Hirschau
02.11.2022 - 09:25 Uhr

Mit Ausstellung den Hirschauer Steingutplastiken auf der Spur

Von 1826 bis 1958 währte die für Hirschau kulturell wie wirtschaftlich bedeutsame Zeit der Steingutproduktion. Nun widmet sich eine Ausstellung einem bislang wenig erforschtem Kapitel dieser Ära – der Produktion von Steingutplastiken. Unter der Überschrift „Hirschau – Keramik – Figuren“ eröffnete der Festspielverein in der Alten Mälzerei eine Ausstellung, bei der rund 100 zwischen 1920 und 1958 in Hirschau gefertigte Steingutplastiken der Firmen Carstens (1918 bis 1936), Luckscha (1936 bis 1956) und Flückiger (1956 bis 1958) zu sehen sind.

Vorsitzender Ludwig Koller vom Festspielverein dankte im Schloss-Keller vor rund 60 geladenen Gästen den anwesenden Sammlern und Leihgebern, dass sie ihre Figuren bis April 2023 als Exponate zur Verfügung stellen. So könne die Ausstellung bisher Unbekanntes oder Verborgenes ans Licht bringen. Dass man sich seit knapp 20 Jahren wieder mit der Steingutgeschichte befasse, sei besonders Altbürgermeister Hans Drexler zu verdanken. Dessen Engagement würdigte auch Bürgermeister Hermann Falk. Er erinnerte auch an die Verdienste des 2017 verstorbenen Michael Popp, der den Hirschauern die enorme Bedeutung der Steingutproduktion bewusst gemacht habe. Die Ausstellung beweise, dass in den Steingutfabriken nicht nur Massenware, sondern auch anspruchsvolle Kunstkeramik gefertigt worden sei.

Zu Beginn seines Vortrags machte Pfarrer Klaus Haußmann als Initiator klar, dass man zwar seit Jahren von der Existenz der Hirschauer Keramikfiguren gehört, diese aber außer kaum jemand gesehen habe. In seinem Rückblick erwähnte er, dass 2004 Michael Popp im Pflegschloss eine Ausstellung über Hirschauer Steingut veranstaltet habe. Selbst für Experten sei es schwer gewesen, Hirschauer Figuren zu erkennen.

Dass man Hirschauer Plastiken relativ selten finde, habe drei Gründe: Die Fabrik sei nicht so arg groß gewesen; das Brennen habe in den alten Öfen relativ viel Platz gebraucht. Und nicht zu vergessen die Todfeinde aller Keramikfiguren – die Katzen und Putzfrauen. Man kenne inzwischen die meisten Figuren. Manche seien bis zu 50 Zentimeter groß. Einige Plastiken erreichten eine hohe künstlerische Qualität, etwa der Adler, der Panther, die Eisbären, der Pinguin und die Dogge. Typisch für das Art déco seien die klare, kantige, reduzierte Form, die das Wesentliche des Tieres erfasse. Auffällig sei auch, dass die drei Frauenfiguren aus dem Jahr 1928 keine gewöhnlichen Allerweltsdamen sind, sondern extrem emanzipierte Frauen. Das um sich ballernde Cowgirl spreche für sich selber. Auch die Tiere seien außergewöhnlich, durchwegs exotisch, besonders Raubtiere. Die Hundefiguren seien seltene Rassehunde. All das zeige, dass die Kunden für die Hirschauer Figuren in den Großstädten wohnten. Figuren wie Bison, Grizzly und Cowboy zielten eindeutig auf den amerikanischen Markt.

Zum Abschluss widmete Pfarrer Haußmann ein paar Worte seinen Lieblingen Mucki und Specki. Luckscha hatte sie, lustig und ansprechend in vielen Varianten, als Wunderwaffe geplant, um den drohenden Untergang der Fabrik abzuwenden. „Aber schwere Köpfe, dünner Hals, dürrer Hals und staksige Beine – das konnte nicht gut gehen“, so Haußmann. Das herausragende Engagement von Pfarrer Haußmann in Sachen Hirschauer Steingut würdigte Altbürgermeister Hans Drexler, der zur Besichtigung der Ausstellung in der Alten Mälzerei einlud.

 
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