Von Lucia Brunner und Wolfgang Ruppert
Es ist eine Geschichte, die sich nördlich von Neuhaus bei Windischeschenbach zugetragen haben soll. Dort wo Fichtel- und Waldnaab aufeinandertreffen, gibt es einen steilen Felsen. Schenkt man der Sage vom "Galgenkatherl" Glauben, haben sich dort einst ein Graben und ein Wall befunden, wo heute ein Holzkreuz steht.
Es erinnert an eine Richtstätte, an der einst eine junge Frau zum Tode verurteilt wurde, die ihr Haus mit ihrem Kind verbrannt haben soll. Die Tat habe sie angeblich erst nach schwerer Folter gestanden. Am Fuße des Felsens soll sie bestattet worden sein, ihr Grab bedecke ein länglicher, schwerer Stein, den Wanderer dort heute noch sehen, doch kaum jemand kennt die Geschichte dahinter.
Unheil, Krankheit oder Schutz
Mord- und Sühnekreuze, Steinsäulen, Todessteine und andere Flurdenkmäler erinnern auch im Landkreis Neustadt/WN an längst vergangene Geschehnisse. Da wundert es nicht, dass sich zahlreiche Sagen und Mythen darum ranken. Einen Teil davon greift Autor Thomas Waldenmayer aus Weiherhammer in dem Kapitel "Mord und Totschlag" seines Buches "Ein sagenhafter Landkreis. Unheimliche wahre Geschichten aus dem Landkreis Neustadt und der Stadt Weiden" auf.
Jedoch gilt es nach Waldenmeyer, der hauptberuflich Rechtspfleger am Amtsgericht Weiden ist, zu unterscheiden. "Es gibt viele Wegkreuze oder Flurkreuze, die nichts mit einer Gewalttat zu tun haben." So erinnern die einen Denkmäler an das Grassieren schlimmer Seuchen, andere Kreuze sollten Haus und Hof vor Unheil schützen. Die Sagen in Waldenmayers erstem Buch, das im Bodner-Verlag erschienen ist, berichten jedoch von getöteten Pfarrern, Kriegsopfern, Kindsmord oder tragischen Unfällen.
Das Ziel des Autors ist es, die Sagen, die auch oftmals einen historischen Kern haben, vor dem Vergessen zu bewahren. Über 200 davon aus dem Landkreis Neustadt und der Stadt Weiden hat er zusammengetragen und auf 213 Seiten veröffentlicht. Laut ihm sind nur noch wenige Sühnekreuze oder Todessteine datierbar. "Tatsächlich gibt es zu vielen Steinen keine Geschichten mehr", weiß der Autor, der auch Ausnahmen gefunden hat.
Dem Teufel begegnet
Eine davon handelt von dem Gedenkkreuz, das an den Mord von Michael Würfel aus Passenrieth, einem Ortsteil von Eslarn, erinnert. Es wurde 1882 von seinem Sohn Johann Würfel aufgestellt. Michael Würfel verirrte sich im Jahr 1863 auf dem Nachhauseweg vom Viehmarkt in Leuchtenberg. Ein Mann habe ihm angeboten, ihn zu begleiten. Im Wald schnitt der Fremde ihm jedoch die Kehle durch. Der Sage nach sei der Mörder Jahre später an den Tatort zurückgekehrt und dort dem Teufel begegnet. Der Mörder verlor im Kampf und wurde einen Tag darauf mit Würgemalen am Hals und klauenähnlichen Brandflecken gefunden. Noch im Sterbebett soll er seine Tat gestanden haben.
Je länger so etwas aber zurückliegt, desto mehr gehen die Daten zu den Steinen verloren. Im Zuge von Bauarbeiten oder Verlegungen sitzen auch nicht mehr alle Denkmäler auf ihren Originalplätzen. Die Sagen in Waldemayers Buchen gehen teilweise auf Schauplätze ein, an denen sich die Geschehnisse vor über 500 Jahre abgespielt haben sollen. So soll bei Mantel um das Jahr 1505 ein Schneider erschlagen worden sein. Auf der Rückseite des Steins ist eine Schere eingemeißelt. Heute erinnere der Name "Schneiderstein" an den Vorfall.
Ermordeter Pfarrer
Waldenmayer schätzt, dass es im Gebiet des Landkreises Neustadt/WN und der Stadt Weiden rund 60 Sühnesteine- oder Kreuze gibt. Die "Weiße Marter", eine Steinsäule, an der Kreuzung Leuchtenberger Straße/Hopfenweg in Weiden erinnert an einen Hirtenjungen, der während des 30-jährigen Krieges mit seinen Ochsen unterwegs war. Ein Trupp Soldaten soll ihm die Tiere weggenommen haben. Der Junge habe den Ochsen traurig nachgesehen, was die Soldaten dazu brachte, das Kind mit einem Gewehr zu schlagen, bis er blutüberströmt am Boden lag. Neben der Säule sehen Passanten das sogenannte "Pfaffenkreuz", das auf einen ermordeten Pfarrer verweisen soll.
Sühnekreuz oder Todesstein
- Bedeutung: Ein steinernes Flurkreuz oder eine Säule, das zur Sühne eines Mordes oder Totschlag errichtet wurde. Steht meist an Wegen oder Wegkreuzungen.
- Frömmigkeit: Denkmäler sollen zum Gebet einladen, für Menschen die unmittelbar verstorben sind und keine Sterbesakramente erhalten haben.
- Sühneverträge: Ist jemand im Streit oder absichtslos gestorben, musste der Schuldige mit der Familie des Opfers einig werden. Beteiligte Parteien schlossen privatrechtliche Sühneverträge ab. Ab dem Jahr 1300 wurden Sühnesteine aufgestellt.
- Verbreitung: Etwa 7000 in Europa, 4000 in Deutschland - hier vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen, heute vor allem in ländlichen Gebieten erhalten geblieben.
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