen über die NSDAP, besonders über den sogenannten "Führer", verhaftet und ins Gefängnis, in die Frohnfeste nach Amberg verbracht. Dort verblieb er bis zum 10. Juli 1933. Nach seiner Entlassung wurde er von den Nazis unter Hausarrest gestellt. Begründet wurde diese Maßnahme mit öffentlichen "Hitler-Beschimpfungen". Von seiner Anti-NSDAP-Haltung wich er zu keinem Zeitpunkt ab, obgleich er in den Folgejahren immer wieder von den Nationalsozialisten umworben und zum Parteieintritt aufgefordert wurde.

Diese klare Distanz zur NSDAP, gepaart mit der kommunalpolitischen Erfahrung, waren dürften mit ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass Anselm Freimuth nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Zweiter Bürgermeister der Stadt Hirschau eingesetzt wurde. Als sich nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes nach und nach in Deutschland, speziell auch in Bayern und der Oberpfalz, die Bestrebungen verstärkten, eine neue Partei, eine überkonfessionelle, christliche Sammlungsbewegung ins Leben zu rufen, war es der von den Amerikanern eingesetzte Landrat Martin Winkler aus Schnaittenbach, der Anselm Freimuth drängte, doch auch in Hirschau eine christliche Partei ins Leben zu rufen. Winkler und Freimuth kannten sich seit vielen Jahren durch die Zusammenarbeit im Christlichen Bauernverein und waren gut befreundet. Auch der sozialdemokratische Bürgermeister Mathias Amann hielt seinen Stellvertreter dazu an, etwas in BVP-Wiederbelebung oder Parteineugründung zu unternehmen: "Anselm, ihr möißt’s dou a wos dou."

Das Drängen fiel bei Anselm Freimuth spätestens dann auf fruchtbaren Boden, als bekannt wurde, dass am 27. Januar 1946 in allen bayerischen Gemeinden bis 20 000 Einwohner Kommunalwahlen stattfinden sollten. Er entschloss sich endgültig, zur Gründung einer neuen Partei einzuladen und setzte die Gründungsversammlung für den 7. Januar 1946 an. 47 Männer folgten der Einladung. 36 von ihnen wählten eine 16-köpfige Kandidatenliste für die Stadtratswahl am 27. Januar 1946.

 
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