Mitterteich
02.02.2023 - 14:14 Uhr

Freizeitführer für Kinder: Mitterteicher Schülerprojekt mit Inklusionspreis belohnt

In Mitterteich ist für Kinder jede Menge geboten. Aber welche Einrichtungen sind barrierefrei? Diese und weitere Fragen haben Schüler in einem inklusiven Freizeitführer beantwortet. Dafür gab es nun einen Preis der Stiftung Lebenshilfe.

Eishalle, Freibad, Fit-und-Fun-Park, Sommerrodelbahn und vieles mehr – in Mitterteich können Kinder jede Menge unternehmen. Aber auf welche Hürden stoßen Mädchen und Buben mit Handicap? Antworten darauf aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen gibt der inklusive Freizeitführer „Mitterteich für Kids“, der im Sommer 2022 erschienen ist. Erstellt haben das Werk fast 30 Schüler der Otto-Wels-Mittelschule und des örtlichen Förderzentrums in einem Gemeinschaftsprojekt. Für alle Beteiligten gab es nun eine besondere Belohnung in Form eines Preises.

Die Stiftung Lebenshilfe Landkreis Tirschenreuth hat der Klasse 10M der Mittelschule und der Klasse 3M des Förderzentrums einen Inklusionspreis verliehen. Dazu hatten Lebenshilfe-Vorsitzender Landrat Roland Grillmeier und Lebenshilfe-Geschäftsführer Berthold Kellner die Schüler ins Historische Rathaus in Mitterteich eingeladen. Ebenso ihre Lehrerinnen Tanja Zeus und Anne Geiger sowie Rektorin Gisela Kastner (Mittelschule) und Schulleiter Klaus Jahn (Förderzentrum). Vergeben wurden bei dem Festakt auch der "Inklusionspreis für konstruktiven Journalismus" an Oberpfalz-Medien-Redakteurin Lucia Brunner und ein Anerkennungspreis an das Evangelische Bildungswerk Oberpfalz.

Hürden aufgezeigt

In seiner Laudatio erläuterte Friedrich Wölfl, Sprecher der neunköpfigen Jury, warum der mit 1000 Euro dotierte Preis an die zwei Klassen ging. "Ich habt eine fabelhaft nützliche Broschüre erarbeitet. Sie ist hilfreich für Leute und Familien, die hier leben, zu Besuch sind oder Urlaub machen. Wenn Kinder mit irgendeiner Beeinträchtigungen dabei sind, dann sind die Tipps noch wertvoller", so Wölfl. Anhand von Beispielseiten auf einem Bildschirm vermittelte er einige Impressionen. Unter anderem zeigen Symbole, ob die jeweiligen Einrichtungen barrierefrei sind. Gibt es Hürden, so werden diese beschrieben. So sei die Freibad-Anlage zwar rollstuhlgerecht, aber anders als im Hallenbad fehle ein Lifter am Becken.

Eigenheiten kennengelernt

"Schon allein die Frage, wer was wie bis wann macht, braucht gegenseitige Aufgeschlossenheit, Rücksicht und einen vernünftigen Umgang miteinander", so Wölfl zu den vielen Arbeitsschritten bei der Erstellung der Broschüre. An Tanja Zeus und Anne Geiger gewandt sagte Wölfl: "Als Pädagoge weiß ich, wie viel Geduld, Nervenstärke, Zeit, Motivationskünste und Fingerspitzengefühl die Lehrkräfte für so ein Projekt brauchen." Wölfl nannte noch weitere Gründe für die Jury-Entscheidung: "Während dieser Zusammenarbeit habt ihr euch kennengelernt, euere Eigenheiten, euere Träume, was jeder und jede gerne macht und alles kann, sicher auch Verständnis füreinander entwickelt."

Wölfl warf auch einen Blick nach vorne und verriet, dass sich die beiden Klassen bereits mit einem neuen Projekt befassen - diesmal gehe es um den Zoigl. "Vielleicht kriegt ihr dabei raus, ob's nicht bald - ich denk' an euer Alter - einen alkoholfreien Zoigl geben könnte", meinte Wölfl humorvoll. Aber bereits jetzt hänge der Zoigl mit dem Freizeitführer zusammen. Dazu verwies der Laudator auf den Slogan "Zoiglstadt mit Herz" auf der Homepage der Stadt und zeigte das Logo mit stilisiertem Herz: "Ich habt euch mit viel Herz aufeinander eingelassen. Ihr habt dafür gesorgt, dass dieses Mitterteicher Herz schlägt. Bitte sorgt dafür, dass es zuverlässig weiterpumpert."

Als Anerkennung gab es neben der Preisübergabe auch einen kräftigen Applaus von den Gästen. In den Blick rückten während des Festakts einige Schüler der Mittelschule noch aus einem anderen Grund: Lea Bachofner, Lea Zwerenz und Peter Fuhrmann steuerten Musikstücke mit Klarinette und Keyboard bei. Bürgermeister Stefan Grillmeier würdigte den Einsatz der Schüler und sagte zum Thema Freibad, dass im Zuge der angestrebten Generalsanierung diverse Verbesserungen geplant seien.

Anfängliche Skepsis

"Es war eine riesige Überraschung!", zeigte sich Anne Geiger später im Gespräch mit Oberpfalz-Medien hocherfreut über den Preis. Tanja Zeus pflichtete ihr bei. Einige Jugendliche seien anfangs skeptisch gewesen, doch beim Arbeiten in gemischten Kleingruppen hätten die Mittel- und Förderschüler zueinander gefunden. "Wir haben auch mal gefragt, ob jemand nicht zurechtkommt und die Gruppe wechseln will, aber es hieß nur: Nein, nein, bei uns passt es!", berichtete Zeus. Es habe sich ein so großes Vertrauensverhältnis entwickelt, dass einige Gruppen nach Absprache mit den Eltern Einrichtungen auch ohne Begleitpersonen besucht hätten.

Alle Schüler hätten ihre jeweiligen Stärken einbringen können, wie Geiger weiter erklärte. "Die haben alles selbst gemacht", ergänzte Zeus. Die Lehrerinnen hätten sie lediglich angeleitet und unterstützt. Daher seien etwa manche Fotos zu dunkel geworden - aber Perfektion sei nie das Ziel gewesen. Stattdessen sollten soziales Lernen und Werte wie Toleranz gefördert werden. "Es hat viel Spaß gemacht", bestätigte die 16-jährige Lea Bachofner und erntete Zustimmung vom 17-jährigen Jan Aschoff. Es sei schön gewesen, wie man durch das Miteinander und die gelegentliche Hilfestellung den Kindern mit Handicap habe Freude bereiten können.

Verzögerungen durch Corona

Ein steiniger Weg bis zum fertigen Werk war es dennoch – vor allem wegen Corona. Kurz nachdem Anne Geiger die Idee für das Projekt gefasst und Tanja Zeus mit ins Boot geholt hatte, begann die Pandemie. Und so konnte erst 2021 losgelegt werden, aber auch dann hätten Beschränkungen immer wieder zu Verzögerungen geführt. Hinzu kamen räumliche Probleme. „Die Mittelschule ist ja nicht barrierefrei“, gab Tanja Zeus zu bedenken. Daher finden alle wöchentlichen Treffen in der Lebenshilfe-Schule statt. Weil die Kooperation selbst aber so gut geklappt habe, sei das Nachfolge-Projekt zum Thema Zoigl gestartet worden. Gerne werde man demnächst mehr darüber verraten.

Gab es neben dem Preis noch andere Formen der Anerkennung für die Schüler, etwa vonseiten der Stadt? Tanja Zeus erklärte, dass bei der Vorstellung der Broschüre mit Übergabe von 100 Exemplaren im Sommer 2022 Dankesworte vom Zweiten Bürgermeister überbracht wurden – und nun beim Festakt vom Bürgermeister. Auch sei der Freizeitführer auf der Stadt-Homepage abrufbar. Ein weiteres „Zuckerl“ habe es nicht gegeben.

Hier ist der Freizeitführer im PDF-Format aufrufbar

Bildergalerie
Mitterteich30.01.2023
Mitterteich01.02.2023
Hintergrund:

Inklusiver Freizeitführer "Mitterteich für Kids"

  • Gemeinschaftsprojekt der Klasse 9M (jetzt 10M) der Otto-Wels-Mittelschule Mitterteich und der Klasse 3M des Förderzentrums Mitterteich in den Jahren 2021 und 2022 mit knapp 30 beteiligten Schülerinnen und Schülern
  • Auf 28 Seiten Informationen zu 12 öffentlichen und privaten Freizeiteinrichtungen im Gemeindegebiet der Stadt Mitterteich: Eishalle, Fit-und-Fun-Park, Freibad, Hallenbad, Kino, Kreislehrgarten, Minigolf- und Pit-Pat-Anlage (Großbüchlberg), Museum, Sommerrodelbahn (Großbüchlberg), Sportarena, Stadtbücherei, Stadtpark Wiendlwiese
  • Neben Listung von Eintrittspreisen, Öffnungszeiten und Kontaktdaten auch Angaben zur Barrierefreiheit
  • Gestaltung durch Fotos, Kartenausschnitte, bunte Zeichnungen, Symbole und Auflistungen
  • Verantwortliche Lehrkräfte: Tanja Zeus (Mittelschule) und Anne Geiger (Förderzentrum)
  • Abrufbar im Internet unter www.mitterteich.de/files/mitterteich/bilder/bildung-und-soziales/inklusi...
 
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